alde konj. ‚oder, entweder, sive, vel, an‘ 〈Var.:
überwiegend alde, je einmal alda, aldo, zweimal
alder〉. Das Wort erscheint erst im 11. Jh. und
kommt außer einem Beleg in der späten
(12. Jh.) Bamberger Beichte (alder) nur im
Alem., bes. bei Notker vor. — Mhd. ald(e), alder,
old(e), older, auf obd. Gebiet weit verbreitet und
auch beim ostmd. Dichter Heinrich von Mo-
rungen belegt. In den alem. und bair. Mdaa.
lange erhalten, aber heute wohl nur noch in der
Schweiz lebendig.
Ahd. Wb. I, 196 ff.; Schützeichel³ 4; Starck-Wells 20;
Graff I, 246 f.; Schade 10; Lexer I, 35; Nachtr. 15
(alde); II, 152 (old[e]); Benecke I, 22; II, 1, 437; Dt.
Wb. I, 203 („findet sich noch bei schweiz. Schriftstel-
lern des 16. und 17. Jh.“). — Schweiz. Id. I, 187 f. (ald,
old, olt, ol); Fischer, Schwäb. Wb. I, 127 f. (ald, old,
alde, alder, older: „Jetzt ist es bei uns .. ausgestor-
ben“); Schmeller, Bayer. Wb.² I, 67 (alder, older).
Das Wort hat keine sichere Etymologie. Die
übliche Ableitung von idg. *al(i)- (**H₂el-) ‚an-
der‘, besonders im Hinblick auf lat. alter (→ al-
les²), ist wegen des späten und begrenzten Er-
scheinens des Wortes, das spätalem. an die
Stelle des gemeinahd. ed(d)o, odo, oder trat (→
edo), unwahrscheinlich (zur Lit. s. oben u.
Weinhold, Alem. Gr. § 317).
Schon 1899 hat W. Horn, PBB 24, 403 ff., ver-
sucht, alde(r) aus *erde(r) (besser: *orde[r];
s. u.) abzuleiten. Wegen der normalen schwa-
chen Betonung von ed(d)o hat es bekanntlich
allerlei vokal. und konsonant. Umgestaltungen
erlitten; Formen mit -rd- statt -d(d)- sind tat-
sächlich belegt; erd(h)o, ordo, order (Ahd. Wb.
III, 57 ff.) und eine weitere Umgestaltung
*orde(r) > *olde(r) > alde(r) wäre nicht ausge-
schlossen. Das Alem. kennt auch sonst l statt r,
wie in chilicha statt chiricha ‚Kirche‘ (seit dem
9. Jh.). Vgl. Braune, Ahd. Gr.¹³ § 120 Anm. 1;
Schatz, Ahd. Gr. § 258; Weinhold, Mhd. Gr.²
§ 153. 211. Auch a für o ist im Alem. nicht un-
bekannt. (Weinhold, Alem. Gr. § 11; u. a. ader
für oder); ad(d)o kommt auch ahd. ein paarmal
vor (Ahd. Wb. III, 57 ff.). Da die Formen von
‚oder‘ in vielen Mdaa. von dem Wort ‚aber‘ be-
einflußt wurden — das -r- in oder stammt ja von
aber -, könnte das a- in alde auch dort seinen
Ursprung haben; in der Schweiz gab es sogar in
der älteren Sprache die Zss. aldaber, alaber
‚oder, aber‘ (Schweiz. Id. I, 40. 187).