âloêAWB n.(?) a-St. (1) ‚Aloe, epaticum (citrinum)‘,
Aloe vera L. (Pflanze und Heilmittel), des öfte-
ren in Gl.: aloe, einmal oloe 3, 534, 38 wohl
obd.; 13. Jh., einmal alene, nach lat. aloen, alon,
Mittellat. Wb. I, 498 und Corp. Gl. Lat. 3, 553,
16; 3, 587, 9; 3, 607, 29; (2) ‚Aloe‘ bes. von
Aquilaria agallocha L. (Räucherholz, Einbalsa-
mier- und Duftstoff), zweimal in ahd. Lit., Ta-
tian 212, 6 nach Joh. 19, 39 und Williram 70, 1
nach Cant. 4, 14. — In der übertragenen zweiten
Bedeutung und meist in der Verbindung lign
âlôe st. n. (s. u.) ist das Wort auch mhd. nicht
selten (bekannteste Stelle in Wolframs Be-
schreibung der Gralsburg, Parz. 230, 11). —
Nhd. Aloe f.
Ahd. Wb. I, 233; Starck-Wells 21; Graff I, 225;
Schade 1278. 1389 ff.; E. Björkman, Zfdt. Wortf. 6
(1904/05), 176; Lexer I, 41. 1915; Benecke I, 24. 995;
Kluge²¹ 15. — Vgl. auch Marzell, Wb. d. dt. Pflanzen-
namen I, 224 f.
Das Wort, das als aloe n. auch as. mndd. nndl.
sowie skand. und als aloës f. mndl. bezeugt ist,
aber besonders häufig im ae. medizinischen
Schrifttum Erwähnung findet: alewe, aluwe,
alwe, meist in der Pl.-Form auf -an, auch me.
alōe(s), alloye, alow, alewen u. ä. und noch im-
mer in der zwiefachen Bedeutung von Heilmit-
tel und wohlriechendem Räucherholz, geht
über lat. aloe und gr. ἀλόη auf nichtidg. Ur-
sprünge zurück. Und zwar vermutet man meist
eine dravid. Vokabel der Tamilsprache, akil, die
im Aind. wohl volksetym. an a-guru- ‚nicht
schwer‘ angelehnt wurde. Aus aind. aguru-
‚Aloeholz‘ soll einerseits das viermal im Alten
Testament genannte ʼahālīm oder -ōth ‚Wohl-
gerüche‘ - woraus weiterhin dann gr. ἀλόη (?)
—, andererseits unmittelbar gr. ἀγάλ(λ)οχον ab-
geleitet sein. Im späteren populären Sprachge-
brauch jedoch übernahm aloe die Bedeutung
von Heilmittel sowohl wie von Räucherholz.
Zur Problematik der vorahd. Formen, mit viel-
fach neuen Perspektiven, vgl. R. Hiersche, ‚Der
Irrgarten der Aloe‘, in Serta Indogermanica:
Festschrift für G. Neumann zum 60. Geburtstag.
Hrsg. von J. Tischler (Innsbruck, 1982), 121 ff.
Wohl eben um der Verwechslung der zwei bot. völlig
verschiedenen Sachgehalte zu begegnen, bildete sich
schon früh ein Komp. ξυλαλόη und als Lehnübers.
daraus lat. lignum aloe, mhd. lign âlôe, nhd. Aloeholz,
ne. aloewood heraus. In den nhd. Mdaa. dagegen
zeichnen sich für das beliebte Heilmittel immer wie-
der volksetym. Assoziationen ab mit all- und -weh,
von den schweiz.dt. und mecklenburgischen Varian-
ten Alewē bzw. Ahlwe bis zur ostpreuß. Umformung
Alwise Kathrine aus Aloe socotrina (von den Sokotra-
Inseln).
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 59; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 58 f.; Verdam, Mndl. handwb.
36; Vries, Ndls. et. wb. 13; Holthausen, Ae. et. Wb. 3;
Bosworth-Toller, AS Dict. 34; ME Dict. A—B, 214;
OED I, 248. — Frisk, Gr. et. Wb. I, 6 (ἀγάλ[λ]οχον).
77 (ἀλόη); Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 5; Chantraine, Dict.
ét. gr. 64; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 17; W. H.
Schoff, JAOS 42 (1922), 171 ff.; Lewy, Sem. Fremdw.
im Gr. 36; I. Loew, Aramäische Pflanzennamen (Leip-
zig, 1881), 235; Gesenius, Hebr. u. aram. Handbuch¹⁶
14; Hoops Reallex. I, 65 ; Schrader, Reallex. d. idg.
Alt.² I, 39 f. — Schweiz. Id. I, 174; Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. I, 29; Ochs, Bad. Wb. I, 34; Müller,
Rhein. Wb. I, 126; Kosegarten, Wb. d. ndd. Spr. 253;
Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. I, 265 f.; Ziesemer,
Preuß. Wb. I, 118. 130.