-eichanAWB red. v., in der Zss. ineichan, nur
viermal in Gl.: ‚opfern, libare, delibare, immo-
lare‘ 〈Var.: -hh-, -h-; neihh- (zweimal Cod.
Oxon. Jun. 25, 9. Jh., alem.; in ders. Hs. auch
neihunga f. ō-St.; vgl. H. Wesche, PBB 61
[1937], 54)〉. Zum Präf. in(t)- → ant-.
Die Form eichene ‚vindicasse‘ Gl. 2, 91, 50, die
Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 352 Anm. 3 und Seebold,
Germ. st. Verben 72 als Part. Prät. von *eichan
bestimmen, ist wohl richtiger als Inf. eines
schwachen Verbs *eichenenAWB ‚etwas für sich in
Anspruch nehmen‘ zu fassen (mit n-Schwund,
vgl. Ahd. Wb. III, 114; Franck, Afrk. Gr.²
§ 128).
Etwas häufiger belegt ist ein sw. v. eichônAWB, Gl.,
Notker, auch gieichônAWB, nur in Gl.: ‚in Anspruch
nehmen, vindicare; zueignen, weihen, addicere,
dedere‘. — Mhd. eichen sw. v. ‚zusprechen, zueig-
nen‘, auch eichenen ‚dss.‘; nhd. ausgestorben. —
Nhd. eichen ‚amtlich abmessen‘ (spätmhd.
îchen) ist nicht verwandt (vgl. Kluge²² 167).
Ahd. Wb. III, 114 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 171; Schütz-
eichel⁴ 99; Starck-Wells 119. 434. 802. 841; Graff I,
127; Schade 127; Raven, Schw. Verben d. Ahd. II, 32;
Lexer I, 516; Benecke I, 414. — L. Haessler, OHG. bi-
teilen and biskerian (Lang. Diss. 19, Philadelphia,
1935) 42.
Diese Verben haben nur im Got. und wohl im
As. Entsprechungen: as. *giēknōn ‚beanspru-
chen‘ (s. u.); got. afaikan red. v. ‚leugnen, ver-
leugnen, ἀρνεῖσθαι, ἀπαρνεῖσθαι; fluchen, ἀνα-
θεματίζειν‘.
Seebold, Germ. st. Verben 72 f.; Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 3; Lehmann, Gothic Et. Dict. A-8.
Sowohl die Grundbed. der germ. Verbalwz.
*aik- als auch deren Etymologie sind dunkel.
Vom got. Wort ausgehend haben A. Bezzenberger,
ZfdPh. 5 (1874), 229 f. und H. Osthoff, PBB 13
(1888), 395 f.; PBB 14 (1889), 379 f. eine Grundbed.
‚schütteln‘ (got. afaikan = ‚abschütteln‘) und Zugehö-
rigkeit zur idg. Wz. *ai̯g- ‚sich heftig bewegen, sprin-
gen‘ (Pokorny 13 f.) vorgeschlagen. Da sich aber die
ahd. Wörter keineswegs auf eine solche Grundbed. zu-
rückführen lassen, ist diese Erklärung sicher verfehlt
(vgl. Walde-Pokorny I, 11).
Nicht viel überzeugender wirkt R. A. Fowkes’ Versuch
(JEGP 42 [1943], 270; ders., Gothic Etym. Stud. 2 f.),
die Verben zur idg. Wz. *ei̯g- ‚laut jammern‘ (Po-
korny 298) zu stellen. Seine Annahme einer semanti-
schen Entwicklung von ‚schreien‘ zu ‚sprechen‘ wird
durch die wenigen und ziemlich unsicheren Glieder
dieser Sippe kaum bestätigt (z. B. gr. οἶκτος ‚Wehkla-
ge, Erbarmen‘, οἰκτρός ‚jammervoll, bedauernswert‘;
mir. éigid ‚schreit‘; got. aihtrōn ‚betteln, für sich ver-
langen‘). Andere etym. Versuche, die von einer Grund-
bed. ‚sagen, sprechen‘ ausgehen, sind aus lautlichen
Gründen ebenso abzulehnen (vgl. Feist, a. a. O., mit
Lit.).
Aber schon die Annahme dieser Grundbed. wird
durch die ahd. Zeugnisse in Frage gestellt: so be-
deutet z. B. das Simplex eichôn nie ‚sagen, spre-
chen‘, sondern — ohne Modifikation durch Prä-
fixe — nur ‚zueignen‘ oder ‚in Anspruch nehmen‘.
Der semantische Kern muß mithin schon den
Begriff ‚Eigentum‘ enthalten: also ist die Grund-
bed. wohl ‚zu eigen machen‘, ‚etwas für sich
selbst oder für jemanden (als Eigentum) bean-
spruchen‘; mit dem Präfix in(t)-: ‚seinen An-
spruch auf etwas (als Eigentum) aufgeben‘, ‚op-
fern‘. Auch got. afaikan ließe sich als ‚nicht als
sein eigen anerkennen, verleugnen‘ auffassen. So
liegt eine Verbindung mit eigan (s. d.) nahe: ahd.
*eichenen und eiganen (s. d.) sind Synonyme
und glossieren beide vindicare.
Es handelt sich demnach wohl um zwei nahe
verwandte germ. Wurzeln *aih- / *ai- und
*aik-. Zur zweiten gehören auch spätahd. (Not-
ker) ureiche adj. (subst.) ‚proprium, Eigentüm-
lichkeit‘ und as. *giēknōn ‚beanspruchen‘ (nur
Gl. 4, 303, 64 3. sg. prät. gieknoda ‚finxit‘ =
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 61, 19. 183; vgl.
Ahd. Wb. III, 249).
As. *giēknōn ist wohl nicht identisch mit mfrk. giegno-
da Gl. 2, 561, 43 (Ahd. Wb. III, 111 s. v. gi-eiganôn),
trotz Gallée, As. Gr. § 409 Anm. 3; Holthausen, As.
Wb. 14. 15; ders., As. El.buch § 231 Anm. 1. As. g nach
Vokalen war ein Reibelaut; selbst wenn vor l und n
stimmlos wurde (was nicht sicher ist), wäre dafür nicht
k, sondern ch geschrieben.
Die germ. Wz. *aik- hat zwei mögliche Erklä-
rungen:
1) Nach O. Hoffmann, Fick-Festschrift 39, ist
germ. *aikan < *ai-ná-n entstanden, also
durch „n-Gemination“ (vgl. Lühr, Expressivität
347 ff.) und Vereinfachung von -kk- nach langer
Silbe. Ist hier tatsächlich die „n-Gemination“ im
Spiel, so müßte man annehmen, daß zu germ.
*aian ein Intensiv *aik(k)ō(ja)n- gebildet wur-
de und von diesem Intensiv aus *k in das st.
Verb *aikan übertragen ist (Lühr, a. a. O.
350ff.). Für den Ansatz eines Intensivs *aik(k)ō-
(ja)n-, das ein verstärktes Besitzen (‚uneinge-
schränkt besitzen‘?) bezeichnet haben müßte,
fehlen jedoch Anhaltspunkte (zu den Bedeutun-
gen der Verben mit Doppeltenuis bzw. Konso-
nantenwechsel gegenüber dem Grundverb s.
Lühr, a. a. O. 375 ff.).
2) Wenn die idg. Wz. *ai̯- (> germ. *aian-)
eine Erweiterung der idg. Wz. *ai̯- ‚geben, neh-
men‘ ist (s. jedoch eidum, eigan), läßt sich germ.
*aik- auf eine andere gutturale Erweiterung idg.
*ai̯g- zurückführen. Viell. hierher (aber lautlich
ebensogut zu idg. *ai-) gehört toch. B aik-
‚wissen‘ (= ‚sich etwas zu eigen machen‘? zur
Bed. vgl. nhd. erfassen, auffassen, aisl. nema
‚nehmen, auffassen, lernen‘. H. W. Bailey, Bull.
School Or. and Afr. Stud. 21 [1958], 536 ff.
glaubt, auch eine einfache Wz. *ai̯- ‚lehren‘ in
toch. AB en- ‚unterweisen, befehlen‘ gefunden
zu haben (sehr fraglich); vgl. auch Seebold,
a. a. O.; anders B. Čop, Zfvgl.Spr. 85 [1971],
26 ff.: toch. AB en- zu heth. ḫanna- ‚entschei-
den, richten‘, gr. ἀναίνομαι ‚leugne, weigere
mich‘; dazu s. aber Peters, Idg. Laryngale im
Griech. 80 f., der für toch. AB en- eine Vorform
**H₂ēn[H]- erwägt).