arawûn
Volume I, Column 311
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arawûnAWB, arwûn adv. erfolglos, ohne Lohn,
umsonst, vergeblich, gratis, in cassum, frustra
,
nur in Gl. belegt (dreimal) und zwar aus-
schließlich in Rd-Jb und Murb. H., Anfang 9.
Jh., alem. In dieser Form später nicht mehr be-
zeugt, dafür aber noch bis zum 12. Jh. in der
Erweiterung ara-AWB, arwingûn, daneben zweimal
arawingonAWB, Gl. 2, 230, 16 und 1, 1467, 2, wo Ra
arwigom überliefert (wie öfter, steht -ig- für
-ing- [oder -iŋ-?] und ausl. -m ist wohl umge-
kehrte Schreibung für -n, veranlaßt durch den
gleichzeitigen Wandel [um 900] der meisten
ursprl. ausl. -m zu -n, so Koegel, Keron. Gl.
57 ff.; Schatz, Ahd. Gr. § 272. 281); außerdem
einmal arawinguAWB Alem. Ps. 294, 8 (um 820), das
nach Steinmeyer, Fn. 6 zur Stelle, viell. nicht zu
-un ergänzt werden darf, da nichts dahinter er-
loschen scheint (s. u.), sowie das Verbum ara-
wingônAWB
vereiteln, frustrare.

Ahd. Wb. I, 618 ff.; Schützeichel³ 10; Starck-Wells
32 f.; Graff I, 429; Schade 24; vgl. auch Grimm, Dt.
Gr.a II, 338; III, 225 ff. Zum Sproßvokal -a- s.
Braune, Ahd. Gr.¹³ § 69.

Zur Endung -ûn âbandûn. Die Endungen
-ingûn und -ingon sind Erweiterungen, die sich
durch falsche Abtrennung von Nominalbil-
dungen auf -ing- ergaben, aber schon früh auch
ohne solche Vermittlung in weiteren Gebrauch
gekommen sind. Während sie dem Anord. ganz
fehlen und im Got. nur einmal durch eine auf
-o ausgehende Bildung unweniggo (ae. unwē-
ningu) unverhofft vertreten sind, herrschen im
Ahd. die Formen auf -ingûn, -ingon vor, die sich
teilweise noch in mhd. -ingen (væringen < fâ-
ringûn subito) fortsetzen, bis sie durch Bildun-
gen mit dem Konglutinat -lings verdrängt wer-
den. Das einmal belegte arawingu wird man
doch wohl als adverbial gebrauchten erstarrten
instr. sg. verstehen müssen, wie allu werku sum-
mopere
u. a. Vgl. Kluge, Nom. Stammbildung³
§ 159 c Anm.; Wilmanns, Dt. Gr. II § 449, 2; Eh-
ret, Instr. im Ahd. 60 und 66 f.

Viel weniger befriedigend ist die Erklärung des
Wortstammes ar(a)w-. Zwar fehlt es innerhalb
des Germanischen nicht an formalen Entspre-
chungen sowie an Bed.übertragungen ähnlich
denen des ahd. Worts, wie as. aru bereit, fertig,
reif (zum Ernten)
Hel. (Cott.) 2567, ae. earu
hurtig, bereit, schnell und dazu earwunga adv.
umsonst, das semantisch dem ahd. Wort am
nächsten kommt; aisl. rr (pl. rver Noreen,
Aisl. Gr.⁴ § 430) rasch; freigebig, mit -w-Um-
laut aus urg. *arw-az, vgl. das lapp. Lehnwort
ārvas (mit nachträglicher Dehnung des anl. a-,
Thomsen, Einfluß d. germ. Spr. 131), rt reich-
lich
, nisl. ör (örv-) schnell, leichtbeweglich, be-
reit, freigebig
; got. arwjō = δωρεάν, adv. zu
*arw-j-az, unverdient, geschenkweise, ohne Be-
zahlung
, auch dies dem ahd. arawingûn bedeu-
tungsmäßig sehr nahestehend; s. Grienberger,
Unters. z. got. Wortkunde 29 f.

Fick III (Germ.)⁴ 17; Holthausen, As. Wb. 4; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 35; Berr, Et. Gl. to Hel. 36; Holthausen,
Ae. et. Wb. 86; Bosworth-Toller, AS Dict. 235; Suppl.
47; Vries, Anord. et. Wb.² 688; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 359; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 67. 225;
Torp, Nynorsk et. ordb. 478; Blöndal, Isl.-dansk ordb.
1003; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 58.

Ja, für einen Ansatz urg. *arw-(j-)az mit der
Bed. schnell, bereit, fertig und dem übertr.
Sinne von freigebig, vergeblich, unentgeltlich
fehlt es auch außergermanisch nicht an forma-
lem Anschluß, nur daß die übertr. Bedeutun-
gen, wenn überhaupt, sich nach ganz anderen
Richtungen hin entwickeln: aind. árvā- m. Ren-
ner
, óti bewegt sich; airan. aurva- adj.
schnell, aurvant- tapfer; gr. ὄρνῡμι, ὀρούω
etc. stürme los; lat. ruō dss.; air. rūathar
(< *re-tro-) Ansturm, kymr. ruthr dss.; un-
ter russ. or’ Roß (veraltet) wird die germ.
Sippe, nicht ohne Bedenken, herangezogen,
Vasmer, Russ. et. Wb. II, 279; lit. dial. árvas
frei, apreuß. arwis wahr, gewiss (eigtl. losge-
lassen, rückhaltslos
); toch. A ārwar, B ārwer
(mit nachträglich gedehntem anl. ā-) bereit,
fertig
; arm. ereg, areg (< *erewo-) schnell
(Mitt. von O. Haas an Pokorny); heth. arnu- in
Bewegung setzen
(s. auch H. Rix, Mü. Stud. z.
Spr.wiss. 27 [1970], 100). Diese lassen sich al-
lesamt nach Hirt, Idg. Ablaut § 483 (vgl. auch
Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 284 ff.), unter eine
idg. Basis *ere- vereinigen; doch fehlt es an
überzeugenden Parallelen für den Bedeutungs-
wandel, wie er in den ahd. und germ. Vokabeln
sowie in den formal naheliegenden Entspre-
chungen anderer idg. Sprachen zutage tritt.

Walde-Pokorny I, 136 ff., bes. 141; Pokorny 326 ff.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 52; Bartholomae,
Airan. Wb. 200; Frisk, Gr. et. Wb. II, 422 ff.; Boisacq,
Dict. ét. gr.⁴ 73; Chantraine, Dict. ét. gr. 823 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 453. 222 (orior); Vendryes,
Lex. ét.de l’irl. anc. R49; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt.
Spr. I, 134; Fraenkel, Lit. et. Wb. 15 f.; ders., Zfslav.
Phil. 21 (1951), 138 ff.; Trautmann, Apreuß.
Spr.denkm. 303; Windekens, Le tokharien I, 169 und
§ 33; Tischler, Heth. et. Gl. 64; Puhvel, Hitt. Et. Dict.
III, 167.

Irrigerweise hat man sich immer wieder durch den
äußerlichen Anklang verlocken lassen, das weiterhin
unerklärte gr. ἀραιός dünn, schwach, schlank heran-
zuziehen, obgleich schon F. Sommer in seinen Griech.
Lautstudien 114 dargetan hatte, daß das Wort nach
Ausweis der homer. Metrik mit Digamma anlautete.
Innerhalb des Germ. sollte die formale Ähnlichkeit
von anord. ørr Narbe (< *arwiz, davon finn. arpi)
nicht dazu verführen, die beiden Wörter aus dersel-
ben idg. Wz. herzuleiten. Das gleiche gilt für den An-
schluß von ae. arod schnell, kühn, bereit, anord.
rðugr hoch, steil; heftig (zu lat. arduus? s. Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 64 f.) und erst recht für R.
Meringers haltlose Kombinationen mit der Wz. *ar-
ackern, IF 18 (1905), 248 f. Aber auch von den wie-
derholten Versuchen, ahd. garo und seine Verwand-
ten auf synkopiertes *ga-arw-az zurückzuführen (so
E. Wadstein, IF 5 [1895], 26; F. Kauffmann, PBB 20
[1895], 530 f.; Persson, Beitr. z. idg. Wortf. I, 290; II,
774. 840; und ältere Aufl. von Kluge, Et. Wb.) ist man
abgekommen, da auch nichtahd. gutbezeugte Formen
wie runisch garuR ausgerüstet (Inschrift von Rök,
um 800) zeitlich weit zurückliegen und samt ihrer
Sippe semantisch zu sehr differieren. garo.

S. auch ardingûn.

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