anstAWB f. i-St. ‚Gunst, Gnade, Dank, gratia‘; da-
mit ablautend unst f. i-St. ‚dss.‘; auch in den
Verbindungen abanstAWB, abunstAWB ‚Mißgunst, Neid,
invidia, livor, zelus‘ und mit einem anderen Suf-
fix abantAWB, vielleicht auch *abunt (abutes Lor-
scher Beichte: Kl. ahd. Spr.denkm. 323, 5/6 und
Anm. 6, mit nachträglich übergeschriebenem s)
‚dss.‘. — Mhd. anst, ganst (< *ge-anst), abunst,
gunst, gunt. — Nhd. Gunst.
Ahd. Wb. I, 9 f. 11. 25 f. 533 f.; Schützeichel³ 1. 8.
214; Starck-Wells 13. 14. 29. 673; Graff I, 269 ff.;
Schade 1. 3. 21. 1046; Lexer I, 17. 78. 736. 1120; II,
1940; Nachtr. 28; Benecke I, 31. 33; Dt. Wb. IV, 1. 6.
1104 ff.; Kluge²¹ 277.
Die anderen germ. Sprachen bieten mehrere
Parallelbildungen: aus germ. *ansti- (= ahd.
anst): as. anst f.; ae. ēst m.f. (me. ēste); aisl. st,
ást f.; got. ansts; aus germ. *unsti- (= ahd.
unst): as. aunst f.; mndd. gunst f.m.; mndl.
gonst(e), gunst; nndl. gunst; — afries. enst, -st
(in evst ‚Mißgunst‘) läßt sich ebensogut auf
*ansti- wie auf *unsti- zurückführen (*ans >
*ōs > ēs [i/j-Umlaut]; *uns > ūs > ēs; vgl.
Steller, Abr. d. afries. Gr. § 5 und Anm. 1, § 11, 1.
§ 17, 2; Helten, Aostfries. Gr. § 42); — aus germ.
*unđi- (= ahd. *abunt[?], mhd. gunt): aisl.
ǫfund f. ‚Mißgunst‘ (nisl. öfund, nnorw. avund,
ovund, nschwed. avund, ndän. avind); run.
norw. afunþR (< germ. *-unþi-).
Fick III (Germ.)⁴ 14; Holthausen, As. Wb. 3; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 33 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 14; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. II, 188; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. II, 167; Verdam, Mndl. handwb. 227;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 221 (s.v. gunnen); Vries,
Ndls. et. wb. 226; Holthausen, Afries. Wb. 20. 23;
Richthofen, Afries. Wb. 708. 723; Holthausen, Ae. et.
Wb. 244 (s.v. œ̄st); Bosworth-Toller, AS Dict. 259;
Suppl. 194; ME Dict. E—F, 264 f.; OED III (E), 301
(este); Vries, Anord. et. Wb.² 16. 685; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 30 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 7.
356; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 37. 1332 (unde);
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 43 f.; Feist, Vgl. Wb. d. got.
Spr. 53; Seebold, Germ. st. Verben 79 f.; Collitz, Schw.
Prät. § 23. 28.
Die Etymologie ist umstritten; ziemlich fest
steht nur, daß alle Formen von der Wz., die in
dem ahd. Verb unnan (sg. an) prät.-präs. ‚gön-
nen‘ (s.d.) vorkommt, abgeleitet sind, obgleich
auch diese Behauptung manchmal in Frage ge-
stellt worden ist (s. unten). Diese Wz. ist wohl
germ. *an-, *un- (oder *ann-, *unn-; s. unten),
von der *ansti-, *unsti- mittels des Kongluti-
nats *-s-ti- abgeleitet sind (zur Bildung s. Brug-
mann, Grdr.² II, 1 § 326; Kluge, Nom. Stammbil-
dung³ § 129 [der aber anst usw. anders erklärt];
H. Krahe, PBB 71 [1949], 239 f.).
Nach E. Hamp (briefl.) handelt es sich eher um eine
Mischung von zwei verschiedenen Verbalabstrakten:
Simplex *anstu-: Zss. *-unsti-. Zu ähnlichen Paaren
(Simplex auf *-tu- mit vollem Stammvokal: Zss. auf
*-ti- mit Schwundstufe) in anderen idg. Sprachen s.
Hamp, Ériu 27 (1976), 10 ff.
Unter Annahme einer idg. zweisilbigen Basis
*onā- (**H₃eneH₂-) ist Anknüpfung an gr.
ὀνίνημι ‚nützen, helfen, frommen‘, Medium
‚Nutzen, Vorteil haben, sich erfreuen, genießen‘
wahrscheinlich (Wz. *ονά-; vgl. Hübschmann,
Idg. Vokalsystem 178; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴
703 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 803). Dazu viel-
leicht aind. nāthá- n. ‚Hilfe‘ (? vgl. Frisk, Gr. et.
Wb. II, 395; Chantraine, a.a.O. 803; Walde-Po-
korny II, 315; Pokorny 754; J. Wackernagel, Kl.
Schriften II, 946; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind.
II, 151 f.). Diese Etymologie wurde von S. Feist,
PBB 15 (1891), 546 und noch Vgl. Wb. 53 ent-
schieden abgelehnt, da das lange ā der zweiten
Silbe im Germ. keine Entsprechung habe. Je-
doch sind die germ. Formen eigentlich regel-
rechte Entsprechungen der von Hirt Idg. Gr. II,
§ 138. 147 postulierten Vollstufe I bzw. Reduk-
tionsstufe einer idg. zweisilbigen Basis: Voll-
stufe I germ. *an- < *ón(ǝ) (nach Hirt § 138
schwindet ǝ regelmäßig in dieser Ablautstufe im
Germ.), Reduktionsstufe *un- < *(ь)nǝ-. Die
Pl.formen des Verbs unnan (unnum usw.) sind
nach Brugmann, Grdr.² II, 3, § 247; ders., PBB
39 (1913—14), 89 f. alte Präs.formen der neu̯-,
nu-Klasse, germ. *unnum-; Sg. an(n) ist in
Analogie zu den anderen Prät.-Präs. entstan-
den.
E. Seebold hat unlängst gemäß seiner Theorie
der Herleitung der germ. Sonantengeminaten
aus Verbindungen mit idg. *ǝ eine germ. Basis
*ann- (< *onǝ oder *ǝ₃enǝ₂), *unn- (< *[ь]nǝ
oder *ǝ₃nǝ₂) angesetzt; so brauchte man nicht
zu einer analogischen Erklärung der Verbalfor-
men zu greifen (Zfvgl.Spr. 80 [1965], 277 f.;
Germ. st. Verben 80).
Weniger wahrscheinlich ist die in vielen Wörterbü-
chern (darunter Walde-Pokorny I, 68; Pokorny 47;
Boisacq, a.a.O. 69; Vries, Anord. et. Wb.² 635 s.v.
unna) und bei Brugmann, Grdr.² II, 3, § 247 zu fin-
dende Anknüpfung an gr. προς-ηνής ‚freundlich‘, ἀπ-
ηνής ‚unfreundlich, hart‘ (*-ανσης[?]), wobei eine
idg. Basis *ans- angesetzt wird. Urg. *ansti-, *unsti-
wären dann als gewöhnliche ti-Abstrakta zu fassen
(zur Bildung s. Kluge, Nom. Stammbildung³ § 128;
Wilmanns, Dt. Gr. II, § 254 f.), aber die s-losen For-
men wie aisl. ǫfund, mhd. gunt könnten dann nur ana-
logische Neuschöpfungen sein. Es besteht jedoch
kein zwingender Grund, das s als einen Teil der
Grundform anzusehen. Auch paßt germ. *ansti-
nicht zu den normalen ti-Abstrakten, die regelmäßig
schwundstufig sind (wie z. B. aisl. ǫfund). Jedenfalls
ist die Herleitung von einer idg. Basis *ans- kaum
möglich, da die germ. Abstufung *ans-: *uns- die ei-
nes Verbs der e-Reihe zu sein scheint und eine idg.
Wz. *ens-: *ons-: *s- voraussetzen würde. Vgl. See-
bold, a.a.O.; Feist, a.a.O.
Nach Seebold, Germ. st. Verben 80 ließe sich die unre-
gelmäßige o-Stufe in *ansti- vielleicht dadurch erklä-
ren, daß das Wort urspr. eine Abstraktbildung zur
Verbalwz. *an- ‚atmen‘ (→ anado) war, die dann an
*ann-, *unn- angeschlossen wurde. Da aber solche
-sti-Bildungen sekundär sind, ist eine genaue Anpas-
sung an die urspr. Ablautsverhältnisse nicht immer zu
erwarten (vgl. Collitz, a.a.O. § 23; J. Sverdrup, IF
[Anz.] 35 [1915], 6 und Anm. 1). Verfehlt Collitz,
a.a.O. § 28, der aisl. ǫfund zu aisl. ǫnd ‚Atem‘ und da-
her auch zur Wz. *an- ‚atmen‘ stellt.
Hierher nach F. Kluge, Zfdt. Wortf. 9 (1907), 317 und
noch W. Meid, IF 69 (1964), 250 f. die germ. Götter-
namen aisl. Áss, Óss, lat.-got. anses (pl.), ae. ōs; ahd.
ansi-, ans-, as. ās-, ōs- (nur in PN) = ‚der Gnädige‘,
aber sehr zweifelhaft. S. Vries, Anord. et. Wb.² 16;
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 52 f.; Devlamminck-Juc-
quois, Compléments aux dict. ét. du got. 63 ff. Zu den
ahd. PN, Förstemann, Adt. Namenbuch2—3 I, 120 ff.;
Graff I, 387 f.
Über andere verfehlte Erklärungen vgl. Feist, a.a.O.
53.
S. auch ginâda, unnan.