alûneAWB st. f., alûnAWB st. m. n. ‚Alaun, alumen‘ (3
mal als alune, 2 mal als alun belegt, nur in Gl.,
12.—14. Jh., mhd.). Daneben spätmhd. Formen
wie alûm, alm sowie ein sw. v. alûnen ‚mit
Alaun gerben‘, übertr. ‚durchgerben, prügeln‘
(fünfmal in Wolframs Parzival). Nhd. Alaun
m.
Ahd. Wb. I, 308; Starck-Wells 22; Graff I, 239;
Schade 13; Lexer I, 46; Benecke I, 27; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 27; Dt. Wb. I, 200; Kluge²¹ 12.
Die außerdt. Parallelen von mhd. alûn(e), die
wie alle germ. und idg. Entsprechungen direkte
oder indirekte Lehnbildungen aus lat. alūmen
‚bitteres Tonerdesalz, Alaun‘ darstellen (vgl.
Pauly-Wissowa, Realenzykl. I, 1296 f.; Schrader,
Reallex. d. idg. Alt.² I, 39. 142 f.), lauten wie
folgt: mndd. al(l)ūne f., al(l)ūn m.; aluun n.,
nndl. aluin — für die ndl. Formen darf mit Si-
cherheit, wohl aber auch für die hd. und ndd.,
eine Vermittlung über frz. alun (< lat. alūmen)
angenommen werden. Dafür spricht das ausl.
-n (obgleich spätmhd. zuweilen auch -m er-
scheint) sowie die relativ späte Zeit ihres ersten
Vorkommens (12. Jh.), vgl. auch Suolahti, Frz.
Einfluß im 13. Jh. VIII, 48; X, 48. — Wie so oft,
führen die skand. Gegenstücke allesamt auf
mndd. al(l)ūn m. zurück, dementsprechend
dän., norw., schwed. alun sowie nisl. álún.
Fick III (Germ.)⁴ 21; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 59. 65; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
57; Verdam, Mndl. handwb. 38; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 15; Vries, Ndls. et. wb. 14; Vries, Anord. et. Wb.²
686 (ǫl); Jóhannesson, Isl. et. Wb. 40; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 357; Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 22 (s. auch s. v. øl); Torp, Nynorsk et. ordb. 3;
Ordb. o. d. danske sprog I, 499; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 15; Svenska akad. ordb. A—1168 ff.
Nur das Engl. geht in der Entlehnung seine eigenen
Wege. Die in ae. Gl. z. T. verderbt überlieferten For-
men (al)efne = alumen ł stipteria (Epin. Gl. bei
Wright-Wülcker, AS and OE Vocabularies 134 Z. 38;
ähnlich 146, 21) und ælifnæ = alumnis (anstatt *alu-
minis, beides gen.) sind von M. Förster, Anglia 41
(1917), 138 und Anm. 1 und Flußname Themse 664 f.
Anm. 2 auf akymr. *alifn (mkymr. elyf) zurückge-
führt worden und darüber hinaus auf lat. alūmina
(vulg. lat. wohl *alŭmne), ähnlich wie kymr. llafn sich
aus lat. lāmina (über vulg. lat. *lămna) ergab. Aber
schon in mengl. Zeit trat dafür eine vielleicht gelehrt
beeinflußte Neuentlehnung ein, die sich als alūm,
auch alum(m)e u. ä., ne. als alum widerspiegelt.
Holthausen, Ae. et. Wb. 10; Bosworth-Toller, AS
Dict. Suppl. 15; ME Dict. A—B, 231 f.; OED I, 259 f. —
Vgl. auch A. Pogatscher, AfdA. 25 (1899), 4; Ritter,
Beitr. z. engl. Spr.gesch. 169.
Auch im Kelt. der Neuzeit sind die einst lautgerecht
als Lehnwörter aus dem Lat. entwickelten Formen
durch moderne Wiederentlehnung aus dem neueren
Engl. ersetzt worden: nkymr. alwm, nir. alm (für älte-
res al[a]mu, auch ailim), bret. alum. S. Dict. of Welsh
76; Dict. of Irish A—283; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. A—60; Hessens Ir. Lex. I, 46.
Wie zu erwarten, haben die balt. und slav. Sprachen
gleichermaßen ihre Bezeichnung für ‚Alaun‘ nicht un-
mittelbar aus lat. alūmen, sondern auf dem Weg über
das Mndd. bezogen, daher lit. alũnas m., lett. alũns,
aluôns und kl. russ. hałun, poln. ałun, hałun, atschech.
alún (15. Jh.); soweit Formen mit anl. g- auftreten
wie sloven. galûn, golûn neben alûn oder im westl.
Russ. galun, sind dt.-bair. Mdaa. die Quelle (s. u.).
Fraenkel, Lit. et. Wb. 8 f. (alùs; s. auch Zfslav. Ph. 11
[1934], 37 ff.); Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I,
69. — Vgl. J. Sehwers, Zfvgl. Spr. 53 (1925), 108; A.
Senn, Germ. Lehnwortstudien 47. — Vasmer, Russ. et.
Wb. I, 256; Berneker, Slav. et. Wb. I, 28; Miklosich,
Et. Wb. d. slav. Spr. 2; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb.
d. slav. Spr. Nr. 42.
Die lat. Vokabel selbst ist eine -men-Ableit. von
dem St. alu-, der — mit oder ohne Dentalerwei-
terung (idg. *alu-, *alud-, *alut-) — auch der äl-
testen Bezeichnung für (unverhopftes) ‚Bier‘ im
Germ. zugrundeliegt (ae. ealo; anord. ǫl; lit.
alùs, sloven. ól); seine Bedeutung war ‚herb, bit-
ter, durchdringend (oder adstringierend)‘ von
Geschmack oder Geruch, wie sie im ersten
Wortglied einer Hesych-Glosse bestätigt wird:
ἀλύδοιμον ⋅ πικρόν (I, 115 Z. 84). Über den
möglichen Ansatz eines Verbums *alu(i̯)ō s.
Muller, Aital. Wb. 22; R. Thurneysen, IF 21
(1907), 175; zu einem ganz ähnlichen Bedeu-
tungswandel vgl. russ. kvas ‚säuerliches Ge-
tränk‘, pl. ‚Alaun‘, Vasmer, a.a.O. I, 546.
In den Mdaa. von heute gibt es obd. noch eine volks-
tüml. Variante Alet (frühnhd. Alat, Alant); aus Kärn-
ten und Steiermark werden Formen mit anl. g-, wohl
in Anlehnung an die (ebenso bittere) Galle, gemeldet
wie galaun, golau(n) (s. o.). — Schweiz. Id. I, 173; Fi-
scher, Schwäb. Wb. I, 125; Jutz, Vorarlb. Wb. I, 58;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 888; Lexer, Kärnt. Wb. 4;
Unger-Khull, Steir. Wortschatz 263; Kranzmayer,
Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. I, 125.