bîtan
Volume II, Column 126
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bîtan st. v. I beit prät. sg., biton prät. pl.,
part. prät. nicht belegt; auch p-: (er)warten,
bleiben; harren, hoffen, sein Vertrauen setzen
(auf: mit gen.); exspectare, praestolare, operiri,
sustinere
. Mhd. bîten warten, (jdm.) Zeit
lassen
, frühnhd. (bis 17. Jh.) beiten, doch fin-
det sich das Wort weder in Luthers Bibelüber-
setzung (der ostmd. harren gebraucht, s.
Dietz, Wb. z. Luthers dt. Schriften 245) noch in
der Hochsprache der Gegenwart; nur in den
obd. Mdaa. ist es lebendig geblieben (wobei
die Konkurrenz von sw. v. mit ahd. Stammvo-
kal -ei- zu beachten ist, beiten und beitôn).

Ahd. Wb. I, 1131 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 70; Schütz-
eichel⁴ 77; Starck-Wells 61; Graff III, 62 ff.; Schade
70; Lexer I, 286; Benecke I, 174; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 217. 397. 457; Dt. Wb. I, 1403 f.

Ahd. bîtan hat lautgerechte Entsprechungen in
sämtlichen germ. Dialekten, wie as. bīdan har-
ren, (er)warten, verweilen
, mndd. bīden;
andfrk. beid = sustinui Psalm 68, 21 (Helten,
Aostndfrk. Psalmenfrg. 42), mndl. biden; afries.
bīda inf., einmal belegt, sonst immer bidia; ae.
bīdan remain, (a)wait; endure, me. bīden re-
main, wait; expect or hope for; undergo, suffer
,
ne. bide (veraltend); aisl. ða (part. prät. be-
ðinn, s. Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 495 Anm. 5),
nnorw. nschwed. bīda, ndän. bide; got. beidan
= προσδοκᾶν, -δέχεσθαι warten (auf).

Fick III (Germ.)⁴ 270; Seebold, Germ. st. Verben
94 ff.; Holthausen, As. Wb. 7; Sehrt, Wb. z. Hel.² 49;
Berr, Et. Gl. to Hel. 50; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 272; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
206 (sw. v.); Verdam, Mndl. handwb. 97; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 44; Vries, Ndls. et. Wb. 40; Holthau-
sen, Afries. Wb.² 9; Richthofen, Afries. Wb. 633;
Holthausen, Ae. et. Wb. 22; Bosworth-Toller, AS
Dict. 99; Suppl. 90; ME Dict. AB, 806 f.; OED² II,
175; Vries, Anord. et. Wb.² 35; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 604; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 15;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 72; Torp, Nynorsk et.
ordb. 23; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 69; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 86; Lehmann, Gothic Et. Dict. B39.

An außergerm. Verwandten hatten L. Meyer,
Got. Sprache (Berlin, 1869) 58 f. sowie S. Bugge
in Curtius’ Studien IV (1871), 338 ff. schon früh
gr. πείθω (πέποιθα), πείθομαι überreden, -zeu-
gen
bzw. sich überreden lassen, gehorchen,
(ver)trauen
sowie lat. fīdo vertrauen, sich ver-
lassen (auf)
beigebracht, deren idg. Basis
*bhedh-: *bhodh- formal so vollkommen mit
den für ahd. bît-: beit vorauszusetzenden
Grundformen übereinstimmte, daß Joh.
Schmidts Gegenvorschlag πένθος: πέπονθα, lat.
de-, offendo (Idg. Vokalismus I, 92 f.) nie ernst-
lich daneben aufzukommen vermochte. Und
wenn bedeutungsmäßig bis zuletzt eine seman-
tische Kluft
beanstandet wurde, so hatte doch
bereits H. Osthoff (PBB 8 [1882], 143 ff.) in
eindringender Analyse des griech. und got.
Sprachgebrauchs für gr. πείθεσθαι, πεποιθέναι
sowie für got. beidan eine Grundbedeutung
sich fügen herausgearbeitet. Auch zahlreiche
Belege von ahd. bîtan, wie etwa Notkers pîtendo
peit ih mînes trohtines = exspectus exspectavi do-
minum
(Luther: ich harrte des Herrn, engl. I
hoped, I hoped in the Lord
) Np Npw 39, 2 be-
tonen den Aspekt des vertrauensvollen Har-
rens
, der in lat. Wendungen wie spēro atque con-
fīdo die Oberhand gewonnen zu haben scheint,
während die Mehrzahl der germ. Belege seman-
tisch einem neutralen (Zu)Warten, Aushalten,
Verweilen
zuneigt.

Auch das alb. Passiv bind(em) willige ein, beu-
ge mich
, das von G. Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr.
36, zu got. bindan, lat. offendimentum gestellt
wurde, gehört wohl zur Wz. *bhedh-, sowie
alb. be f. Eid, Schwur (< *bhodhā) und wei-
terhin alb. besë Glaube, Vertrag (< voralb.
*bhodhātā oder -etā); vgl. zu der vieldisku-
tierten Etymologie der alb. Wörter M. E.
Schmidt, Zfvgl. Spr. 57 (1929), 26 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 494 f.; E. Hamp,
Zfvgl. Spr. 77 (1961), 252 f. Hierher auch aksl.
běda Zwang, Gewalt, Not, s. Berneker, Slav.
et. Wb. I, 54. Zur Verknüpfung mit aksl. běditi
zwingen, nötigen ahd. beiten.

Dagegen sind R. Meringers oder gar J. Triers Spekula-
tionen über einen Zusammenhang gewisser Gefäßna-
men wie gr. πίθος, lat. fidēlia mit gr. πείθομαι, lat. fīdo
kaum ernst zu nehmen, s. WuS 7 (1921), 14 f. bzw.
ZfdPh. 70 (1947/48), 341 f., aber vgl. dazu Frisk, Gr.
et. Wb. II, 534 f. (πίθος); Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 492 f. (fidēlia).

Walde-Pokorny II, 139 f. (*bhedh-). 185 (*bhodh-
oder *bhadh-); Pokorny 117; Frisk, Gr. et. Wb. II,
487 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 755; Chantraine, Dict. ét.
gr. 868 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 493 ff.; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 232. Vgl. auch S. Schulz,
Die Wz. πειθ- (πιθ-) im älteren Griechischen (Diss.
Bern) Freiburg, 1952, bes. 19 ff. 62 f.

S. auch beiten, beitôn, bitten.

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