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â-
Band I, Spalte 2
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â-AWB Nominalpräfix von ... weg, fort; fehlend,
verkehrt
; mhd. â-.

Ahd. Wb. I, 1; Graff I, 15 ff.; Schade 1; Lexer I, 1; Be-
necke I, 2; Grimm, Dt. Gr.a II, 695 ff.; Wilmanns, Dt.
Gr. II § 420.

Das Präfix, das ahd. reichlich belegt war (s.
z. B. âbulgi, âkust, âleiba, âswih, âwerf usw.) und
mhd. immer noch öfters vorkam (s. die Liste
der Zss. bei Benecke I, 2), ist in der nhd.
Schriftsprache ausgestorben, außer in dem
Wort Ohnmacht, aus frühnhd. ōmacht, āmacht,
mhd. âmaht, in Anlehnung an ohne entstellt;
mdartl. sind Formen wie āmacht, āmächtig usw.
noch lebendig ( âmahtîg). Das alte â- ist auch
in dem obd. Mundartwort öhmd, ohmd, amat
usw. Nachmahd, Grummet noch vorhanden
( âmâd).

Verwandt sind ae. ǣ- in ǣbylg Zorn (ahd. â-
bulgi), ǣfelle hautlos (afries. ēfelle), ǣswic scan-
dalum
(ahd. âswih), ǣwǣde unbekleidet usw.;
afries. ē- in ēbēte ohne Buße, ēfrethe frei von
Friedensgeld
, ēlīve leblos usw.; as. nur die un-
sichere Konjektur *ā-dēlo (?) unpassend für
hs. atela in den Merseburger Gl. (Wadstein, Kl.
as. Spr.denkm. 71. 169; Holthausen, As. Wb. 1;
Starck-Wells 36); zum unerklärten Wort alat
neben olat Dank (Hel.), s. u. Im Nord- und
Ostgerm. ist dieses Präfix, das auf urg. *ǣ- zu-
rückgeht, nicht belegt.

Bosworth-Toller, AS Dict. 8 ff.; Suppl. 9 ff.; Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 9; ders., Afries. Wb. 18; Helten, Lex.
d. Aostfries. 88 ff. S. auch Lehmann, Präfix uz- T. I;
Schmidt, Germ. Adv. 192 ff.

Zur Deutung von ahd. aba als ab + â aba.

Die alte Herleitung von ahd. â- aus ar- oder *as- (
ur-), wobei es mit dem ae. und as. Verbalpräfix ā-
gleichgesetzt wurde (so Grimm, Dt. Gr.a II, 695 ff.
781; immer noch Lehmann, Präfix uz- bes. 56 f. 138),
hat neuerdings A. Bammesberger, PBB 101 (Tübin-
gen, 1979), 30 ff.; ders., Beitr. z. et. Wb. d. Ae. 11 ff.
wiederzubeleben versucht, aber das schon von J.
Schmidt, Zfvgl. Spr. 26 (1883), 41 f. dagegen Geäu-
ßerte gilt heute noch.

Ein mit urg. *ǣ- ablautendes *ō- liegt in ahd.
uo- vor in uoquemo Nachkomme (= âquemo),
uowahst incrementum, stirps, Zuwachs, Stamm
(vgl. âwahst recrementum, Unkraut), usw.; ae.
ō- in ōgengel Riegel, Bolzen, ōheald abschüs-
sig
(= ahd. uohald[i]) usw. belegt ( uo-).

Graff I, 69; Schade 1057; Grimm, Dt. Gr.a II, 774 f.;
Wilmanns, a.a.O. § 420; Holthausen, Ae. et. Wb. 239;
Bosworth-Toller, AS Dict. 744. S. auch W. Steinhau-
ser, ZMF 27 (1960), 101 ff. (mit einer abzulehnenden
Etymologie).

Im As. hat man dieses Präfix in zwei Wörtern finden
wollen: obult Zorn (Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 52.
212) könnte ebensogut ein Schreibfehler für *or-
bul(h)t sein (s. Holthausen, As. Wb. 56; ders., As. El.-
buch² § 227 Anm.); olat Dank (Hel., Hs. M; alat C;
s. Sehrt, Wb. z. Hel.² 426) ist unerklärt (nach Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 70 zu got. awi-liuþ Dank; nach
Steinhauser, a.a.O. 102 zu mhd. letzen vergelten, er-
widern
mit Präf. ō- nachträgliche Vergeltung; bei-
des sehr fragwürdig).

Mndd. ō-herde Unterhirt gehört wohl nicht hierher
(wie Holthausen meint, Ae. et. Wb. 239), sondern mit
ō-hof Schafhof zu mndd. ouwe, owe Schaf (Schil-
ler-Lübben, Mndd. Wb. VI, 226 f.).

Die aufgrund der germ. Formen anzusetzende
idg. Partikel *ē: *ō hat Reflexe auch in ande-
ren idg. Sprachen, vor allem in den indo-irani-
schen, viell. auch, wenngleich oft umstritten, im
Gr., Lat. und Slav.: aind., av., apers. ā (< *ē
oder *ō) Prä- und Postposition und Präfix an,
hinzu
aber auch (mit Abl.) von ... weg, in
Adj.zss. etwa annähernd (z. B. aind. āpi-
gala- gelblich [Patañjali, zu Pāini 2.2.18]);
gr. ō- viell. in χηρωσταί Seitenverwandte, die
einen Verstorbenen mangels näherer Verwand-
ter beerben
(*χῆρον verwaistes Gut + *ō-d-
ta-; vgl. aind. part. perf. ā-t-ta- empfangen);
damit ablautend viell. ē- in lat. hērēs, -ēdis
Erbe < *ghēr-ē-d-(?) (Frisk, Gr. et. Wb. II,
1096 f.; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 69;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 641 f.; dagegen
Chantraine, Dict. ét. gr. 1258; Steinhauser,
a.a.O. 111). Ob das ō- in gr. ὠχρός gelblich,
blaß
(vgl. aind. ā-pigala- oben) und das ē- in
gr. ἠβαιός neben βαιός wenig hierher gehören,
ist sehr fraglich (s. Frisk, a.a.O. I, 619; II, 1153;
Schwyzer, Gr. Gram.² II, 491; Chantraine,
a.a.O., 404. 1306; Mayrhofer, a.a.O., III, 274);
*ē- oder *ō- im Slav. als farbloses Präf. ja-, wie
in serb.-ksl. ja-skudь neben skodъ häßlich(?) (s.
J. Rozwadowski, Rocznik Slaw. 2, 102; Berne-
ker, Slav. et. Wb. I, 441; Vasmer, Russ. et. Wb.
III, 475).

Versuche, verschiedene Partikeln mit den kurzen Vo-
kalen e, o als Ablautvarianten hierher zu stellen (vgl.
Walde-Pokorny I, 95 f.; Pokorny 280 f.), sind alle
mehr oder weniger unsicher.

Fick III (Germ.)⁴ 23. 28; Walde-Pokorny I, 95 f.; Po-
korny 280 f.; Brugmann, Grdr.² II, 2 § 634 ff.; Hirt,
Idg. Gr. IV § 23, 14; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind.
I, 69; Bartholomae, Airan. Wb. 2; Reichelt, Awest. El.-
buch § 528.

S. auch âchalm.