âmeiza
Band I, Spalte 203
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âmeiza [-s-] f. n-St. Ameise, formica Var.:
ameiz[z]-, amaiz-, amez-, amæz-, emeiz-.
Mhd. âmeize, emeize, ambeize, ämbez, onmeiz, ei-
messe u. a. sw. f. m. Nhd. Ameise f.

Ahd. Wb. I, 325; Starck-Wells 23; Graff I, 254;
Schade 14; Lexer I, 49 f.; Nachtr. 20; Benecke I, 29;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 243; Dt. Wb. I, 277; Trüb-
ners Dt. Wb. I, 70 f.; Kluge²¹ 18.

Neben dem älteren germ. Namen für die
Ameise, krimgot. miera, aisl. maurr, mndd. mīre,
mndl. miere, nndl. mier (auch vergröbert nndd.
pismīre, ne. pismire, so genannt nach dem Ge-
ruch der Ameisensäure), erscheint diese west-
germ. Neubildung: mndd. āmete, ēmete, ēmte;
mndl. amete; ae. ǣmet(t)e, ǣmytte; me. amete,
amote, am(p)te, emete, em(p)te; ne. ant, veraltet
und mdartl. emmet. Das Wort ist wahrschein-
lich eine Zss. aus dem urgerm. Präfix *ǣ- von
... weg, fort
( â-) und dem Stamm des germ.
Verbs *maitan- schneiden ( meizan), mit ei-
nem fem. jōn-Suffix zur Bildung eines Nomen
agentis *ǣmaitjōn die Abschneiderin, d. h. das
Holzteile, Nadeln und Gräser abschrotende In-
sekt
(vgl. ne. mite, ahd. mîza Milbe, Mücke
[s. d.], auch zu *maitan-).

Fick III (Germ.)⁴ 25; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 71. 531; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
658; Verdam, Mndl. handwb. 39; Holthausen, Ae. et.
Wb. 11; Bosworth-Toller, AS Dict. 16; Suppl. 16; ME
Dict. AB, 261 f.; OED I, 352; III (E), 123 f.; Oxf.
Dict. of Engl. Et. 39; Skeat, Et. Dict. of Engl. 23. 193.
Cortelyou, Ae. Namen der Insekten 42 ff.; C. C. Uhlen-
beck, PBB 35 (1909), 164; L. Connolly, PBB 99 (Tü-
bingen, 1977), 342.

Die auf Grund von mhd. und mdartl. Formen auf ei-
angesetzte westgerm. Nebenform *aimaitjōn, die in
der Lit. immer wieder begegnet, hat keine Berechti-
gung. Solche volkstümlichen Benennungen sind aller-
lei assimilatorischen und volksetym. Einflüssen aus-
gesetzt: schon mhd. wird z. B. der Einfluß des Verbs
beißen deutlich; die Ameise wird zur Anbeißerin
(ambeize). Wenn mhd. ei- nicht bloß eine Schreibva-
riante für den Umlaut von â (normalerweise æ, e;
vgl. Weinhold, Mhd. Gr.² § 95; Paul, Mhd. Gr.²⁰ § 6
Anm. 1) ist, gilt wohl hier wie bei Luthers Formen
eimmeis, eimmes neben emmeis, ammeis Angleichung
der Anfangssilbe an die 2. Silbe (vgl. H. Bach, Handb.
d. Lutherspr. I [1974], § 10, 3). Auch die westfäl. For-
men auf ei-, ai-, die nach W. Foerste, Trier-Festschrift
(1954) 406 auf *aimaitjōn zurückführen, lassen sich
anders erklären (s. Westfäl. Wb. I, 133: Einfluß von
heimchen [haimken, haime] Hausgrille).

Zu den einzelnen Formen: Umlaut des anlau-
tenden â- wurde entweder von dem j der drit-
ten Silbe (vgl. Paul, Mhd. Gr.²⁰ § 18 Anm. 2. 4)
oder von dem -ei- der zweiten bewirkt (wie in
mhd. ärweiz Erbse; vgl. Paul, a.a.O. § 29).
Als das urspr. -ai- der zweiten Silbe in nebento-
nige Stellung geriet, entstanden Schwankungen
der Quantität des Vokals und dabei auch des
folgenden Konsonanten, der sowohl geminiert
wie nicht geminiert vorkommt (vgl. ae.
ǣmet[t]e und dt. mdartl. Formen wie ēmets,
ōmets usw.; s. Bülbring, Ae. El.buch § 378;
Campbell, OE Gr. § 455; Trübners Dt. Wb. I,
70 f.).

Unter den vielen manchmal ganz phantastischen Ety-
mologien, die für dieses Wort vorgeschlagen worden
sind (z. B. die Brennen und Schwellung Verursa-
chende
, J. Loewenthal, WuS 11 [1928], 63; das sich
rasch bewegende, mit einem kornartigen Hinterleib
versehene Insekt
, G. Binz, ZfdPh. 38 [1906], 372), hat
nur die seit J. Grimm (Dt. Wb. I, 277) öfters in der
Lit. vorkommende Verbindung mit emsig, ahd. emiz-
zîg
(s. d.) eine gewisse Anerkennung gefunden (vgl.
z. B. frühere Aufl. von Kluge, Et. Wb.). Trotz der pas-
senden Bezeichnung das emsige Insekt (die vielleicht
volksetymologisch doch hie und da wirksam war), ist
eine urspr. Verwandtschaft dieser Wörter aus phono-
logischen Gründen abzulehnen (man beachte beson-
ders das -ei- der zweiten Silbe von ahd. âmeiza).

Zu den vielen Varianten des Wortes in den heu-
tigen dt. Mdaa. vgl. Dt. Wortatlas V, 1 ff.; Th.
Schumacher, Dt. Wortforschung, hrsg. von L. E.
Schmitt (1963), II, 301 ff.

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