begisterzAWB m. a-St. ‚Bachstelze, lucilius, sepice-
dula‘ (Motacilla L.). Am frühesten in Gl. aus
dem 12. und 13. Jh. belegt (im 12. nur einmal in
der entstellten Form begister Gl. 3, 203, 84); im
12. Jh. erscheint auch eine damit ablautende (?)
Form begistarz (s. u.; nur Gl. 3, 88, 61, zwei
Hss.; in einer Hs. als -straz verschrieben). An-
dere Formen: bech(e)sterz(e) (13., 14. Jh.), bege-
ster (15. Jh.); auch im 14. oder 15. Jh. einmal
wegstarz Gl. 3, 28, 25.
Neben diesen Formen taucht im 14. Jh. in bair.
und schwäb. Hss. das Wort bachstelz(e) auf
(einmal schon 13. Jh. als pach-stlcz verschrieben
Gl. 3, 31, 34). In der eben erwähnten Hs. aus
dem 13. Jh. (Clm. 12665) stehen sogar -sterz
und -stelz nebeneinander: lucinula: pach stlcz
stercz. In alem. Quellen heißt der Vogel auch
(seit dem 11. Jh.) wazzerstelza, -e.
Ahd. Wb. I, 770. 838; Starck-Wells 40. 43; Graff VI,
678. 725; Schade 36; Lexer I, 110; III, 714; Benecke
II, 2, 619; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 527; Dt. Wb. I,
1063; Kluge²¹ 43; Suolahti, Dt. Vogelnamen 87 ff.; K.
Ranke, PBB 62 (1938), 286 ff.; F. Freitag, ZMF 13
(1937), 157 ff.; Bergmann, Mfrk. Gl. 256, Fn. 1870.
Als erster hat K. Ranke, a.a.O. die komplizier-
ten Verhältnisse dieser verschiedenen Formen
zueinander aufgehellt. Vergleiche mit den Na-
men für die Bachstelze in anderen germ. — und
sogar außergerm. — Sprachen, wie in erster Li-
nie me. wagstyrd, wagsterd, ne. (veraltet) wag-
stert, jetzt wagtail; mndd. wagestert, wakstert,
nndd. wagenstērtje u. ähnl.; auch mndd. nndd.
quekstert, quikstert (woraus nschwed. kvick-
stjärt), nndl. kwikstaart; nndd. wippstert (vgl.
md. Mdaa. wippsterz), ndän. vipstjert, nschwed.
vippstjärt (wohl aus mndd. *wippstert); frz.
hochequeue usw. machen auch für das Dt. eine
urspr. Bildung wahrscheinlich, welche die für
diesen Vogel charakteristische Beweglichkeit
des Schwanzes beschreibt, und zwar *wegi-
sterz (-starz). Dieses Wort ist eine Zss. aus dem
Stamm von ahd. wegen ‚bewegen‘ und sterz
(starz) ‚Schwanz‘ (s. d. d.). Reflexe dieser urspr.
Form sind noch in frühnhd. Wörterbüchern zu
finden: weg(e)stertz (Diefenbach, Gl. lat.-germ.
20 s. v. albicula; s. auch Ranke, a.a.O. 300 f.).
Dazu mag sich auch später eine Nebenform
*wagesterz vom gleichbed. mhd. Verb wagen
(ahd. wagôn) gesellt haben.
Zu starz neben sterz (noch heute im Bair.; s. Schmel-
ler, Bayer. Wb.² II, 785) vgl. nnorw. (s)tart ‚Steißbein,
Baumstumpf, steifer Zweig‘ (Vries, Anord. et. Wb.²
547; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 874; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1170). Da sich kein lautgesetzlicher
Wandel e > a vor r im Altbair. oder Norweg. nach-
weisen läßt, handelt es sich wohl um ablautende For-
men.
Diese Formen wurden dann mehrmals entstellt:
zuerst im Bair. wurden schon im 12. Jh. (in an-
deren Mdaa. wohl später) w und b häufig ver-
wechselt, so daß auch im Anlaut b statt w er-
scheint (vgl. Paul, Mhd. Gr.²⁰ § 78 Anm. 4. 116, 1
[S. 123]; Weinhold, Mhd. Gr.² § 159. 178;
Kranzmayer, Hist. Lautgeogr. § 25 a 1;
R. Schützeichel, Bach-Festschrift 117; ders.,
ZMF 23 [1955], 204 f.; ders., BNF 9 [1958],
269 ff.). Das so entstandene *bege-, *bage-sterz
wurde dann im Fränk. (und viell. Teilen des
bair. Dialektgebiets, vgl. Paul, a.a.O. § 66.
116, 1), wo das -g- spirantisch ausgesprochen
wurde, manchmal mit -ch- geschrieben (vgl. be-
chesterze Gl. 3, 31, 35, Kölner Doppelblatt,
14. Jh., und s. Weinhold, a.a.O. § 223. 235).
Dazu kamen viell. bair. Formen mit Synkope
des Bindevokals und Wandel des ausl. -g zu
-ch: *bech-, *bach-sterz (vgl. Schatz, Abair. Gr.
§ 73). Es folgte dann volksetym. Anlehnung an
bach ‚Bach‘, und endlich ist im Alem. durch den
Wandel von r > l, wie in kirche > kilche (s.
auch alde, wo Lit.), -sterz(e) zu -stelz(e) gewor-
den. Vgl. auch alem. pflugstelz ‚Handhabe des
Pfluges‘ neben pflugsterz (Fischer, Schwäb. Wb.
V, 1730. 1741). Die -stelz(e)-Formen wurden
dann durch volksetym. Anlehnung an stelzen
gefördert. Die Bachstelze hat also weder mit
‚Bach‘ noch mit ‚stelzen‘ etwas zu tun; der Vo-
gel gehört eigentlich nicht zu den Wat- oder
Stelzvögeln. Die wohl auch auf alem. Gebiet
entstandene Bezeichnung wazzerstelza, -e,
ebenso wohl aus -sterz(e), wurde viell. durch
den ähnlich klingenden Namen eines Wasser-
vogels wazarstelh (Gl. 1, 524, 21) beeinflußt —
wobei auch volksetym. Anlehnung an wâc,
wâge ‚Woge, Wasser‘ viell. eine Rolle gespielt
hat.
OED XII, 17; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. III, 401;
V, 576; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 364; Vries, Ndls.
et. wb. 377; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1386;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1353; Svenska akad. ordb.
K—3396. Zu den dt. Mda.formen s. bes. Ranke, a.a.O.