alahsanAWB m. a-St., daneben wohl auch
*alahsna f. ō-St. (nur einmal belegt, Gl. 2, 623,
13 in der St. Gall. Hs. 292, alem.-frk., 10. Jh.,
mit einem .n. nachgetragen über dem -s-:
alahsna?) ‚Wermut, absinthium‘ (Artemisia ab-
sinthium L.) und wohl auch ‚Wermuttrank‘. —
Dazu kommt noch die erst spät von H. Butz-
mann (PBB 81 [Halle, 1959], 429) verzeichnete
rhein- oder moselfrk. Variante alesina (11. Jh.),
die in ihrer Form sich sehr eng an die mndl. Bil-
dungen anschließt (s. u.).
Ahd. Wb. I, 180; Starck-Wells 19; E. Björkman, Zfdt.
Wortf. 6 (1906), 175; Graff I, 237; Diefenbach, Gl.
lat.-germ. 5 (absinthium). 25; Dt. Wb. I, 260 (Alse[m]);
III, 417 (Els[e]); Kluge²¹ 16 (Alsem).
Das ahd. Wort, dem nhd. (mdartl.) Alsem ent-
spricht und dem man wegen seiner mdartl. wei-
ten Geltung germ. Ursprung beilegen wollte,
wie etwa Zusammensetzung von germ. *alu-
‚Bier‘ oder gar *alah- ‚Tempel‘ mit *-sēman
(sic!) ‚Samen‘ — lautlich wie bedeutungsmäßig
gleich absurd — ist in seiner Herkunft als mlat.
Lehnwort gesichert, und zwar gerade weil seine
heutige dt.-mdartl. Verbreitung zusammen mit
der seines frz. Gegenstückes es jener von Th.
Frings u. a. nachgewiesenen reichbelegten ro-
man.-germ., nordfrz.-linksrhein. Sprachge-
meinschaft zuordnet. Denn so wie afrz. aluisne,
aloigne, nfrz. aluine und ihre sonstigen Varian-
ten in alter und neuer Zeit auf den Norden
Frankreichs eingeschränkt sind oder waren, bis
sie mit wenig Ausnahmen durch das schrift-
sprachlich gelehrte nfrz. absinthe aus dem
Felde geschlagen wurden, so ist nnd. Alsem
samt seinen mdartl. Nebenformen wie alse,
als(t), elsen, else, els mit wenig Ausnahmen auf
den unmittelbar daran anschließenden (Westen
und) Nordwesten des dt. Sprachgebietes sowie
auf das Niederl. (mndl. alsen[e], alsine, als-
[s]en, nndl. alsem) begrenzt geblieben.
Zu abwegigen Deutungen vgl. Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 15.
Luxemb. Wb. I, 21 (Alzem). 74 (Batteralzem); Müller,
Rhein. Wb. I, 129. 727; Crecelius, Oberhess. Wb. 336
(Elsen); Vilmar, Id. von Kurhessen 9. 90 („selten“);
Verdam, Mndl. handwb. 37; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 656; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 62
kennzeichen alsen(e) f. ‚Wermut‘ als Fremdwort. S.
auch die Übersicht bei Marzell, Wb. d. dt. Pflanzenna-
men I, 423 f. — Vgl. außerdem Frings, Germania Ro-
mana² I, 142 f.; Wartburg, Frz. et. Wb. (Neubearb.)
XXIV, 346; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 377; F.
Kluge, Arch. Roman. 6 (1922), 300 f.; Alanne, Dt.
Weinbauterminologie 44.
Kein Zweifel, die gemeinsame Grundform der
frz. und dt. Vokabel ist ein lat. aloxinum oder,
wenn der Ansatz eines f. sg: *alahsna zurecht
besteht (s. o.), ein nom. pl. *aloxina; für frühe
Belege, die das Wort mit absinthius u. ä. identi-
fizieren, s. Corp. gl. lat. III, 587, 24 (aloxinus).
608, 19 (alosanos = alosantos? [< ἁλὸς ἄνθος
‚Salzblüte‘] s. u.). 616, 36 (aloxanos: eine Kom-
promißbildung?), sowie bei Salzer, Reichenauer
Gl. der Hs. Karlsr. 115, 90. Mit oder ohne Laut-
verschiebung spiegelt ahd. -hs- die Aussprache
von -x- als [χs] im Vulgärlatein Galliens wie-
der (s. Grandgent, Vulgar Latin § 266), woraus
sich später mit Assimilation (über -ss-) -s- er-
gab, während der nicht einheitlich durchge-
drungene Palatalumlaut des anl. a- vielleicht
durch das nachfolgende -i- (obgleich mit -a-
wechselnd!) verursacht wurde, wahrscheinli-
cher aber durch Fälle wie mndl. met alsine sape,
„in denen das Subst. unter den Einfluß von
Stoffadj. auf -în- getreten war“ (Frings, a.a.O.).
Soweit sich heute die Endung -em durchgesetzt
hat, ist sie der Analogie zu Dubletten wie nhd.
bodem — boden oder ndl. bliksem — bliksen, droe-
sem — droesen zu verdanken.
Dagegen muß die Etymologie von lat. aloxi-
num weiterhin unentschieden bleiben. Da das
Wort zuerst bei dem griech.-byzant. Mediziner
Anthimus (6. Jh.) in seiner Epistel De observa-
tione ciborum (hrsg. von V. Rose² [1877], Kap.
15) begegnet — auch hier hat die Bamberger Hs.
konsequent aloxanum -, so begnügen sich die
Handbücher noch immer meist mit der An-
nahme einer „ineinandergeschobenen“ Kurz-
form aus gr. ἀλόη ὀξίνης ‚säuerliche Aloe‘ (die
gar von Anthimus, dem Leibarzt der Merowin-
ger, persönlich ins Frankenland verschleppt
worden sein soll), — trotz ungewöhnlicher Rei-
henfolge der Wortglieder und sonstiger Beden-
ken. Und doch sind andere Vorschläge, wie
Kontamination mit mlat. alosanthium (zu alo-
sant[h]us ‚flos salis‘), Du Cange I, 202 (s. v.
aloxinium), Mittellat. Wb. I, 500, und Wiss-
mann bei Marzell, a.a.O. I, 423, oder Zuflucht
zu der vielberufenen Wz. *al- ‚weiß‘ (V. Ber-
toldi, Studi ital. di filol. class., N. S. 7 [1929],
252) u. a. auch nicht zufriedenstellend. Vgl. J.
Jeanjaquet, Gl. de la Suisse romande I, 316 f.;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 32.
S. auch wermuota.