baldAWB, paldAWB adj. ‚kühn, mutig, audens, intrepi-
dus; dreist, temerarius, protervus; vertrauens-
voll; frei, liber(alis)‘; baldoAWB, paldoAWB adv. ‚dss.‘;
außerdem ‚mit gutem Grund, non iniuria‘. —
Mhd. balt (-d-), adv. balde, ‚kühn‘, aber auch
‚schnell‘: der Bedeutungswandel zu einem ‚Zeit-
begriff‘ ist, wie auch im Falle von mhd. schnell,
(ge)schwind oder ne. swift(ly), durch den Ge-
brauch des Wortes mit Verben der Bewegung
bedingt, vgl. H. Petersson, Zwei sprachl. Auf-
sätze zur et. und semas. Forschung (Lund, 1917),
62 ff. — Als Adj. begegnet das Wort schon
frühnhd. nur noch selten, während das Adv.
bald im Sinne von ‚früh, (früh)zeitig‘ sich im-
mer mehr durchgesetzt hat. Nur mdartl. wird
bald auch heute noch vereinzelt als Adj. ge-
braucht mit der Bed. ‚früh‘, so im Oberhessi-
schen: bāl obst ‚Frühobst‘, bāl frühjår ‚zeitiger
Frühling‘, oder auch im Sinne von ‚schnell‘ in
der Zss. windbald ‚schnell wie der Wind‘, s.
Crecelius, Oberhess. Wb. 86 f.
Ahd. Wb. I, 787 ff.; Schützeichel³ 12; Starck-Wells
41; Graff III, 108 f.; Schade 37; Lexer I, 117 f. 114
(balde); Benecke I, 80 f.; Dt. Wb. I, 1081 ff.; Kluge²¹
45.
Ahd. bald hat in allen germ. Dialekten seine
Entsprechungen, z. T. mit gewissen bedeu-
tungsmäßigen Differenzen: as. bald ‚kühn, mu-
tig‘, mndd. bolt, balt (-d-), adv. bōlde; andfrk.
bald, adv. baldo ‚fiducialiter‘ (s. Helten,
Aostndfrk. Psalmenfrag. 60), mndl. bout (-d-),
adv. boude, nndl. boud; afries. bald, adv. balde;
ae. beald (mit Brechungs-ea vor -ld), adv. be-
alde, me. bold, auch bald, bau(l)d u. ä., ne. bold
‚kühn, dreist, gewagt‘; langob. in über drei Dut-
zend PN als zweites und in einem weiteren hal-
ben Dutzend als erstes Element, so in Frôt-
bald(us), Sigebald(us) bzw. Balduin(us), Bal-
tilda, dazu gewisse Kurz- und Kosenamen wie
Baldo, Paldulus, Baldisc(us) u. a.; aisl. ballr (mit
-ll- < -lþ-, s. Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 275) mit der
Bed. ‚furchtbar, gefährlich‘, daneben baldinn
(auch beldinn poet.) mit gram. Wechsel ‚trot-
zig‘, während die neuskand. Formen aus dem
Mndd. entlehnt sind: nnorw. ndän. bold,
nschwed. båld; got. *balþs zu erschließen aus
dem Adv. balþaba = (ἐν) παῤῥησίᾳ ‚kühn,
freimütig‘. — Kein Wunder, daß das Wort aus
dem Westgerm. auch ins angrenzende Romani-
sche entlehnt wurde: italien. baldo, afrz. mfrz.
baud, aprov. baut (schon im 3. Jh. n. Chr. ist
einmal baudus im Sinne von ‚audax, fortis‘ be-
zeugt mit sehr früher Vokalisierung des l). Vgl.
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 1177; Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 900; Wartburg, Frz.
et. Wb. I, 212 f.
Fick III (Germ.)⁴ 266; Holthausen, As. Wb. 5; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 37; Berr, Et. Gl. to Hel. 39; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 137; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. I, 381; Verdam, Mndl. handwb. 113;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 87; Vries, Ndls. et. wb. 82;
Holthausen, Afries. Wb. 5; Richthofen, Afries. Wb.
617; Holthausen, Ae. et. Wb. 17; Bosworth-Toller, AS
Dict. 71; Suppl. 65; ME Dict. A—B, 1023 f.; OED I,
971; Bruckner, Spr. d. Langob. 231; Vries, Anord. et.
Wb.² 24. 31. 32; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 627 f.; Holt-
hausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 10; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 45. 91; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 75;
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 78 f.
Das fast lückenlose Zeugnis der germ. Dialekte
für Gegenstücke von ahd. bald läßt keinen
Zweifel an einer Grundform urg. *balþa-z, die
einem idg. Ansatz *bhól-t-os entspräche (der
meist zur idg. Wz. *bhel(ǝ)- ‚aufschwellen,
strotzen‘ gestellt wird), für den sich jedoch kein
einziges außergerm. Zeugnis findet. Nur im
Kelt. sind — aber mit -ko-Suffix — gleichbedeu-
tende Bildungen zu belegen: kymr. balch ‚stolz,
anmaßend‘, bret. balc’h ‚dss.‘, air. balc ‚stark‘
(Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 800); doch wird
dabei oft übersehen (worauf W. Cowgill und
E. Hamp hinweisen, briefl.), daß die zitierten
kelt. Formen mit ihrem durchgängigen -a- in
der Stammsilbe nur auf eine idg. Wz. *bhal-
zurückgehen können.
Walde-Pokorny II, 178 f.; Pokorny 121; Fick II
(Kelt.)⁴ 163 (abwegig); Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc.
B—12; Hessens Ir. Lex. 77; Dict. of Welsh 251; Dict. of
Irish B—24; Henry, Lex. ét. du breton mod. 25.
S. auch bal¹.