avurAWB, avarAWB adv. und konj. ‚wieder, abermals;
jedoch, aber, sondern; und auch‘ 〈Var.: afur,
afar; auuar; aber, abir, abo [Williram] u. ä.〉. —
Mhd. aber, ab(a), md. ave(r); nhd. aber.
Ahd. Wb. I, 700 ff.; Schützeichel³ 2; Starck-Wells
37 f.; Graff I, 177 ff.; Schade 4; Lexer I, 11; Benecke
I, 72 f.; Dt. Wb. I, 29 ff.; Kluge²¹ 2; zur Verteilung der
verschiedenen Formen über die Mundarten und
Denkmäler vgl. Ahd. Wb. I, 700; zu b, uu neben f, v:
Braune, Ahd. Gr.¹³ § 139 und Anm. 2. 5. 6.; zum Ver-
lust von r: Schatz, Ahd. Gr. § 265; Paul, Mhd. Gr.²⁰
§ 82, Anm. 5. — S. auch G. Wolfrum u. E. Ulbricht,
PBB 81 (Halle, 1959), 215 ff.; J. Voyles, Zfvgl. Spr. 90
(1977), 274.
Die ahd. Formen auf -ar und -ur sind nicht als
einfache ahd. Varianten zu betrachten (wie z. B.
abuh, abah), sondern als Fortsetzungen zweier
urg. Grundformen *afar- und *afur-. Zur er-
sten gehören auch as. aaro, auaro m. n-St.
‚Nachkomme‘; mndd. āver, ōver, ēver ‚aber-
mals; aber‘; got. afar präp. und adv. ‚nach,
nachher‘, *afara (nur dat. pl. *afaram, Konjek-
tur für afar Luk. 1, 5) ‚Nachkomme‘; vielleicht
auch aisl. afar adv. und präf. ‚sehr, besonders‘
(s. u.); zur zweiten ae. eafora, afora (< *afurō-
mit u-Umlaut des a; vgl. Sievers-Brunner, Ae.
Gr.³ § 108, 1 und Anm. 1. 109 Anm. 1) ‚Nach-
komme‘; aisl. aur- (< *afur-) präf. ‚unterer,
hinterer‘ wie in aurborð ‚zweite Schiffsplanke
vom Kiel‘ usw.
Fick III (Germ.)⁴ 15; Holthausen, As. Wb. 4; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 1; Berr, Et. Gl. to Hel. 14; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 131; Holthausen, Ae.
et. Wb. 83; Bosworth-Toller, AS Dict. 226; Vries, A-
nord. et. Wb.² 2. 20; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 20 f.;
Fritzner, Ordb. over d. g. norske sprog 10; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 3 f. — S. auch G. Schmidt, Germ. Adv.
§ 238 ff.; G. Krömer, PBB 84 (Halle, 1962), 91.
Urg. *afar- stellt wie aind. ápara- ‚hinterer, spä-
terer, folgender‘, adv. aparám ‚nachher, später‘;
av., apers. apara-, adv. -ǝm, -am ‚dss.‘ eine idg.
Komparativbildung *ap-ero zu *apo dar (→
aba und vgl. ubar). Urg. *afur- geht wohl auf
idg. *apu-ro zurück (zu *apu neben *apo →
abuh).
Aisl. afar wird oft wegen der abweichenden Bedeu-
tung von dieser Sippe getrennt und zu got. abrs
‚stark, heftig‘ gestellt (so Feist 1 f.; Pokorny 2; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 38, s. v. avl 1; Fick III
[Germ.]⁴ 16 u. a.), was aber phonologisch problema-
tisch ist (vgl. aisl. afr- = got. abrs; s. u.). Lidén, Stud.
z. aind. u. vgl. Spr.gesch. 74 ff., hat versucht, den Be-
deutungsunterschied zwischen aisl. afar und ahd.
avar, got. afar dadurch zu überbrücken, daß er auf
aind. ápara- hinwies, das auch ‚absonderlich, außerge-
wöhnlich‘ bedeuten sollte; aber diese dann von Brug-
mann, Grdr.² II, 1, § 237 und Walde-Pokorny I, 49 zi-
tierten Bedeutungen sind weder bei Böhtlingk und
Roth, Skt. Wb. I, 285 f., noch bei Monier-Williams,
Skt.-Engl. Dict. 50 belegt (das bei Monier-Williams
tatsächlich vorkommende a-para ‚having nothing
beyond, having no superior‘ besteht aus der Privativ-
partikel a- + pára ‚far, beyond, superior, usw.‘).
Überzeugender wirken germanische Vergleiche, wie
aisl. af- als intensivierendes Präfix, in af-gamall ‚sehr
alt‘, af-drykkia ‚übermäßiges Trinken‘ usw. (Lidén,
74 ff.; A. M. Sturtevant, Mod. Philol. 25 [1927],
144 ff.). Nach Sturtevant bedeutete af- urspr. ‚away
from (the normal)‘, afar- nur etwas verstärkt ‚farther
away (than usual from the normal)‘; vgl. afar-kostr
‚schwere Bedingung, Strafe‘, afar-orð, afar-yrði ‚über-
mütige Worte‘. Man könnte auch mhd. aber- in aber-
âhte, aber-ban ‚proscriptio superior‘ (nicht verderbt aus
ober- wie Lexer I, 11; Dt. Wb. I, 32), aber-ane ‚Ur-
großvater‘ heranziehen (Wilmanns, Dt. Gr. II,
§ 422, 2: aus der Bedeutung ‚wiederum‘?).
Got. abrs ‚stark, heftig‘, abraba ‚sehr‘ gehören nicht
hierher (wie Lidén, 74 ff. und Brugmann, Grdr.² II, 1
§ 237), sondern wohl zu aisl. afr- präf. ‚stark‘ in
afrhendr, afrendr ‚mit starker Hand‘ (auch vielleicht
afr adj. ‚stark‘, Konjektur für hs. aþr, Hymiskviða 12
(Edda); vgl. Vries 2; Heggstad, Gamalnorsk ordb. 6).
Außergerm. Beziehungen sind sehr unsicher; vgl. bes.
Feist 1 f. (Lit.); Vries 2 f.; Walde-Pokorny I, 177 f.;
Pokorny 2.
Fernzuhalten ist auch (trotz Fick III [Germ.]⁴ 15;
Vries 2; Karsten, Germ.-finn. Lehnw. 120 f.) aisl. afr
m. ‚eine Art Getränk‘ (nur in der Egilssaga). Urg.
*afara- hätte nicht aisl. afr, sondern *afarr ergeben (s.
Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 155. 156; vgl. aisl. hamarr, finn.
Lehnw. hamara); auch die Bedeutung ‚Nachgebräu‘
(Fick III, Vries) scheint nur um der Etymologie willen
erfunden zu sein: vgl. Fritzner I, 15 ‚et Slags Drikk,
unvist hvilket‘ (vgl. auch V. Pisani, Paideia 13 [1958],
192).
Ob ae. ōfer, mhd. uover, nhd. Ufer = gr. ἤπειρος, dor.
ἄπειρος eine Dehnstufenbildung zu idg. *apero- dar-
stellt (so Specht, Urspr. d. idg. Dekl. 23), ist zweifel-
haft; vgl. Frisk, Gr. et. Wb. I, 640; Walde-Pokorny I,
47; Pokorny 53; Kluge²¹ 801; Darms, Schwäher u.
Schwager 336 f.
Walde-Pokorny I, 49; Pokorny 54; Mayrhofer, K. et.
Wb. d. Aind. I, 38; Bartholomae, Airan. Wb. 76 f.;
Brugmann, Grdr.² II, 1, § 237.