-idaAWB suff. Das häufig vorkommende
Suffix dient zur Bildung fem. Abstrakta aus
Adj., Subst. und Verben; vgl. girida ‚Begier-
de‘ : ger ‚gierig‘, gierbida ‚Erbe, Erbteil‘ :
erbi ‚Erbe, Besitz‘, garawida ‚Pracht, Vor-
bereitung‘ : gar(a)wen sw.v. I ‚(vor-)be-
reiten‘, gientida ‚Abgrenzung‘ : gientôn sw.
v. II ‚begrenzen‘ (s.dd.). — Im Mhd. begeg-
nen Abstrakta auf -ede noch häufig, nhd. ist
es nur noch in wenigen Bildungen erhalten;
vgl. z.B. Fehde (ahd. gifêhida ‚Fehde‘), Ge-
bärde (ahd. gibârida ‚Wesen, Gebärde‘),
Zierde (ahd. zierida ‚Schmuck, Zierde‘).
Splett, Ahd. Wb. 2, 236 ff. (Auflistung der Ableitun-
gen mit -ida); Graff 5, X f. (ahd. Belege).
Das Suffix ist auch in den anderen germ.
Sprachen überliefert: as. -(i)tha: z.B. diur(i)-
tha ‚Ehre, Herrlichkeit‘, māritha ‚Rühmens-
wertes, Wunder(tat)‘, hōnitha ‚Schmach,
Schande‘; afries. -ethe (selten): z.B. lemethe
‚Lähmung, Verstümmelung‘, benethe ‚Klage,
Anklage‘; ae. -đ(u): z.B. strengđ(u) ‚Kraft‘,
cyđđ(u) ‚Geschlecht, Verwandtschaft‘, fȳlđ
‚Schmutz‘; aisl. -ð (-t, -d; vgl. Noreen [1923]
1970: § 238): z. B. fegrð ‚Schönheit‘, dýpt,
dýpð ‚Tiefe‘, lemd ‚Gebrechlichkeit‘; got.
-iþa (oft): z. B. diupiþa ‚Tiefe‘, hauhiþa ‚Hö-
he, Ehre‘, in auþida ‚Wüste‘ und wairþida
‚Fähigkeit, Tüchtigkeit‘ ist Spirantendissimi-
lation eingetreten (Thurneysens Gesetz; vgl.
Braune-Heidermanns 2004: § 79 Anm. 4).
Nur im Ahd. begegnet neben -ida ein
gleichbed. Suffix -idî, das in die īn-Dekl.
der Adj.abstrakta übergegangen ist (auf-
gelistet in Splett, Ahd. Wb. 2, 247).
Grimm, Dt. Gr. 2, 229 ff. (alt 242 ff.); Kluge 1926:
§§ 1211 ff.; Wilmanns [1906—30] 1967: 2, §§ 258 ff.;
Krahe-Meid 1969: 3, § 118, 4. 5; Casaretto 2004:
463—475.
Ahd. -ida usw. < urgerm. *-iþō- setzt ur-
idg. *-teh₂- fort, das fem. Abstakta zu Ad-
jektivstämmen bildete; vgl. ai. pūrṇatā ‚Fül-
le‘, lat. iuventa ‚Jugend‘. Auch im Germ.
herrschten wohl urspr. Bildungen zu Ad-
jektiven (im Got. fast ausschließlich, im Ae.
und Aisl. am meisten), aber im Ahd. sind
Verbalabstrakta (besonders zu schw. Verben
I) noch häufiger. Den Anstoß dazu gaben
wohl die vielen Fälle, wo Adj. und denom.
Verben nebeneinander standen, wie z.B.
ahd. fullida ‚Fülle‘ zu urgerm. *fulla- oder
*fullii̯e/a-.
Der germ. Zwischenvok. *-i- kam wohl ur-
spr. von den i- und ja-St. (kaum aus idg. *e
der o-Stämme, wie Kluge 1926: § 121; Kra-
he-Meid 1969: 3, § 118, 5 u. a. annehmen;
vgl. A. L. Lloyd, MLN 76 [1961], 848; E.
Seebold, PBB 90 [1968], 10 f. und Anm. 10;
R. S. P. Beekes, in Dunkel 1994: 3 f.).
S. -id.