banAWB, pan m. a- (i-)St. (akk. pl. panna, auch
nach Art der i-St. akk. pl. banni, Rz, 8./9. Jh.,
daher noch ohne Umlaut, benni, Clm. 23486,
11. Jh.): ‚Gebot, Anordnung (der Obrigkeit),
scitum, decretum; Aufgebot (zum Gerichtstag);
Rechtsschutz, Bann, Verbot; Acht, Ächtung,
anathema‘. — Mhd. ist das Wort weiterhin in
denselben Bedeutungen gebräuchlich (dazu pl.
benne ‚Gerichtsgebühren‘); häufig in Zss. Des-
gleichen nhd., besonders in kirchlichem Sinn
und in vielen Zss.
Ahd. Wb. I, 802; Schützeichel³ 12; Starck-Wells 41;
Graff III, 124 f.; Schade 38; Lexer I, 118 f.; Benecke I,
86; Dt. Wb. I, 1113 f. (irrige Vermengung mit got.
bandwjan); Kluge²¹ 50; Trübners Dt. Wb. I, 226. —
Vgl. auch zur Geschichte des Wortes und Begriffs Dt.
Rechtswb. I, 1192 ff.; A. Stutz, ZfRechtsgesch., Germ.
Abt. 57 (1937) 289—354 (weniger verläßlich H. Wieß-
ner, Twing und Bann [Baden, 1935]).
Das Wort ist als wichtiger rechtlicher Begriff
über das gesamte Sprachgebiet verbreitet, ja, es
setzte sich vom Fränkischen her weithin auf
frz. Boden fest als ban ‚öffentliche Verkündi-
gung‘ (s. Wartburg, Frz. et. Wb. I, 229 ff.) und
in der Form bannus (gelegentlich bannum) im
Lat. des Mittelalters (s. Mittellat. Wb. I,
1341 f.): as. mndd. ban; mndl. nndl. ban; afries.
bon, ban n.; ae. (ge)ban(n) n., me. ban(ne)
(skand. Lehnwort? Björkman, Scand. Loan-
words 259; dazu G. T. Flom, JEGP 5 [1903—05],
424), ne. ban; aisl. bann n., nnorw. nschwed.
bann, ndän. ban, band; für das rätselhafte lan-
gob. in pans regis ... (Edictus Rothari 224) im
Sinne von ‚Freilassung‘ und den Ansatz eines
neutr. s-Stammes (vgl. thinx, things), s. H.
Brunner, Dt. Rechtsgeschichte I (1887), 147
Anm. 22.
Fick III (Germ.)⁴ 256; Seebold, Germ. st. Verben
88 ff.; Holthausen, As. Wb. 5; Sehrt, Wb. z. Hel.²
38 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 40 f.; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 146; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 147; Verdam, Mndl. handwb. 52; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 32; Vries, Ndls. et. wb. 29; Holthau-
sen, Afries. Wb. 5; Richthofen, Afries. Wb. 658 ff.;
Holthausen, Ae. et. Wb. 16; Bosworth-Toller, AS
Dict. 370; Suppl. 291; ME Dict. A—B, 630; OED I,
645; Vries, Anord. et. Wb.² 25; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 595; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 11;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. I, 46; Torp, Nynorsk
et. ordb. 16; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 29 f.; Bruck-
ner, Spr. d. Langob. 41 f.
Es fehlt auch nicht an außergerm. Zusammen-
hängen, die letzten Endes auf eine Basis *bhā-:
(*bh-ō-:) *bhǝ- (**bheH₂-) mit der Bed. ‚feier-
lich (oder mit Nachdruck) sprechen, sagen, er-
klären‘ zurückführen; allerdings sind Formen
mit n-Erweiterung, wie sie in ahd. ban (samt
dem dazugehörigen Verbum bannan) vorliegen
und wohl auf analogischer Verallgemeinerung
eines präs. Nasalinfixes beruhen (s. Seebold,
a.a.O. 89), sonst (außer in aind. [ved.] bhánati)
nirgendwo nachzuweisen, noch viel weniger
das Konglutinat *-nu̯-, aus dem der geminierte
Nasal der germ. Formen (wie auch in ahd. span-
nan, s. d.) sich entwickelt haben dürfte (s.
Kluge, Urgerm.³ § 59). Dennoch ist ein Ansatz
von idg. *bhǝ-nu̯- für germ. *bann- wohl be-
rechtigt, „wenn dieses auf die idg. nu-Klasse
bzw. deren thematische Weiterbildung, die
-nu̯o-Klasse, zurückgeht“ (s. Wißmann, No-
mina postverbalia 159 Anm. 3; Seebold a.a.O.
88 ff.). Wo sonst im Idg. ein Nasal auf die Basis
*bhā-: (*bhō-:) *bhǝ- folgt, ist er ohne Aus-
nahme von verschiedenartiger sprachlicher
Herkunft und Natur:
Aind. bháṇati (mit zerebralem ṇ) ‚redet, spricht,
nennt‘, dessen Verhältnis zu ved. bhánati
‚spricht‘ (mit n) und dessen Stammvokal („mit
regelwidriger Entwicklung des Schwa“, s.
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 464 und 469)
im einzelnen noch nicht endgültig geklärt sind
(s. Seebold a.a.O. 89: *bhā-: *bhen-); dazu
noch aind. sa-bh ‚Versammlung‘ (eigtl. ‚Zu-
sammensprechen‘).
Arm. ban (< *bhā-ni-s) ‚Wort, Rede, Vernunft‘
mit dem Nominalsuffix -ni-, dem im Germani-
schen Subst.bildungen wie anord. bǿn ‚Bitte,
Gebet‘, ae. bœ̄n, bēn entsprechen (ne. boon hat
sich als nord. Lehnwort erwiesen), < urg. *bō-
ni-z (< idg. *bhā- [oder *bhō-, vgl. gr.
φωνή?]), s. Kluge, Nom. Stammbildung³
§ 147 a; dazu kommen arm. bay (< *bhǝ-ti-s)
‚Wort, Ausdruck‘, s. S. Bugge, Zfvgl. Spr. 32
(1893), 4, und Verbalformen wie bam, bas, bay
‚ich sage, du sagst, er sagt‘ (s. E. Schwyzer,
Zfvgl. Spr. 57 (1929), 242 ff. und Gr. Gram. I,
674 f.).
Gr. φήμη (dor. φμᾱ) ‚Kunde, Ruf, Offenba-
rung‘, dem Laut für Laut lat. fāma entspricht,
sowie gr. φάτις ‚Gerücht‘ (< *bhǝ-ti-s) und die
Verbalformen φημί, φής, φησί (dor. -ᾱ-), ge-
naue Gegenstücke zum Arm. (s. o.), dazu my-
ken. pa-si 3. sg. (s. Chadwick-Baumbach, Glotta
41 [1963], 254 [φημί]); mit Ablaut φωνή
‚Stimme‘.
Lat. fārī ‚sagen‘, fās eigtl. ‚Ausspruch, Recht;
göttliches Gebot oder Recht‘; fātum ‚Aus-
spruch, Weissagung‘; fābula (< *bhādh-lā)
‚Sage‘ u. a. Außerdem osk. faamat ‚ruft‘, Planta,
Gr. d. osk.-umbr. Dial. II, 682 (Index).
Aus dem Slav.-Balt. gehören hierher, und zwar
mit j-Erweiterung (also dem ae. bōjan ‚prahlen‘
entsprechend, s. F. Holthausen, Zfvgl. Spr. 48
[1917], 238 f.), aksl. obavajǫ, -ati ‚besprechen,
beschwören‘; russ. serb.-ksl. báju, bájati ‚erzäh-
len, (magisch) besprechen, heilen‘, russ. ksl.
basnь ‚Fabel, Zauberspruch‘ und, aus dem Balt.
mit u-Erweiterung, vielleicht lett. baũma (<
*bhā-u̯-ma?) ‚Gerücht, böses Gerede‘ (aber vgl.
Persson, Beitr. z. idg. Wortf. I, 117 Fn. 1; A. Bez-
zenberger, BB 27 [1902], 178 ff.). Daß lit. bóju,
bóti ‚worauf achten‘ (Fick I [Idg.]⁴ 489) fernzu-
bleiben hat, geht überzeugend hervor aus v. d.
Osten-Sacken, IF 33 (1913—14), 206 f. — Höchst
zweifelhaft ist auch toch. A pā-, pā-ç ‚betteln‘,
das von Windekens, Lex. ét. tokh. 87 f. noch
hierher gestellt worden war, aber nicht mehr in
seinem späteren Le tokharien. Auch gewisse An-
klänge im Kelt., wie etwa air. (for)bann ‚Ver-
kündigung, Gebot, Gesetz, Bannfluch‘ mit dop-
peltem nn und fast zu genauer begrifflicher
Übereinstimmung waren von jeher der Entleh-
nung aus dem Germ. verdächtig (anders Ven-
dryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B—15).
Walde-Pokorny II, 123 ff.; Pokorny 104 ff.; Persson,
Beitr. z. idg. Wortf. I, 117 Fn. 2; II, 569 Fn. 1; Mayrho-
fer, K. et. Wb. d. Aind. II, 464 f. 469 f.; Uhlenbeck, K.
et. Wb. d. aind. Spr. 194 f.; Hübschmann, Arm. Gr.
427 und Fn. 1; ders., Arm. Stud. 22; Frisk, Gr. et. Wb.
II, 1009 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 1024 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 437 f. (fābula). 450 (fāma).
458 ff. (fās). 525 f. (for, fārī); Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 217 (fas < *dhǝs?). 245 (for, fāris); Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 24; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d.
slav. Spr. Nr. 123; Berneker, Slav. et. Wb. I, 39. 42. 59;
Vasmer, Russ. et. Wb. I, 59; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. I, 267; Fick II (Kelt.)⁴ 159; Hessens Ir.
Lex. 78.
Die weiter zurückliegende Frage, ob die hier ange-
setzte Wz. *bhā- ‚erklären‘ identisch oder nur zufäl-
lig homonym sei mit *bhā- im Sinne von ‚glänzen,
scheinen‘, bleibt weiterhin umstritten: nachdem an-
fangs allerlei für die Identifizierung zu sprechen
schien — typisch für diese Auffassung ist wohl Cur-
tius, Grundzüge d. gr. Et.⁵ (1879, sowie frühere Aufla-
gen), — setzten sich Gelehrte wie W. Prellwitz, BB 22
(1897), 76 ff., auch noch Berneker a.a.O. entschieden
für eine Trennung der beiden gleichlautenden Wur-
zeln ein; doch mehren sich seit der Jahrhundert-
wende wieder die Stimmen, die meinen, daß die pho-
nologische Identität unabweisbar sei und auch die
scheinbare semantische Kluft durch Bedeutungsent-
wicklungen wie ‚klar machen, erklären, erhellen, ans
Licht (oder an den Tag) bringen‘ sowie lat. dēclārāre
sich überbrücken lasse, vgl. H. Fournier, Les verbes
‚dire‘ en grec ancien (Paris, 1946), bes. 8—10; außer-
dem F. Edgerton, Zfvgl. Spr. 46 (1914), 173 ff.; Brug-
mann, Grdr.² II, 1, 398 sowie Persson (1910—12),
Walde-Pokorny (1927), Walde-Hofmann (1938), Po-
korny (1959), Frisk (1970) jeweils a.a.O.