anka¹AWB f. n-St. ‚Hinterhaupt, Nacken, occipi-
tium, testa‘; (einmal) ‚Glied, membrum‘ 〈sechs
Belege in den Gl., alle obd. (vielleicht außer ei-
nem), viermal mit -ch- geschrieben, einmal je
mit -c- und mit -h- für die gutturale Affrikata
nach n; s. Braune, Ahd. Gr.¹³ § 144 und Anm. 2
und 4〉. — Mhd. anke wird bei Lexer und Be-
necke als sw.m. angesetzt; in der Gegenwarts-
sprache wird Anke, das nur noch regional gilt,
mit schwankendem Genus gebraucht (s. u.).
Ahd. Wb. I, 528 f.; Starck-Wells 29; Graff I, 345;
Schade 20; Lexer I, 74; Benecke I, 46; Dt. Wb. I, 378;
Kluge²¹ 166.
Formal gehört hierher auch das nur einmal (in der
sehr fehlerhaften Hs. Clm. 14689) belegte ahd. en-
chun = talos ‚Fußknöchel‘ akk. (dat.?) pl., Gl. 1, 419,
25 (11./12. Jh., bair./alem.), falls nicht Verschreibung
für das ahd. enchilun der Parallelhs. Wien 2723 vor-
liegt. Kontamination aus anka und enkil, wie Ahd.
Wb. III, 294 vorgeschlagen wird, ist wenig überzeu-
gend; viel wahrscheinlicher der Ansatz einer -jōn-Va-
riante enka (< *ank[k]jōn). Dem wäre formal am
nächsten verwandt das nur einmal in der anord. Skal-
dik im Sinne von ‚Ferse‘ belegte ekkja (< *ankjōn),
dessen Homonym ‚Witwe‘ bedeutet (< *ain[a]kjōn)
und so den Dichter Egill zu einem Wortspiel gereizt
hat (Lausavísa 46, 5—8 und Snorra Edda I, 536; vgl.
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 227; Vries, Anord. et. Wb.²
99).
Entsprechungen von ahd. anka im Sinne von
‚Genick‘ finden sich weder im Andd., Andfrk.,
Aengl. noch Anord., während etym. nahver-
wandte Bildungen auf -al-, -il-, -ul- mit der
Bed. ‚Knöchel, Fußgelenk‘ ungleich weiter ver-
breitet sind (→ ankala, enkil); auch got. *hals-
agga = τράχηλος ‚Hals, Nacken‘ (für überlie-
fertes bals-), das auf urg. *ang- (< idg. *angh-
oder *ank-´) zurückführt, ist fernzuhalten (ver-
fehlt sind Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 242 und
Streitberg, Urg. Gr. 125, die beide ahd. anka
auf dieselbe idg. Wz. *ank-´ zurückführen wie
got. *hals-agga).
Außergerm. Verwandte von ahd. anka ‚Genick‘,
für das eine idg. Basis *ang- (**H₂eng-) ‚bie-
gen‘ anzusetzen ist, machen z. T. Schwierigkei-
ten hinsichtlich der Bedeutung. Am plausibel-
sten scheint noch Anschluß an aind. áṅgam
‚Glied‘ nebst aṅgúli-, aṅgúri- ‚Finger, Zehe‘, av.
angušta- ‚dss.‘, wohl auch arm. angiun, ankiun
‚Winkel, Ecke‘, lat. angulus, aksl. ǫg(ъ)lъ ‚dss.‘;
aber die immer wieder zitierten, über die Bed.
‚Hinterkopf, Schädel‘ vermittelten (J. Scheftelo-
witz, BB 28 [1904], 150; O. Schrader, Zfvgl.Spr.
30 [1890], 461) gr. Vokabeln ἄγγος ‚Eimer,
Schale‘ und ἀγγεῖον (< *ang-es-i̯on) ‚Gefäß‘
werden heute meist als entlehnte Mittelmeer-
wörter oder als schlechthin „etym. dunkel“ be-
zeichnet und aus ähnlichen Überlegungen her-
aus gesteht man auch dem (m)ir. aigen (Neben-
form von *aingen), Gl. für patella ‚Pfanne‘,
nicht weiterhin idg. Herkunft zu.
Walde-Pokorny I, 38. 60 ff.; Pokorny 46 f.; Mayrho-
fer, K. et. Wb. d. Aind. I, 21; Bartholomae, Airan. Wb.
130 f.; Hübschmann, Arm. Gr. 419; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. I, 48 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. III, 171;
Frisk, Gr. et. Wb. I, 8; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 6. 352;
Chantraine, Dict. ét. gr. 8 f.; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. A—28.
Mdartl. lebt das ahd. Wort anka mit der Bed. ‚Ge-
nick‘ vor allem im Schwäb. und Rhein., vereinzelt
auch noch im Hess., Thür., Westfäl. fort, s. Fischer,
Schwäb. Wb. I, 223 f. (fem., selten m.); Ochs, Bad.
Wb. I, 53; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr.
I, 246 (f. auch m. „in gegenwärt. Mda. †“); Foll-
mann, Wb. d. dt.-loth. Mdaa. 10; Müller, Rhein. Wb. I,
194; Christmann, Pfälz. Wb. I, 251; Vilmar, Id. von
Kurhessen 12; Hertel, Thür. Spr.schatz 60; Westf. Wb.
I, 170. Vgl. auch Mitzka-Schmitt, Dt. Wortatlas IV,
Karte 15.