*boumvîstAWB mhd. st.m., nur Gl. 3, 544, 30
(13. Jh.) boimvist (mit md. Monophth., vgl.
Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 46 Anm. 3, und i als Län-
gezeichen, ebd. und Paul, Mhd. Gr.²³ § 19,
S. 31): ‚Bovist, -fist, poantum(?)‘ (Lycoperdon
bovista L.).
Ahd. Wb. I, 1304; Splett, Ahd. Wb. I, 90. 239; Starck-
Wells 72; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 443; Dt. Wb. II,
218 (Bofist). 463 (Bubenfist); VII, 1629 (Pfauenfist).
1597 (Pfafist); IV, 1, 386 (Weiberfist); Weigand, Dt.
Wb.⁵ I, 262 (Bofist, Bovist); Kluge²¹ 88 (Bofist, Bo-
vist); Kluge²² 95; Pfeifer, Et. Wb. 195.
Der Name dieses zischend platzenden Staubpil-
zes, der im Mlat. lupi crepitus ‚Wolfsfurz‘ hieß
— aus dessen griech. Übersetzung λυκό-περδον
Tournefort (1700) die botan. Bez. Lycoperdon
gebildet hat —, ist begreiflicherweise vielerlei
volksetym. Entstellungen ausgesetzt worden.
Eine Übersicht über die zahlreichen Varianten
in den hoch- und nddt. Mdaa. gibt Marzell,
Wb. d. dt. Pflanzennamen II, 1461 ff. (darunter
Bubenfist, Pfauenfist, Wolfsfist, Hundsfist, Kuh-
fist, Weiberfist u. a.). Eine ebenso bunte Vielfalt
findet sich in den anderen germ. und idg. Spra-
chen, z. T. Übersetzungen des lat. Namens, wie
frz. vesse de loup, italien. vescia di lupo, ndän.
mdartl. ulvefis usw., z. T. volkstümliche Umbil-
dungen des Namens wie im Dt.: mndd. pofist,
poyvis, poggenvist (vgl. S. Norrbom, Das Gotha-
er mndd. Arzneibuch u. seine Sippe [Hamburg,
1921], 224); nfläm. boeveest, poeveesten; ndän.
bovist, nschwed. bofis(t) (beides wohl aus dem
Dt.); ne. (veraltet u. mdartl.) fist, bullfist, puck-
fist usw. Weiteres bei Marzell, a. a. O.
Während der zweite Teil der Zss. boimvist wie
auch nhd. Bovist ohne weiteres mit mhd. fst
‚Furz‘ (s. d.) zu identifizieren ist, bleibt der erste
Teil dunkel. Daß *boum-vist nicht ursprl. sein
kann, sondern an ‚Baum‘ angelehnt ist, liegt auf
der Hand. Meistens wird von einer ursprl. Form
vohen-vist ‚Fist der Füchsin‘ ausgegangen, mit
Dissimilation des ersten v- gegen das zweite (s.
bes. Kluge²² 95; B. Forssman, Mü. Stud. z.
Spr.wiss. 29 [1971], 54. 68 Anm. 31; Marzell,
a. a. O. 1464, der Parallelen in anderen Sprachen
angibt). Diese an sich sehr glaubwürdige Erklä-
rung wird aber dadurch in Zweifel gezogen, daß
der früheste Beleg von vohenvist erst aus dem
15. Jh. stammt (s. Lexer III, 432; Marzell,
a. a. O. 1464), während das Glossenwort boim-
vist beweist, daß eine Form mit anl. b- schon
zwei Jahrhunderte früher vorhanden war.
Weniger wahrscheinlich: zu mndd. mhd. buf(f),
puf(f) ‚(Wind)Stoß‘ (Lexer I, 379; II, 304;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 365);
vgl. ne. puff-ball, älter auch puffes-fists, wie auch
nhd. veraltet und mdartl. Puffist, Puffschwamm
u.dgl. (so schon Adelung, Gr.-krit. Wb. d. hd.
Mda. I, 1112; vgl. auch H.-Fr. Rosenfeld, PBB
78 (Halle, 1956), 368 f. Anm. 3 u. 4, der diese
Erklärung für rhein. bovist [būfest] mit der Bed.
‚vom Wind aufgewirbelte Staubhose‘ akzeptiert,
aber nicht für den Staubpilz).
Ob es mehr als ein Zufall ist, daß das unver-
ständliche lat. Lemma poantum mit derselben
Silbe po- (bo-?) anfängt wie das dt. Wort, muß
offen bleiben.