-idi suff. Im Ahd. dient das Suff.
vorwiegend zur Bildung von n. Kollektiva
(z. B. juchidi ‚Gespann‘), die häufig noch
mit dem soziativen Präf. gi- abgeleitet sind
(z. B. gimachidi, ginôzidi, gisemidi, gitre-
gidi [s. dd.]). Daneben zeigen sich Ansätze
zur Diminutivbildung (jungidi ‚Tierjunges‘
[s. d.]). Grammatischer Wechsel liegt in ou-
witi ‚Schafherde‘ (s. d.) vor. — Mhd. -(e)de
ist formal mit den Fortsetzern von ahd. -ida
(s. d.) und -ido (s. d.) zusammengefallen und
hat auch deren Funktionen übernommen. Als
Kollektivsuffix begegnet es wie ahd. -idi in
gejegede, gejeide ‚Jagd‘, geswisterde, ge-
swistrîde ‚Geschwister‘ usw., ohne Präf. in
pfluogde ‚ein Paar Pflugochsen‘. Eine Zu-
gehörigkeitsbildung ist vingerîde st.n. ‚Fin-
gerring‘. Im Nhd. sind nur noch wenige Bil-
dungen bewahrt; vgl. Gemälde, Gelübde.
Bair. Belege auf -îde, später -eit setzen ein Suffix mit
langem -ī- voraus, das nicht befriedigend geklärt
ist. Nach Krahe-Meid 1969: 3, § 120, 4 beruht es auf
„praesuffixaler Vokaldehnung“ wie in lat. crīnītus
adj. ‚behaart‘ zu crīnis f. ‚Haar‘.
Splett, Ahd. Wb. 2, 247 f. — Grimm, Dt. Gr. 2, 236 f.
(alt 248 f.); Wilmanns [1906—30] 1967: 2, §§ 264 ff.;
Kluge 1926: § 70; Henzen 1965: § 264; Klein-Solms-
Wegera 2009: §§ S 76—86.
In den anderen germ. Sprachen ist das Suf-
fix seltener belegt: as. in gisustrithi ‚Ge-
schwister‘ und in ON (z.B. Ekthi ‚Ei-
chenwald‘, Snewithi ‚mit vielem Schnee‘ [s.
ewit]); ae. in gesylhđe ‚ein Joch Ochsen‘
(vgl. Bosworth-Toller, AS Dict. Suppl. 423);
aisl. z. B. in kvendi ‚Weiber‘, skœði ‚Schuh-
werk‘ (vgl. Vries, Anord. et. Wb.² 337. 511):
< urgerm. *-þi̯a-.
Krahe-Meid 1969: 3, § 120, 4.
Urgerm. *-þi̯a- < uridg. *-iti̯o- hat in lat.
-itium eine Parallele. Auch im Lat. bildet es
denom. Kollektiva (z. B. equitium n. ‚Pfer-
deherde, Gestüt‘ : equus ‚Pferd‘, avitium n.
‚die Vögel‘ : avis f. ‚Vogel‘), des Weiteren
dient es zur Bez. einer best. sozialen Stellung
(servitium n. ‚Sklavenstand‘ : servus m. ‚Skla-
ve‘) oder eines ‚Versehenseins mit etw., im
Zustand von etw.‘ (calvitium n. ‚Kahlheit‘ :
calvus adj. ‚kahl‘, lānitium n. ‚Wolle‘, eigtl.
‚Bewolltheit‘ : lāna f. ‚Wolle‘).
Aus dem Balt. vergleicht sich das Suffix
lit. -iẽtis/-iẽtẻ, lett. -ītis/-īte (< urbalt. *-īt-
ii̯a-), das Zugehörigkeit oder Herkunft aus-
drückt wie lit. giminiẽtis/tẻ ‚Verwandte(r)‘ :
gimin ‚Verwandtschaft‘, lit. kaimitis/-tẻ
‚Dorfbewohner(in)‘ : káimas ‚Dorf, Land‘,
lett. latvietis/-te ‚Lette, Lettin‘ : Latvija ‚Lett-
land‘ und auch Diminutiva bildet wie lett.
brālītis ‚Brüderchen‘ : brālis ‚Bruder‘.
Leumann [1926—28] 1977: 296 f.; Senn 1966: 1,
§ 605; Forssman 2001: §§ 323. 325.