-bickenAWBAWB sw. v. I, nur in Zss. belegt: anabik-
kenAWB, nur in Gl.: ‚angreifen, anfallen, impetere,
appetere, adoriri‘; anagibickenAWB, nur in Gl.:
‚dss.‘; zuobickenAWB, nur Gl. 2, 680, 14 (12. Jh.)
‚dss., incursare‘ 〈Var.: p-, -c(c)h-, -c-; zu ana-
pihant Gl. 2, 170, 62 vgl. Ahd. Wb. I, 1026〉. —
Mhd. bicken (becken) ‚stechen, picken‘, nhd.
veraltet (z. B. Adelung [1793]) und mdartl.
bicken (auch becken), aber in der heutigen
Hochsprache nur picken (s. u.). — Vgl. auch
ahd. bic m. a-St. ‚Hieb, Schlag‘ (s. d.); mhd.
bicke sw. m., auch bickel, bicker, nhd. Bicke f.,
Bickel m.; mndd. bicke f. ‚Spitzhacke‘.
Ahd. Wb. I, 1025 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 60; Starck-
Wells 54; Graff III, 324; Schade 63; Lexer I, 264 f.;
Benecke I, 115; Dt. Wb. I, 1216 (becken). 1809 (bik-
ken); Weigand, Dt. Wb.⁵ I, 233 (Bickel, Pickel); Klu-
ge²¹ 74 (Bicke); Kluge²² 545 (Pickel¹, picken¹); Pfei-
fer, Et. Wb. 1274 f. (Pickel, picken). — Schweiz. Id. IV,
1111 f. (becken). 1118 f. (bicken); Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. II, 26 f.; Ochs, Bad. Wb. I, 133
(becken). 222 (picken); Fischer, Schwäb. Wb. I, 743
(becken). 1095 (picken [bigǝ]); Schmeller, Bayer.
Wb.² I, 202 f. (becken); Kranzmayer, Wb. d. bair.
Mdaa. in Österr. II, 780 ff. (pecken); III, 138 (picken).
Nahe verwandt sind nur mndd. bicken; mndl.
bicken, becken ‚(be)hauen, stechen, picken‘,
nndl. bikken ‚hacken, abkratzen‘; nach Vries,
Anord. et. Wb.² 36 und Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 16 auch aisl. bikkja ‚werfen, stür-
zen‘ (anders Jóhannesson, Isl. et. Wb. 609 ‚et-
was in eine schräge Stellung bringen, so daß es
aus dem Gleichgewicht gerät‘, zu *bheg- ‚bie-
gen‘, → bacho, banc). Vgl. auch ae. becca ‚Spitz-
hacke‘.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 274; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 330; Verdam, Mndl. handwb.
69. 98; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 66; Vries, Ndls. et.
wb. 59; Holthausen, Ae. et. Wb. 18; Bosworth-Toller,
AS Dict. 74; Suppl. 67.
Die Etymologie ist unsicher. Entweder Lehnbil-
dungen aus gall.-lat. beccus (*beccos) ‚Schnabel‘,
vgl. italien. becco, frz. prov. katal. bec ‚Schnabel‘
(> ne. beak); port. bico, kontaminiert mit pic
‚Spitze‘; — und bes. die Ableitungen italien. bec-
care ‚picken, hacken‘, beccastrino ‚Breithacke‘
(so u. a. Kluge²¹ 74, Kluge²² 545; Weigand,
a. a. O.; eine Entlehnung aus italien. beccare liegt
viell. vor in vorarlberg. bäggen ‚den Mist auf
dem Felde zerkratzen, zerhacken‘, Jutz, Vorarl-
berg. Wb. I, 218) — oder aber zu idg. *bheg-
‚brechen‘, vgl. arm. bekanem ‚ich breche‘, bek
‚zerbrochen‘; aind. bhanákti ‚er bricht‘ usw. (so
zuerst N. van Wijk, IF 24 [1909], 232 f.; noch
bei Franck und Vries, a. a. O.; dagegen Walde-
Pokorny II, 149; nicht einmal erwähnt bei Po-
korny 114. Zur Wz. *bheg- s. Klingenschmitt,
Altarm. Verbum 184 f. Kluge²² 545 erwägt die
Möglichkeit einer lautmalenden Bildung, s. un-
ten.
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 1294; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 1013; Wartburg, Frz. et. Wb. I,
304 ff., bes. 310 f.
Die Etymologie des gall. Wortes *beccos, das man aus
einem gall. Beinamen in Suetonius’ Vitellius-Biogra-
phie Cap. 18 erschließt: „... cognomen Becco: id valet
gallinacei rostrum“, d. h. ‚Hahnenschnabel‘, ist dun-
kel. Nach Thurneysen, Keltoromanisches 45, zu air.
bacc ‚Haken, Krummstab usw.‘, aber wenn dieses
Wort mit lat. baculum ‚Stab‘, gr. βακτηρία, βάκτρον
‚dss.‘ verwandt ist — was trotz Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. I, 92 und Frisk, Gr. et. Wb. I, 211, nicht außer
Zweifel steht —, so schließt die anzusetzende idg. Wz.
*bak- (Pokorny 93) eine Form mit Wz.vokal -e- wie
*beccos aus. Herleitung aus der oben erwähnten Wz.
*bheg- ist auch sowohl lautlich wie semantisch kaum
möglich. Vielleicht handelt es sich um ein Schallwort
(s. R. Lühr, Sprachwissenschaft 10 [1985], 284).
Walde-Hofmann, a. a. O. I, 99; Vendryes, Lex. ét. de
l’irl. anc. B-2 f.; Holder, Acelt. Spr. I, 364; Dottin,
Langue gaul. 232.
In nhd. picken sind wohl zwei oder drei ver-
schiedene Wörter zusammengefallen: 1) mhd.
bicken, 2) ein lautmalendes Verb nach dem
pick-Laut eines Vogelschnabels, entweder als
germ. Schöpfung oder 3) aus dem gleichlauten-
den, wohl auch lautmalenden roman. Wort
*pīccare (frz. piquer, italien. piccare usw.) ‚pik-
ken, stechen‘. Sowohl im roman. wie im germ.
Gebiet haben sich diese verschiedenen Sippen
gegenseitig beeinflußt; vgl. mndd. pecken (sel-
ten) ‚mit dem Schnabel picken und wegnehmen‘;
mndl. picken, pecken, nndl. pikken ‚picken,
hacken‘; me. picchen, ne. pick, peck ‚dss.‘; aisl.
pikka, pjakka, nisl. nnorw. pikka, ndän. pikke,
nschwed. picka ‚dss.‘.
Nach K. F. Johansson, Zfvgl. Spr. 36 (1900), 381 f.,
wurde die roman. Sippe von frz. piquer aus dem Germ.
entlehnt; abzulehnen, wie auch aus lautlichen Grün-
den H. Kuhns Vergleich mit gr. πικρός ‚bitter‘ (ZMF
28 [1961], 5). Ob lat. pīcus ‚Specht‘ (‚der Picker‘?)
hierher gehört oder nicht, bleibt nach wie vor höchst
unsicher, vgl. Walde-Hofmann, a. a. O. II, 299 f.; Mei-
ser, Lautgesch. d. umbr. Spr. 47 f.
Körting, a. a. O. Nr. 7131; Meyer-Lübke, a. a. O.
Nr. 6495; Wartburg, a. a. O. VIII, 450 ff., bes. 470 f.;
Schiller-Lübben, a. a. O. VI, 233; Lübben-Walther,
Mndd. Handwb. 272; Verdam, a. a. O. 465; Franck,
a. a. O. 501; Vries, Ndls. et. wb. 520; ME Dict. P-
898 ff.; OED² XI, 765 ff.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 661
(peck). 678 (pick); Vries, Anord. et. Wb.² 424; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 1114; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 219. 220; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
824; Torp, Nynorsk et. ordb. 487; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 573.