beinAWB n. a-St. ‚Knochen, Gebein, os; Bein, crus‘
〈Var.: pein, ben〉. — Mhd. bein ‚dss.‘; nhd. Bein
(mdartl. gelegentlich noch mit der Bed. ‚Kno-
chen‘, bes. im Süden, wo crūs sehr oft durch
Fuß ausgedrückt wird; vgl. Kretschmer, Wort-
geographie 110 f. 299).
Ahd. Wb. I, 846 f.; Schützeichel³ 13; Starck-Wells 44;
Graff III, 127 f.; Schade 47; Lexer I, 159 f.; Benecke I,
100 f.; Dt. Wb. I, 1381 ff.; Kluge²¹ 63.
Entsprechungen kommen in allen germ. Spra-
chen außer Got. (wo weder ‚Knochen‘ noch
‚Bein‘ in der got. Bibel erwähnt wird) vor: as.
bēn ‚Knochen, Bein‘, mndd. bēn, bein ‚dss.‘;
mndl. nndl. been ‚dss.‘; afries. bēn ‚dss.‘; ae.
bān ‚Knochen‘, selten ‚Glied (Arm oder Bein)‘,
me. bōn, bān, ne. bone ‚Knochen‘; aisl. bein
‚Bein, Knochen, Oberschenkel‘, nnorw. bein,
ndän. nschwed. bēn.
Fick III (Germ.)⁴ 257; Holthausen, As. Wb. 6; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 43; Berr, Et. Gl. to Hel. 46; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 204; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. I, 230; Verdam, Mndl. handwb. 62;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 40; Vries, Ndls. et. wb. 37;
Holthausen, Afries. Wb. 6; Richthofen, Afries. Wb.
625; Holthausen, Ae. et. Wb. 16; Bosworth-Toller, AS
Dict. 67; Suppl. 62; ME Dict. A—B, 1034 ff.; OED I,
983 f.; Vries, Anord. et. Wb.² 30; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 602; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 13;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 69 f.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 19 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 36.
Sämtliche Wörter lassen sich ohne weiteres auf
urg. *baina- zurückführen, ein Wort, das urspr.
wohl ‚Knochen‘ bedeutete (s. jedoch unten),
aber im Idg. ganz vereinzelt und ohne Etymo-
logie steht.
Meist wird das Wort mit aisl. beinn ‚gerade‘
verknüpft; germ. *baina- wäre also, wie nach
Kretschmer, Wortgeogr. 299, noch heute in eini-
gen süddt. Mdaa., die Bez. für die langen, gera-
den Röhrenknochen im Gegensatz zu den Ge-
lenkköpfen. Nur scheint das Adj. beinn aus-
schließlich nordgerm. zu sein und ist auch ety-
mologisch undurchsichtig.
Nach Wadstein, ZfdPh. 28 (1895), 529 hat *baina-
urspr. viell. die geraden Vorderbeine von Tieren im
Gegensatz zu den krummen Hinterbeinen bezeich-
net, aber solch eine spez. Bed. schon zu urgerm. Zeit
ließe sich kaum rechtfertigen. O. Wiedemann, BB 28
(1904), 60 ff. vergleicht auch got. baira-bagms ‚Maul-
beerbaum‘, das er (wie auch Grimm, Dt. Wb. I, 1381)
als ‚Hartbaum‘ deutete und zusammen mit bein und
aisl. beinn auf eine germ. Wz. *bai- zurückführt, die
er auch in got. beidan ‚erwarten‘, baidjan ‚zwingen‘,
gr. πείθω usw. zu finden glaubt. Abzulehnen.
Anders F. Wood, MLN 29 (1914), 69: zu lat.
per-fines ‚perfringas‘ (Festus-Paulus 205), air. be-
nim ‚schlage, schneide‘, aksl. biti ‚schlagen‘,
russ. bilo ‚Schlegel‘, gr. φιτρός ‚Baumstamm,
Holzscheit‘, arm. bir ‚großer Stock, Keule‘, zur
Wz. *bhei̯(ǝ)- ‚schlagen‘ (Pokorny 117 f.). Die
Bed. macht aber Schwierigkeiten.
Wurden Knochen viell. als Keulen benutzt? Oder
hätte das Wort etwas mit der Form eines Knochens
zu tun? (vgl. Knochen, mhd. knoche auch ‚Astknorren‘
zu aisl. knýja ‚drücken, schlagen‘). Wenn man anneh-
men könnte, daß *baina- urspr. ‚Bein(knochen)‘ be-
deutete, wäre viell. an eine Bed.entw. wie in der ne.
(umgangsspr.) Bez. für Beine, stumps ‚Stümpfe‘, zu
denken.
Andere Verknüpfungen sind sehr unwahrscheinlich:
zu lat. femur ‚Schenkel‘ (M. Bréal, MSLP 5 [1884],
158; V. Henry, ebenda, 233 ff.); dazu russ. bedró
‚Schenkel‘ (V. J. Petr, BB 21 [1896], 210; vgl. Berne-
ker, Slav. et. Wb. I, 47 f.). Dagegen Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. I, 477. S. Bugge, PBB 24 (1899), 459 ver-
gleicht auch nnorw. buna ‚Knochenröhre‘; Fick III
(Germ.)⁴ 257 und Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 69
fügen mndd. bunk, nndl. bonk ‚Knochen‘ dazu. All
diese Verknüpfungen werden durch den Diphth. in
germ. *baina- widerlegt; Versuche, diesen Diphth. als
einen sekundären, durch eine Art i-Epenthese ent-
standenen zu erklären (wie Bugge, a.a.O.; Hirt, Idg.
Gr. I, 312), überzeugen nicht.
Nach Cate-Silfwerbrand, Vlees, bloed en been 153 ff.,
die auch eine Übersicht über die verschiedenen etym.
Versuche gibt, handelt es sich um ein Lehnwort aus
dem Kelt. und zwar aus einem sonst unbelegten Wort
mit i-Epenthese zu urkelt. (viell. auch uridg.) *bend-,
*bd-no- ‚vorspringende Spitze, Horn‘ (vgl. mir.
benn ‚Horn, Gipfel‘ und s. Pokorny 96 f.); wenig ein-
leuchtend.