*bôzan [-ss-] red. v. oder *bôzenAWB sw. v. I
(nur Präs.formen belegt), nur in obd. Gl.:
‚(zer)stoßen, (zer)schlagen, (con)tundere‘
〈Var.: p-; -ao-; -zz-〉. — Mhd. bôzen sw. v.,
auch st. v. (part. prät. gebôz[z]en; vgl. Dt. Wb.
II, 268; Osthoff-Brugmann, Morph. Unters. II,
336), dazu bôzeln (zur Bildung vgl. Henzen,
Dt. Wortbildung² § 147; Wilmanns, Dt. Gr. II
§ 75 ff.); frühnhd., nhd. mdartl. bōssen ‚stoßen,
schlagen‘, nhd. bosseln ‚kleine Arbeit verrich-
ten; kegeln‘.
Ahd. Wb. I, 1305 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 94; Starck-
Wells 72; Graff III, 232; Schade 81; Lexer I, 336; Be-
necke I, 190 f.; Götze, Frühnhd. Gl.⁶ 38; Dt. Wb. II,
268 ff.; Kluge²¹ 18 (Amboß). 72 (Beutel¹). 93 (bos-
seln); Kluge²² 24. 99.; Pfeifer, Et. Wb. 42 (Amboß).
162 (Beutel). — Schweiz. Id. IV, 1728 f.; Schmeller,
Bayer. Wb.² I, 294 f.; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa.
in Österr. III, 664; Fischer, Schwäb. Wb. I, 1310 f.
Entsprechende Verben in anderen germ. Dialek-
ten sind: mndd. bȫten sw. v. ‚schlagen, Feuer
schlagen‘ (vgl. auch bȫtel ‚Schlägel‘; → steinbô-
zil); mndl. boten, booten ‚schlagen, klopfen‘;
nfries. böten ‚schlagen, Feuer schlagen‘; ae.
bēatan (bēot) red. v. ‚schlagen, stoßen, verlet-
zen‘ (zum prät. pl. beoftun, beaftun vgl. Sievers-
Brunner, Ae. Gr.³ § 394 Anm. 2; Campbell, OE
Gr. § 746), me. bēten st.sw. v., ne. beat (prät.
beat, part. prät. beat[en]); vgl. auch ae. bȳtel,
bī(e)tel, bētel, ne. beetle ‚Schlägel‘; aisl. bauta
red. v. ‚schlagen‘ nur 1. pl. präs. ind. bautu und
part. prät. -bautinn in Zss. wie sverðbautinn,
vápnbautinn), später auch schwach (bautaða;
vgl. Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 503 Anm. 3); auch bey-
sta sw. v. ‚schlagen, dreschen‘ (< urnord. *baut-
stian-), nisl. beysta, nnorw. dial. bøysta,
nschwed. bösta, ält.dän. bøste; hierher auch das
nur einmal belegte aisl. beytill ‚Zeugungsglied
des Pferdes‘ (Flateyjarbók II, 334).
Wohl verwandt ist langob. -paus in walu-, walo-, wa-
lapaus, aber die Bed. dieses Rechtsworts ist wegen der
sich widersprechenden lat. Erklärungen umstritten: „Si
quis homini libero uiolentia iniuste fecerit (id est uua-
lupaus), octugenta solidos ei conponat. Uualupaus est,
qui se furtim uestimentum alium induerit aut se caput
aut faciem transfigurauerit“ (Rhee, Germ. Wörter in
langob. Gesetzen 131 ff.). Das Wort kann also entwe-
der ‚gefährlicher (grausamer) Schlag‘ (vgl. Vries, A-
nord. et. Wb.² 642) oder ‚schreckhafte Vermummung
zum Zwecke einer Gewalttat‘ (vgl. Bruckner, Spr. d.
Langob. 42; in diesem Fall viell. mit mhd. butze
‚Schreckgestalt, Poltergeist‘ zu vergleichen), oder aber
‚derjenige, der jemandem einen grausamen Schlag ver-
setzt (bzw. sich zum Zwecke einer Gewalttat ver-
mummt)‘ bedeuten.
Das st. Verb setzt eine urgerm. Grundform
*autan- voraus; mit anderer Ablautstufe *-u-
(und intensiver Gemination? dazu Lühr, Expres-
sivität 345 ff.; vgl. J. Hubschmid, Zfrom.Ph. 78
[1962], 116) mndl. bot(te) ‚impulsus, ictus, re-
sultus‘ (Kiliaan, 1599), botten ‚werfen, stoßen,
schlagen‘ (nndl. nur noch mdartl.; dafür nndl.
botsen ‚schlagen‘). Hierher wohl auch mndl. bot
‚stumpf‘, nndd. butt ‚plump, stumpf‘ (vgl. nhd.
Hagebutte, Butzen, Butt[e], Fischname); ae.
buttuc ‚Ende, Stück Land‘ (vgl. ne. buttock
‚Hinterbacke‘, pl. ‚Hintern‘); mit langem Vokal
aisl. bútr ‚abgehauener Klotz, kurzes Stück ei-
nes Baumstammes‘; mhd. bûz ‚Schlag, Stoß‘ (→
agabûz; zu Bildungen mit ū neben *u s. Lühr,
a. a. O. 319 f.).
Mndl. bot(te), nndl. bot ‚Knospe‘, mndl. nndl. botten
‚knospen‘ sind wohl nicht von den oben zitierten
gleichlautenden Wörtern zu trennen, aber man hat
auch versucht, sie zur idg. Wz. *b(h)eu̯- ‚aufschwellen‘
zu stellen (so Pokorny 100, der übrigens nndd. butt
sowohl unter *b[h]eu̯- als auch unter *bhau̯- ‚schla-
gen‘, S. 112, anführt).
Aus dem Germ. (wohl Andfrk.) entlehnt ist afrz.
buter, bouter ‚stoßen, schlagen‘, nfrz. dial. bou-
ter ‚mettre, placer‘; dazu nfrz. bout ‚Ende, Spit-
ze‘, bouton ‚Knospe, Knopf‘.
Zu dieser viel umstrittenen, aber ohne Zweifel richti-
gen Etymologie von frz. bouter usw. vgl. Wartburg,
Frz. et. Wb. XV, 2, 210 ff. (bes. 227 f.); Trésor de la
langue franç. IV, 859; J. Hubschmid, a. a. O. 111 ff.;
E. Gamillscheg, Zffrz.Spr. 73 (1963), 90 ff. (gegen
H. Meier, Rev. de ling. rom. 23 [1959], 270 ff. und
H. E. Keller u. H. Wagner, Zfrom.Ph. 78 [1962],
97 ff.).
Fick III (Germ.)⁴ 274; Seebold, Germ. st. Verben 90 f.;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 333; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 406; Verdam, Mndl. handwb.
112; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 86; Vries, Ndls. et.
wb. 80 f.; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I,
212 ff.; Holthausen, Ae. et. Wb. 18. 23; Bosworth-
Toller, AS Dict. 73. 142; Suppl. 66. 94. 113; ME Dict.
A—B, 771 ff.; OED² II, 29. 61; Oxf. Dict. of Engl. Et.
83. 85; Vries, Anord. et. Wb.² 29. 34. 35; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 596 f.; Heggstad, Gamalnorsk ordb. 47;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 119; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 12. 15.
Genaue Entsprechungen des germ. Stammes
*aut- (samt Ablautvarianten) in anderen idg.
Sprachen sind ganz unsicher. Trotz Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 573 f., ist die Zugehörig-
keit von lat. fūstis ‚Knüttel, Prügel, Stock‘ <
*bhūd-sti- nicht unwahrscheinlich; auch air.
buailid ‚er schlägt‘ kann hierher gehören, falls
aus *bhau̯dl- (Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B-
109, aber → -bellan²); nach J. Pokorny,
Zfvgl.Spr. 47 (1915—16), 163 auch air. bibdu
‚schuldig; Feind‘ (ein altes redupl. Part. Perf.
*bhe-bhud-u̯ōt-s zur Wz. *bhau̯d- : *bhud-
‚schlagen‘; vgl. auch Vendryes, B-49).
Wenn man mit Walde-Pokorny II, 127, Po-
korny 112 idg. *bhau̯-d- in eine Wz. *bhau̯- und
ein ursprl. Präsenszeichen *-d- zerlegt, kann
man auch andere idg. Wörter mit ähnlichen
Bed., aber mit anderem Formans *-t- hierher-
stellen: lat. confūtāre ‚niederschlagen, dämpfen,
widerlegen‘, refūtāre ‚zurücktreiben, -drängen,
widerlegen‘; futuere ‚beschlafen‘ (zur Bed. s.
Walde-Hofmann I, 574; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 264 und vgl. aisl. beytill oben); alb.
(tosk.) mbüt, mbüs ‚ersticke, ertränke‘, (skut.)
müs ‚töte‘, Zss. përmis ‚töte‘, përmismë ‚nieder-
geschlagen‘; wohl auch air. fo-botha ‚er-
schreckt‘.
Walde-Hofmann, a. a. O. I, 259 f.; Jokl, Stud. z. alb.
Et. 56; Vendryes, a. a. O. B-74.
Nicht hierher (trotz Fr. Wood, MLN 15 [1900], 325;
C.C. Uhlenbeck, PBB 35 [1909], 163 f.; Mann, IE
Comp. Dict. 68) lit. baũsti (baudžiù) ‚strafen, züchti-
gen‘ (vgl. Fraenkel, Lit. et. Wb. 62; B. Jēgers,
Zfvgl.Spr. 80 [1965], 129 ff.). Sehr zweifelhaft ist die
Zugehörigkeit der Wörter für ‚taub‘: got. bauþs, air.
bodar (ursprl. ‚stumpf‘? vgl. nndd. butt, oben, und s.
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 86; Lehmann, Gothic Et.
Dict. B-38; Vendryes, B-64 f.).