biotAWB m. a-St. ‚Tisch, Opfertisch‘, nur bei
Otfrid 2, 18, 20: zi themo gotes biete = ad altare;
außerdem in der Zss. stalobiot ‚Statue‘ (s. d.). —
Mhd. biet st.m. ‚Verdeck (des Schiffes)‘. —
Nhd. nur noch in Mdaa. (s. u.).
Ahd. Wb. I, 1083; Splett, Ahd. Wb. I, 67; Schütz-
eichel⁴ 76; Starck-Wells 584 (stalobiot); Graff III,
76 f.; Schade 60 (biet). 71 (biuds); Lexer I, 269; Be-
necke I, 189; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 466 (prōra).
473 (puppis); Dt. Wb. II, 3 f.; Kluge²¹ 72 (Beute¹);
Kluge²² 81 (Beute²); Pfeifer, Et. Wb. 162.
Das ahd. Wort hat seine Entsprechungen fast in
sämtlichen germ. Dialekten, so as. biod (Cott.
bied) = mensa ‚Tisch‘; ae. bēod ‚Tisch; Schüs-
sel, Napf‘ (bēodas pl.), me. beode, biede ‚Tisch‘,
ne. (veraltet) beod ‚Tisch‘; anord. bjóðr m., bjóð
n. ‚Tisch; Schüssel‘, nisl. bjóð n. ‚Schale (aus eí-
nem Stück Holz), in welche die mit Ködern ver-
sehenen Angelschnüre gelegt werden‘; außerdem
finn. Lehnw. pöytä ‚mensa‘, lapp.-norw. bævdde
‚dss.‘ (beide aus germ. *euđa-), s. Thomsen,
Einfl. d. germ. Spr. 163; E. A. Setälä, Finn.-Ugr.
Forsch. 13 (1913), 432 f.; Collinder, Urg. Lehnw.
im Finn. 171; got. biuþs, gen. biudis m. = τρά-
πεζα ‚Tisch‘; dazu die germ. Lehnwörter im
Slav. und Balt. wie aksl. bljudъ m., bljudo n. =
πίναξ ‚Schüssel‘, eigtl. ‚Holzbrett‘ (daraus alb.
bl’udë f. ‚Schüssel‘) mit lautgesetzlichem slav.
blj- für bj-, s. C. C. Uhlenbeck, Arch. f. slav.
Phil. 15 (1893), 483, russ.-ksl. bljudva = cani-
strum ‚Korb‘, serbo-kroat. bljuda, -o ‚irdene
Schüssel‘; sorb. blido ‚Tisch‘; aus dem Westslav.
rumän. blid (s. E. Berneker, IF 10 [1899], 151;
Stender-Petersen, Slav.-germ. Lehnw. 284.
401 ff.; A. Brückner, Archiv für slav. Phil. 42
[1929], 142; Kiparsky, Gemeinslav. Lehnw. aus
d. Germ. 193 f.); aus dem Slav. auch lit. bliũdas
‚Schüssel‘, lett. bļuōda ‚dss.‘ (s. K. Būga, Zfslav.
Phil. 1 [1924], 39; P. Skardžius, Die slav.
Lehnw. im Altlit. [Kaunus, 1931] 43).
Fick III (Germ.)⁴ 275; Holthausen, As. Wb. 7; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 52; Berr, Et. Gl. to Hel. 52; Holthausen,
Ae. et. Wb. 19; Bosworth-Toller, AS Dict. 84; Suppl.
78 f.; ME Dict. A—B, 736; OED² II, 119; Vries,
Anord. et. Wb.² 40; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 597.
608; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 17; Fritzner,
Ordb. o. d. g. norske sprog I, 145; Feist, Vgl. Wb. d.
got. Spr. 97; Lehmann, Gothic Et. Dict. B-74. — Berne-
ker, Slav. et. Wb. I, 64; Miklosich, Et. Wb. d. slav.
Spr. 15; Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d. slav. Spr.
Nr. 275; Vasmer, Russ. et. Wb. I, 95; Meyer, Et. Wb.
d. alb. Spr. 40; H. Tiktin, Rumän.-dt. Wb. (Bukarest,
1903—25) I, 200; Fraenkel, Lit. et. Wb. 50; Sehwers,
Dt. Einfluß im Lett. 283.
Trotz vereinzelter abweichender Versuche wird
es kaum möglich sein, das zu erschließende
germ. *euđa- von dem im Stammsilbenablaut
genau entsprechenden st. v. *euđan-, ahd. bio-
tan ‚anbieten, entgegenhalten‘ (s. d.), zu tren-
nen: als Grundbedeutung des Substantivs wird
etwa ‚was (an)bietet, entgegenhält‘ oder ‚worauf
(an)geboten wird‘ vorauszusetzen sein, ob es
sich nun um eine kleine, lose (hölzerne) Platte
handelt, die als ‚Speisebrett‘, oder, wenn ausge-
buchtet, ausgehöhlt oder gewölbt als ‚Schüssel‘
oder, wenn wie später, mit einem Untergestell
versehen, als ‚(Einzel)Tisch‘ diente. Vgl. Taci-
tus’ Germania 22: ... separatae singulis sedes et sua
cuique mensa. Daher kommt es auch, daß sich,
wie im Altengl. oder Altnord., noch lange die
beiden Bedeutungen ‚Schüssel‘ und ‚Tisch‘ mit
dem Worte verbanden oder aber, daß es wie im
Altsächs. und Got. nur für ‚Tisch‘, im Ahd. für
‚Opfertisch‘ oder, wie in den relativ frühen
slav.-balt. Entlehnungen, im Sinne von ‚Schüs-
sel‘ gebraucht wurde. Vgl. den parallelen Bed.-
wandel von lat. discus und seinen germ. Entleh-
nungen (→ tisc) und R. Meringer, Sitz.ber. d.
Wiener Akad. 144 (1902), VI, 80 f. 92. 96 f.;
O. Schrader, Reallex. d. idg. Alt.² I, 536 f. sowie
Maurer-Rupp, Dt. Wortgesch.³ I, 22 f. — Zur idg.
Wz. *bheu̯dh- s. Walde-Pokorny II, 147; Po-
korny 151.
Daneben wird man anderen Vorschlägen wenig Glau-
ben schenken, etwa Grienbergers, Unters. z. got. Wort-
kunde (1900) 50, der das Wort, zusammen mit mhd.
biute (→ *biuta), zu ahd. bodam (s. d.) stellte, lat. fun-
dus, gr. πυθμήν, oder Hirts, Etym. d. nhd. Spr.²
(1921), 216, der eigens ein isoliertes urgerm. *iuđaz
‚Baumstamm, Klotz‘ rekonstruierte (mit der Variation
*t- ‚Holzklotz‘ wiederaufgenommen von E. Karg-
Gasterstädt, PBB 61 [1937], 246). Noch weniger
überzeugend ist H. Peterssons Deutung, dem der
Zs.hang mit ahd. biotan ‚(an)bieten‘ „allzu abstrakt“
erschien (IF 23 [1908/09], 395) und der sich so, im
Anschluß an E. Lidén, Bugge-Festschrift (1892/93)
82 ff., trotz aller formalen wie semantischen Schwie-
rigkeiten für die Anknüpfung an die in ahd. bodam
(s. d.) vertretene (?) idg. Wz. *bheu̯t- ‚schlagen, zu-
hauen‘ entschied, wie schon Th. von Grienberger vor
ihm.
Je mehr sich dieses ‚(Speise) bietende‘ Gerät
nach Form und Werkstoff von den urtümlichen
Anfängen entfernte und durch kulturell fortge-
schrittenere Neuerungen, die zu Entlehnungen
führen konnten, verdrängen ließ, desto mehr
hielt sich die einheimische Bezeichnung von
ehedem nur noch in dem oder jenem traditions-
gebundenen Sonderwortschatz gewisser Arten
von Handwerk lebendig, wie es besonders die
ober- und mitteldt. Mdaa. von heute bezeugen.
So bezeichnet das Wort in der Weinbautermino-
logie noch weithin die Bretter des Kelterbodens,
den „Preßtisch“, auf dem die zu pressenden
Trauben gekeltert werden, oder, auch mehrmals
bezeugt, im Vokabular des Müllers den hölzer-
nen Unterbau, auf dem die Mahlgänge montiert
sind.
Vgl. zum ersteren: Ochs, Bad. Wb. I, 226; Fischer,
Schwäb. Wb. I, 1105 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I,
306; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. III,
156 f.; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa. 77; Müller, Rhein.
Wb. I, 686; Christmann, Pfälz. Wb. I, 902; Kehrein,
Volksspr. u. Wb. von Nassau 78; Maurer-Mulch, Süd-
hess. Wb. I, 838 f.; vgl. zum letzteren: Ochs, a. a. O. I,
226; Fischer, a. a. O. I, 1106; Christmann, a. a. O. I,
902.
Das Schweiz. Id. IV, 1857, das weder von der
Kelter noch vom Mahlen berichtet, verzeichnet
statt dessen mdartl. Biet f. oder m. als Bezeich-
nung für Vorder- oder Hinterteil eines Fischer-
kahns (bzw. die dort befindlichen Bretter), wäh-
rend nach Müller, Rhein. Wb. I, 688 das Subst.
Biet n. nicht nur den erwähnten Kelterteil, son-
dern auch das ‚hölzerne Fußgestell unter dem
Bienenkorb‘ bezeichnet.