bîaAWB f. n-St., nur in Gl. ‚Biene, apis‘; einmal
‚Bremse, orestes‘ (statt oestrus), pl. bîgin, -en
(mit -g- als hiatustilgendem Gleitlaut). — Mhd.
bîe sw. f., daneben bîe st. n., letzteres im Sinne
von ‚Bienenschwarm‘ (s. u. Mdaa.). — Nhd. beie
f., das aber heute nur noch mdartl. im Ge-
brauch ist (s. u.), in der Hochsprache ver-
drängt durch Biene (→ bini).
Ahd. Wb. I, 992 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 63; Starck-
Wells 50. 792; Graff III, 12 f.; Schade 59; Lexer I,
266; Benecke I, 116; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 40;
Dt. Wb. I, 1367; Kluge²¹ 75; Kluge²² 83; Pfeifer, Et.
Wb. 168; Trübners Dt. Wb. I, 330. Vgl. auch Grimm,
Dt. Gr.a III, 363 f.; Schrader, Reallex. d. idg. Alt.² I,
139 ff.
Ahd. bîa hat Entsprechungen in fast allen germ.
Dialekten: as. bī (meist in Zss.), mndd. bīe,
beie; mndl. bie f., nndl. bij f.; nnordfries. bie,
bye; ae. bēo, bīo f. (< *bīōn-, s. Sievers-Brun-
ner, Ae. Gr.³ § 114, 2), northumbr. bīa, me. bẹ
n., auch bee, beo, by (pl. be[e]n, beon, be[e]s,
beis), ne. bee; anord. bý n. (meist býfluga), ana-
logisch zur Pl.form bý (< *bīu) statt bí, vgl.
aschwed. bī (Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 77, 6), nnorw.
bi(e), ndän. nschwed. bi n.
Fick III (Germ.)⁴ 217; Holthausen, As. Wb. 7; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 153. 204 f. 272;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I, 231; Verdam, Mndl.
handwb. 97; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 64; Vries,
Ndls. et. wb. 57; Outzen, Gl. d. fries. Spr. 23; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 24; Bosworth-Toller, AS Dict. 84;
Suppl. 78; ME Dict. A—B, 675; OED² II, 54; Oxf.
Dict. of Engl. Et. 84; Vries, Anord. et. Wb.² 66; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 630; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 30; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 71;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 91; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 23; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 41.
Sieht man sich nach außergerm. Zs.hängen um,
so zeigt sich, — wie vielfach bei den Bezeichnun-
gen von Objekten, die eng mit den täglichen Be-
dürfnissen früherer Zeiten verwoben sind, — daß
der Name der ‚Biene‘ in den idg. Einzelsprachen
von ganz verschiedenen Wortstämmen gebildet
und nur in den benachbarten Idiomen eines idg.
Teilgebiets auf dieselbe Basis zurückzuführen
ist, nämlich im Germ., Kelt. und Balt.-Slav. (zu
einem umstrittenen lat. Verwandten s. u.).
So stellen sich zu einem idg. *bhei̯-: *bhi-, der
Ausgangsform für ahd. bî-a (sowie bîna und
mit Ablaut bini, s. d.) im Kelt. die k-Erweite-
rungen air. bech ‚Biene‘ (zur Verbreitung s. H.
Wagner, Zfvgl. Spr. 76 [1959], 81 ff. und E.
Hamp, Ériu 22 [1971], 184 ff.), akymr. beg-
eg(y)r ‚Drohne‘, die auf eine Grundform
*bhi-k-os zurückgehen dürften (s. W. Stokes,
Zfvgl. Spr. 40 [1905—06], 245); dagegen auf
*bhe-k-os nach Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr.
I, 88. 537; aber A. Heiermeier (Idg. Etym. d.
Kelt. I, 82 ff.) hat doch zuletzt wieder Gründe
für eine Grundform *bhi-k-os geltend gemacht;
sie verwirft auch Meyer-Lübkes Ansatz von
„gall. bekos“ (Rom. et. Wb.³ Nr. 1014); dagegen
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B-24 f.
Im Slav. ergibt sich eine Grundform mit zweifa-
cher Erweiterung, -k- und (wohl dimin.) -l-,
idg. *bhikelā, wie etwa in aksl. bьčela (neben
bъčela, s. Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. z. d.
aksl. Texten 10. 14; Genaueres zu den Varianten
bei A. Meillet, MSLP 14 [1906-08], 362 f.
476 ff.), russ. bulg. pčelá, poln. pszczoła, s. Meil-
let a. a. O.; Fraenkel, Gött. Gel. Anz. 8 (1935),
294. Allerdings konkurriert damit, wie schon
durch die aksl. Nebenform nahegelegt, ein An-
satz urslav. *buk-, in dem man eine onomato-
poetische Bildung der Sippe russ. bučat’ ‚sum-
men, sumsen‘, bučen’ ‚Hummel‘ hat sehen wol-
len (s. Fick I [Idg.]⁴ 490; K. F. Johansson, Zfvgl.
Spr. 36 [1900], 358; A. Brückner, ebd. 50
[1922], 179; Vondrak, Vgl. slav. Gr.² I, 438;
E. Fraenkel, a. a. O.); aber schon Berneker, Slav.
et. Wb. I, 116 ließ die Frage offen, und begrün-
dete Zweifel wurden von Sadnik-Aitzetmüller,
Vgl. Wb. d. slav. Spr. 482 (Nr. 374) vorge-
bracht.
Im Baltischen erscheint die Wz. *bhei̯-: *bhi-
mit einer Dentalerweiterung in den Wörtern lit.
bìtė, bitìs f., lett. bite, apreuß. bitte (Elb. Voc.
787), denen man vielleicht noch das erste
Komp.glied in akymr. byd-af ‚Bienenstock; wil-
der Bienenschwarm‘ beigesellen muß.
Die Herkunft von lat. fūcus ‚Biene‘ ist umstritten: es
könnte hierhergehören, wenn es auf idg. *bhoi̯-kos
zurückgeht (denn trotz Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
I, 555 f. hätte diese Lautform nicht zu lat. *foecus wer-
den müssen; vgl. Leumann, Lat. Laut- u. Formenlehre
60 f. 65 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 258); es
könnte aber ebensogut auf idg. *bhou̯-ku̯os weisen
(vgl. ae. bēaw ‚Bremse‘ und s. Walde-Hofmann,
a. a. O.; Pokorny 163).
Weitere Anknüpfungen sind höchst bedenklich: kaum
zu *bhōi̯- : *bhǝi̯- : *bhī- ‚sich fürchten, zittern‘ (→
bibên), wie in den frühen Auflagen von Kluges Et.
Wb.; auch nicht zu *bheu̯ǝ- ‚bauen‘ (→ bûan), wie
schon von J. Grimm (Dt. Wb. I, 1367) und K. F. Jo-
hansson (IF 3 [1894], 225 f.) vorgeschlagen und noch
bei Kluge²¹ erwähnt. Abzulehnen G. Kisch, ZMF 14
(1938), 108 f.: *bi < *mi < *mm-, ‚Urwurzel‘, die
das Summen der Biene ausdrückt.
Walde-Pokorny I, 125; II, 184 f.; Pokorny 116; Fick
II (Kelt.)⁴ 166; Hessens Ir. Lex. I, 83; Dict. of Irish B-
49; Dict. of Welsh 363; Miklosich, Et. Wb. d. slav.
Spr. 24; Berneker, Slav. et. Wb. I, 116; Sadnik-Aitzet-
müller, Vgl. Wb. d. slav. Spr. I, Nr. 374; Vasmer, Russ.
et. Wb. II, 471 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. I, 45; Müh-
lenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I, 300 f.; Trautmann,
Apreuß. Spr.denkm. 34.
In den dt. Mdaa. von heute ist, besonders im äu-
ßersten Norden und Süden des dt. Sprachge-
biets, die Fortsetzung von ahd. imbi (s. d.) nach
wie vor die eigtl. heimische Bezeichnung der
Biene, als Fem. in der Form Imme u. ä. für die
einzelne (Arbeits)Biene, als Mask. Imm u. ä. für
einen ganzen Bienenschwarm (auch -stock),
während das hochsprl. Wort Biene, zurückge-
hend auf ahd. bini n. (s. d.), mdartl. nur im Ost-
und Westmitteldt. zu Hause ist. Kein Wunder,
daß man in der Schweiz Luthers Byenen nicht
verstand und es im zeitgenössischen Glossar von
Thomas Wolf aus Basel durch immen, byen zu
‚erläutern‘ versuchte (s. Zfdt. Ph. 22 [1890],
326). — Die lautlichen Nachkömmlinge von ahd.
bîa wie bi(ǝ), beiǝ u. ä. werden vor allem für das
südl. Alemannische und Bairische bezeugt, und
zwar (wie schon mhd., s. o.) schweiz. bī n. für
den ‚Bienenschwarm‘, bī f. für die einzelne
‚Biene‘ (Schweiz. Id. IV, 909; I, 233 ff.; dagegen
schwäbisch meist bin u. ä., s. Fischer, Schwäb.
Wb. I, 1122 f.); im Südbayer. sowie in südl. Tei-
len des Österr. (Tirol, Steiermark) wie auch des
Fränk. gilt bei(e), z. T. mit demselben Bed.un-
terschied für Mask. (Neutr.) bzw. Fem. (s.
Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. II,
833 mit Wortkarte zw. 840 und 841; Schmeller,
Bayer. Wb.² I, 189. 226; Schöpf, Tirol. Id. 34;
Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 58; Lexer, Kärnt.
Wb. 20; Follmann, Wb. d. dt.-lothr. Mdaa. 32;
Müller, Rhein. Wb. I, 582 ff.
S. auch bîna.