-bâri adj. Suffix, ja-St., in Zss. wie ahd. dank-
bâri ‚dankbar‘, egibâri ‚schrecklich‘, skînbâri
‚manifestus‘, trôstbâri ‚tröstlich‘ zunächst noch
in der durchsichtigen Funktion ‚tragend, (mit
sich) bringend‘ und nur mit Subst. verbunden
(s. Wilmanns, Dt. Gr. II § 375); allmählich aber
wird es zum adj.bildenden Suffix mit der Bed.
‚möglich, dienlich oder fähig zu‘, so in hîbâri
‚nūbilis, der Ehe gemäß‘, liutbâri ‚öffentlich be-
kannt‘ u. ä., gleichzeitig geht es, und immer
mehr im Nhd., häufigere Verbindung ein mit
Verbalstämmen (ebd. § 377). Überhaupt nimmt
seine Zahl, die im Ahd. noch verhältnismäßig
beschränkt war, von der mhd. Periode an ganz
erheblich zu (ein nicht zweifelsfrei überliefertes
Simplex [kampfes] bære, Wolframs Parzival
209, 20). Der lautlichen Gestalt nach, mhd.
-bære, aber auch schon oft schwächer betontes
-ber, setzt sich im Nhd. -bar durch, dessen um-
lautlose Form man entweder mit den relativen
Tonverhältnissen des Wortes oder aber als An-
gleichung an die umlautlose Variante des Adv.
-bâro erklärt hat (s. Wilmanns, Dt. Gr. I § 195.
317).
Ahd. Wb. I, 812; Graff III, 148 ff.; Schade 41; Lexer I,
127; Benecke I, 146; Dt. Wb. I, 1120 f.; Kluge²¹ 50.
Außer im Got. finden sich Adj.bildungen mit
einem dem ahd. -bâri entsprechenden Wortele-
ment in sämtlichen germ. Dialekten: as. -bāri,
mndd. -bār(e); mndl. -baer, -ber, nndl. -baar; a-
fries. -bēr(e), -ber, nostfries. -bār; ae. -bǣre
(æppelbǣre ‚pōmifer‘) (nicht me. oder ne.); aisl.
-bǽrr (hǫfugbǽrr ‚schwer zu tragen‘; vereinzelt
als Simplex im Sinne von ‚passend, berechtigt‘,
s. Fritzner, Ordb. o. d. gamle norske sprog I,
225), nisl. -bær, während nnorw. ndän.
nschwed. -bar wohl aus dem Ndd. entlehnt
sind.
Die zu erschließende germ. Grundform
*-bǣrija-z mit der Dehnstufe des Stammvokals
des st.v. ahd. beran (s. d.) hat ihre morphologi-
schen Parallelen besonders Nordgermanisch,
etwa in aisl. nǽmr ‚(an)nehmbar‘, tœ́kr ‚zu neh-
men‘ und in rechtlichen Termini wie drǽpr ‚(un-
gestraft) zu töten‘ oder kirkjugrœ́fr ‚bei einer
Kirche zu begraben‘; doch fehlt es auch im
Westgerm. nicht an vereinzelten Beispielen von
Verbaladj. auf -ja- mit Dehnstufe des Stamm-
vokals, wie ahd. gizâmi ‚ziemend‘, gifuori ‚pas-
send‘ sowie ae. gedēfe (< *ga-dōija-) ‚schick-
lich, passend‘; daneben gelegentliche -ja-Bil-
dungen mit Schwundstufe des Stammvokals
wie ae. yðfynde, anord. auðfyndr (< *-fundia-)
‚leichtauffindbar‘, as. luggi ‚lügnerisch‘, ahd.
nuzzi ‚utilis‘.
Fick III (Germ.)⁴ 261; Verdam, Mndl. handwb. 49;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 26; Vries, Ndls. et. wb. 24;
Holthausen, Afries. Wb. 7; Doornkaat Koolman, Wb.
d. ostfries. Spr. 99 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 15; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 66; Suppl. 61; Vries, Anord. et.
Wb.² 69; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 613; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 32; Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 49.
Auch außergerm. sind sprachliche Parallelen
von ahd. -bâri reichlich vertreten, wie etwa
aind. bhārya- ‚zu tragen‘ (neben -bhará- ‚tra-
gend, [mit sich] bringend‘); av. -barō ‚dss.‘;
arm. -wor, etwa in lusawor ‚lichtbringend‘ (da-
neben sekundär arm. -ber wie lat. -fer, s. u.); gr.
-φόρος, etwa in καρποφόρος ‚frūgifer‘ (mit an-
derer Ablautsstufe), und mit Dehnstufe des
Stammvokals in *φωριο- (< *bhōrii̯o-), ablau-
tend mit germ. *bǣrija-, in φωριαμός f.
‚(Trag)Kasten, Truhe‘; lat. -fer ‚tragend, brin-
gend‘ etwa in lūcifer ‚lichtbringend‘ mit sekun-
därem -fer für -for (s. Leumann, Lat. Laut- u.
Formenlehre § 87. 265 c); dazu die ligur. Fluß-
namen Porco-bera ‚(die) Lachsführende‘,
Gando-bera ‚Geröllführende‘. Zu Form und
Funktion des besonders im Indo-Iranischen
und Germ. häufigen Verbaladj. auf *-(i)i̯os mit
meist passiver Bedeutung vgl. Brugmann, Grdr.²
II, 183 f.; Wackernagel, Aind. Gr. II, 2 bes. S.
802 ff.; Kluge, Nom. Stammbildung³ § 231; Wil-
manns, Dt. Gr. II § 310.
Walde-Pokorny II, 156; Pokorny 128 ff.; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 477; Bartholomae, Airan. Wb.
933 f.; Horn, Grdr. d. npers. Et. 36; Frisk, Gr. et. Wb.
II, 1004. 1060; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 1035; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 483 ff.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 227; zum Ligur. s. M. Olsen, Zfvgl. Spr. 39
(1906), 607 ff.; V. Bertoldi, Norsk tidsskrift f. sprogvid.
4 (1930), 176 ff.
S. auch beran.