îwaAWB f. ō(n)-St., îwoAWB m. an-St., in Gl.
seit dem 10. Jh.: ‚Eibe, taxus‘ (Taxus bacca-
ta L.). — Mhd. îwe st.f., eiba (13., 14. Jh.)
‚Eibe, Bogen‘, nhd. Eibe f. ‚baum- oder
strauchartig wachsendes Nadelholz‘. Dial.
halten sich noch Reste der auf die häufige
Verwendung des Eibenholzes zur Herstel-
lung von Bogen zurückgehenden Bed. ‚Bo-
gen‘, so etwa schwäb. eib ‚Armbrust‘.
Vereinzelt kommt das Wort in komp. ON wie Ybach
(1328), heute Ibach (bei St. Blasien, Schwarzwald)
vor (vgl. Bach 1952 ff.: 2, 1, § 319). Das Simplex
begegnet im ON Iwe (1165), heute Eyb (Landkreis
Ansbach) (vgl. von Reitzenstein 1991: 134; ders.
2009: 68).
Ahd. Wb. 4, 1766 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 430; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 639; Schützeichel⁷ 168; Starck-Wells
315. 823; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 99 ff.;
Graff 1, 521; Lexer 1, 1464; Diefenbach Gl. lat.-
germ. 574 (taxus); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 654 (ta-
xus); Dt. Wb. 3, 77 f.; Dt. Wb.² 7, 315 f.; Kluge²¹ 154;
Kluge²⁵ s. v. Eibe; Pfeifer, Et. Wb.² 263. — Marzell
[1943—58] 2000: 4, 655 ff. — Fischer, Schwäb. Wb. 2,
554.
In anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. īve; andfrk. īwa- (auch i-St. īwi; als
VG in ON aber immer o-St.: Īwaberg, Īwa-
holt etc.), mndl. iwe, ieve, iewe, nndl. ijf; ae.
īw, ēow, me. yōgh, ne. yew ‚Eibe‘; aisl. ýr m.
(< *iuR < *īwaz) ‚Eibe, Bogen‘, nisl. ýr,
schwed. yd, ydeträ (< *īwiđi̯a-) ‚Eibe‘: < ur-
germ. *īwan-, *īwō(n)-.
Im älteren Fuþark mit 24 Zeichen ist *īwaz
der Name der 13. Rune. Diese entfällt im
jüngeren 16typigen Fuþark, und der Runen-
name ýr wird auf die r-Rune übertragen, da
diese Rune nun für den Lautwert /y/ stand.
Die Bed. ‚Bogen‘ begegnet laut RGA² 15, 528 noch in
ne. yeoman ‚Bogenschütze‘, allerdings sprechen so-
wohl die im OED² s. v. yeoman und im ME Dict. s. v.
yēman angegebene Bed. des Worts (‚attendent, ser-
vant in a noble household, subordinate military offi-
cer‘) wie auch die ebenda angeführten me. Wortfor-
men yo-, yu-, ye-, yiman gegen diese Etymologie.
Fick 3 (Germ.)⁴ 28; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 472; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 394; ONW
s. v. īwa; VMNW s. vv. hiewe, ieve¹; Verwijs-Ver-
dam, Mndl. wb. 3, 803. 973 f.; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 272; Suppl. 75; Vries, Ndls. et. wb. 277 f.; Et.
wb. Ndl. F-Ka 498; Holthausen, Ae. et. Wb. 189;
Bosworth-Toller, AS Dict. 257. 602; Suppl. 598;
Suppl. 2, 22; ME Dict. s. v. yōgh; OED² s. v. yew n.;
Vries, Anord. et. Wb.² 679; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
80 f.; Magnússon, Ísl. Orðsb. 1167; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 353. — Förstemann [1910—16]
1966—68: 1, 978; Kaufmann 1968: 218; RGA² 15,
527 f.
Urgerm. *īwan-, *īwō(n)- hat zahlreiche
Entsprechungen in den anderen idg. Spra-
chen Europas. Parallelen finden sich etwa im
Kelt.; vgl. air. ēo ‚Stamm, Schaft, Baum, Ei-
be‘, gall. *ivo- (fortgesetzt in frz. if), mkymr.
yw(en) ‚Eibe(nholz)‘, akorn. hiuin, mbret.
iuin, nbret. iwin ‚Eiben (koll.)‘ (< urkelt. *iu̯-
o-), das aber eine schwundstufige Form der
Wz. zeigt. Zugehörig könnten auch einige
kelt. PN mit Iv(o)- sein, etwa Ivinus, Ivorix
etc. (K. H. Schmidt, ZCPh 26 [1957], 228;
Stüber 2005: 86. 109). Dass dem Lexem ein
urspr. ablautender amphikinetischer u-St.
*h₁éi̯-u-, *h₁i-u̯-é- zugrunde liegt (Ma-
tasović, Et. dict. of Proto-Celt. 173), ist un-
wahrscheinlich, da u-Stämme normalerweise
nicht nach diesem Ablautmuster flektieren.
Hinsichtlich des Ablauts mit der urgerm.
Form identisch sind die balt. Belege; vgl. lit.
ievà, jievà ‚Faulbaum‘, lett. iẽva (lett. īve
ist aus mndd. īve entlehnt); apreuß. iuwis
gilt ebenfalls meist als Lehnwort aus dem
Mndd., daneben wird aber auch die Mög-
lichkeit eines Erbworts erwogen (Toporov,
Prusskij jazyk I-K 100 f.), da die ohnehin an-
zunehmende Konjektur *iuis /īwis/ für be-
legtes apreuß. iuwis dies zulasse. Die slaw.
Wortformen russ. íva ‚Weide‘, aruss./russ.-
ksl. iva, ukrain. dial. íva, tschech. jíva, poln.
iwa, osorb. jiwa, ndsorb. wiwa, serbo-kroat.
ȉva, slowen. íva, bulg. íva, bulg. dial. ivá,
maked. iva stammen aus urslaw. *jь̀va (a)
(so Derksen, Et. dict. of Slav. 216).
Die Urformen sind besser zu notieren als urslaw.
*ˈjīvā- bzw. *jìva- (nach Holzer: *ī⋅vā-) mit *jī- < be-
tontem uridg. *#h₁ei(H)-, *#HiH- oder *#h₁eh₁i-, im
Unterschied zu den etym. auf *#Hi- bzw. unbetontes
uridg. *#h₁ei(H)-, *#HiH- oder *#h₁eh₁i- zurückge-
henden Lemmata, die je nach Akzentklasse und da-
raus folgendem Akzentsitz gemeinslaw. *ˈji- resp.
*jь-ˈ aufweisen und etwa im Tschech. regelhaft unter-
schiedliche Reflexe im Anlaut zeigen (urslaw. *jī- >
tschech. jí- [mit Dehnung *i > ī in offener Silbe]
vs. urslaw. *i- > tschech. j-, ji-, Ø-) (R. Derksen, in
Schaeken 2003: 100. 103).
Die urslaw. Form ist aufgrund ihrer Zugehö-
rigkeit zum urslaw. Akzentparadigma (a) am
ehesten auf uridg. *h₁éi̯H-u̯eh₂- zurückzu-
führen. Zur gleichen Wz. könnte ai. éta-
‚bunt, schimmernd, schillernd‘ (< uridg.
*h₁ei̯H-to-), f. énī- ‚die bunt schillernde‘,
substantiviert en- f. Benennung eines Tier-
weibchens (< uridg. *h₁ei̯H-nih₂-) gehören,
möglich ist hier aber auch der Anschluss an
uridg. *h₂ei̯- ‚brennen, leuchten‘ (Mayrhofer,
EWAia 1, 265).
Gegenüber der e-stufigen Wz. im Germ.,
Balt., Slaw. erscheint in gr. οἴη, ὄη, ὄα f.
‚Elsbeerbaum, zahme Eberesche, Vogel-
beerbaum‘, daneben ὄον, οὖον n. ‚dss.‘ (aus
dem Gr. entlehnt alb. vodhë, vadhë ‚dss.‘)
und lat. ūva ‚Traube‘ < urit. *oi̯u̯ā- die
o-stufige Wz.: uridg. *h₁oi̯H-u̯eh₂- (die Zu-
sammenstellung der lat. Form mit den gr.
Formen wird von Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 758 abgelehnt, wenngleich der dort vor-
gezogene Vergleich mit lit. uga [recte: uoga,
allg. slaw. jagoda] als lautlich nicht möglich
bezeichnet wird). Ebenfalls die o-Stufe in
der Wz., aber ein umstrukturiertes Suff. zeigt
arm. aygi ‚Weinberg, Weinstock‘ < ur-
arm. *ai̯u̯io/ā- < idg. *h₁oi̯H-u̯-(i)i̯o/eh₂- ‚zur
Weintraube gehörig‘(?) (vgl. Olsen 1999:
438. 788). Angesichts der guten Anknüp-
fungsmöglichkeiten erstaunt die Überlegung
von de Vaan, Et. dict. of Lat. 648, der evtl.
mit einem Lehnwort aus einer nichtidg.
Sprache rechnet, da die Wz. ablaute.
Auch eine Vorform *h₁eh₁i-u̯o/eh₂-, *h₁oh₁i-
u̯o/eh₂- wird erwogen, doch fehlen Angaben
zur Wz.bed. Überdies wäre eine solche
Struktur der Wz. eher unwahrscheinlich.
Des Weiteren ist die immer wieder angeführ-
te Zugehörigkeit von heth. GIŠei̯a(n)- ‚ein
immergrüner Baum; Zeichen der Lastenfrei-
heit‘ nicht zu sichern, da die genaue Bed. des
Worts unklar bleibt. Aus den Textstellen
geht aber hervor, dass es eine immergrüne
Pflanze und eher ein Baum als ein Busch
sein dürfte. Für das heth. Wort kann eine
Verbindung mit den o.g. Formen nur über
einen Ansatz *h₁eh₁i-on- hergestellt werden;
dieser würde aber heth. */ēi̯a-/ und damit
zumindest gelegentliche Pleneschreibungen
†<e-e-> erwarten lassen. Ein Ansatz *h₁ei̯H-
on- ließe indes heth. †ei̯i̯an- erwarten, wie
auch das für die germ., kelt., it., arm. Formen
vorauszusetzende *-u̯- im Heth. erhalten ge-
blieben wäre. Zudem ist für das heth. Wort
zu berücksichtigen, dass altes anlautendes *i̯-
vor hellem Vokal geschwunden sein kann,
was eine Zusammenstellung mit den o.g.
Formen gänzlich unmöglich machen würde.
Aus all dem ergibt sich, dass das Wort eine
Ableitung mit Suff. uridg. *-u̯o/ah₂- zu der
Farbwz. uridg. *h₁ei̯(H)- ‚rötlich, bunt‘ ist.
Die Eibe als ‚die Rote‘ ist so nach den auf-
fälligen roten Früchten, im Balt. ist der Faul-
baum und im Slaw. die Weide nach der roten
Farbe des Holzes benannt.
Eine andere Erklärung rechnet mit einem wz.-
schließenden Labiovelar; die beiden Formen mit ahd.
-w- und -g- wären somit als akzentbedingte Varianten
anzusehen: uridg. *h₁éi̯gu̯ho- > urgerm. *ei̯u̯a- > ahd.
îg- vs. uridg. *h₁ei̯gu̯hó- > urgerm. *ei̯u̯a- > ahd. îw-
bzw. vorurgerm. *éi̯k-u̯o- > urgerm. *īχu̯a- vs. vorur-
germ. *ei̯k-u̯ó- > urgerm. *īu̯a-/*īu̯a- (so implizit
etwa Kaufmann 1968: 218; Hogg 1992: § 4.9.3). In
diesem Fall wäre aber die Verbindung mit den Bele-
gen im Kelt., It., Balt., Slaw. und Heth. aufzugeben
oder diese (wie in älterer Literatur z. T. angenommen
[so z. B. OED² s. v. yew]) als Lehnwörter aus dem
Germ. einzustufen. Trotz der Verschiedenheit der be-
zeichneten Pflanzen bleibt aber der Anschluss an die-
ses Material bestehen. Ebenfalls zu verwerfen ist der
Vorschlag, der mit einem ablautenden (?) urgerm. Pa-
radigma mit grammatischem Wechsel (*īχu̯a- : *īu̯a-
< vorurgerm. *éi̯k-u̯o- : *ei̯k-u̯ó- o.ä.) rechnet (so etwa
Barber 1932: 92), da sich für eine derartige Wz. kei-
nerlei außergerm. Vergleichsformen finden. Es ist
vielmehr von den beiden o.g. Vorformen mit den Suf-
fixen uridg. *-u̯o/eh₂- bzw. *-ko/eh₂- auszugehen, die
ggf. schon früh zur Bezeichnung verschiedener Bäu-
me dienten (St. Schaffner, MSS 56 [1996], 158 f.
Anm. 112).
Der im älteren Ung. bezeugte, heute ausgestorbe-
ne und hinsichtlich seiner Bed. nicht genau be-
stimmbare Baumname iva, iva-fa kann aus dem
Ahd. entlehnt sein, ist aber wahrscheinlicher Lehn-
wort aus dem Slaw., da bei der ung. Landnahme
größtenteils slaw. besiedelte Gebiete eingenom-
men wurden.
Walde-Pokorny 1, 165; Pokorny 297; Frisk, Gr. et.
Wb. 2, 343; Chantraine, Dict. ét. gr. 770 f.; Beekes,
Et. dict. of Gr. 2, 1041 f.; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. 2, 849; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 758; de
Vaan, Et. dict. of Lat. 648; Körting, Lat.-rom. Wb.³
Nr. 5162. 9939; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr.
4560. 9104; DEAF I-47 f.; Wartburg, Frz. et. Wb. 4,
826; Demiraj, Alb. Et. 411; Orel, Alb. et. dict. 492;
Martirosyan, Et. Dict. of. Arm. 56 f.; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 68; Berneker, Slav. et. Wb. 1, 438;
Trubačëv, Ėt. slov. slav. jaz. 8, 248 f.; Derksen, Et.
dict. of Slav. 216; Bezlaj, Etim. slov. slov. jez. 1, 214;
Snoj, Slov. etim. slov.² 228; Vasmer, Russ. et. Wb. 1,
467 f.; ders., Ėt. slov. russ. jaz. 2, 113; Schuster-Šewc,
Hist.-et. Wb. d. Sorb. 462; Fraenkel, Lit. et. Wb. 183;
Smoczyński, Słow. et. jęz. lit. 217; Mühlenbach-
Endzelin, Lett.-dt. Wb. 2, 85; Karulis, Latv. et. vārd.
1, 338 f.; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 90. 349;
Mažiulis, Apreuß. et. Wb. 2, 58 f.; Toporov, Prusskij
jazyk I-K 100 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 46; Holder, Acelt. Spr.
2, 111 f.; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt. 173;
Delamarre, Dict. gaul.² 193; Dict. of Irish E-145;
Dict. of Welsh 3872; Deshayes, Dict. ét. du bret. 347;
Friedrich-Kammenhuber, Heth. Wb. 2, 22 ff.; Kro-
nasser, Etym. d. heth. Spr. 201; Tischler, Heth. et. Gl.
1, 102 f.; Kloekhorst, Et. dict. of Hitt. 233 f. — RGA² 6,
525 f. — Lumtzer-Melich 1900: 142; Thienemann
1922: 91; Sławski 1952 ff.: 1, 473 f.; Benkő 1967—84:
2, 249; R. Schrodt, ZDA 104 (1975), 172 f.; H. Rosen-
feld, BNF 24 (1989), 98—100; Gluhak 1993: 281;
Benkő 1992—97: 1, 631; Bańkowski 2000: 1, 563;
Lühr 2000: 97 f.; Orel 2000: 37; Grzega 2001: 188;
Newerkla 2011: 529; Mottausch 2011: 127; Orel
2011: 1, 386.
S. îgo.