brâdamAWB m. a-St., nur in Gl.: ‚Dampf,
Dunst, Brodem, vapor, fumus, flatus‘; ‚Glut-
hauch (des Feuers), fervor‘, auch mit p- ge-
schrieben, einmal bradim 14. Jh. — Mhd. brâ-
dem, bradem: die Variante mit kurzem a als
Stammvokal ist ungeklärt; da sie erst so spät
auftritt, ist Ablaut unwahrscheinlich; ob sie
dem darauffolgenden [d] oder irgendeiner
Analogie zu verdanken ist? — Nhd. Brōdem,
auch Brōden, dürfte in seiner Lautgestalt von
dem bedeutungsähnlichen Atem/ Odem (→
âtum) beeinflußt sein, vgl. nebeneinander brat-
amen vel adam, Diefenbach, Gl. lat.-germ.
606. Zur Entwicklung von â zu ō, die sich in
obd. und md. Mdaa. schon früh abzeichnet
und von da in die Hochsprache eindringt, vgl.
Wilmanns, Dt. Gr. I § 228; Bahder, Grundla-
gen 154 ff.; Weinhold, Mhd. Gr.² § 88. 90;
V. Moser, Frühnhd. Gr. § 75; Kienle, Hist.
Laut- u. Formenlehre d. Dt.² § 43.
Ahd. Wb. I, 1307; Splett, Ahd. Wb. I, 94; Starck-
Wells 72; Graff III, 299; Schade 81 f.; Lexer I, 339;
Benecke I, 232; Dt. Wb. II, 291 (Bradem). 396 (Bro-
dem); Weigand, Dt. Wb.⁵ I, 290 f.; Kluge²¹ 102; Klu-
ge²² 106 f.; Pfeifer, Et. Wb. 217. — S. auch Grimm, Dt.
Gr.a II, 144.
Das mit germ. -ma-, idg. -mo-Suffix gebildete
ahd. Wort hat nur in mndd. brādem, brātme
‚Dunst, Qualm, Brodem‘ eine genaue lautliche
und bedeutungsmäßige Parallele. Doch gehören
zur selben Sippe auch ae. brǣþ m. ‚Dunst, Ge-
ruch, Gestank, Ausdünstung, Dampf, Hauch,
Wind‘, me. brēth, auch breað, braþe, breith
‚breathing, stench, vapor, fume, breeze‘ (dane-
ben me. brāþ ‚violent, angry‘, wohl dem Skand.
entlehnt, s. Björkman, Scand. Loanwords 88 f.),
ne. breath, dazu das dial. Adj. braith ‚heftig,
hitzig, hastig‘; weiterhin sind verwandt aisl.
bráðr ‚plötzlich, hurtig, heftig‘, nnorw. braad
‚hastig‘, ndän. bra(a)d, nschwed. bråd, urspr.
Bed. ‚heiß, dampfend‘ (als brad[es], prades
‚schnell‘ ins Lapp. entlehnt, s. Quigstad, Nord.
Lehnw. im Lapp. 115); zur Bed.entwicklung
‚heiß‘ > ‚schnell‘ vgl. lat. tostus ‚versengt‘ > frz.
tôt. So ergibt sich für ahd. brâdam eine germ.
Grundform *rǣþm- (< idg. *bhrētm-) mit
später entwickeltem Sekundärvokal zwischen d
und m (so schon O. Bremer, PBB 11 [1886],
279, während der Ansatz eines idg. *bhrēdh- :
*bhrōdh- bei Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 96
in die Irre geht).
Fick III (Germ.)⁴ 263; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 338; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
412; Holthausen, Ae. et. Wb. 32; Bosworth-Toller,
AS Dict. 120; Suppl. 103 f.; ME Dict. A—B, 1154 ff.;
OED² II, 520; Oxf. Dict. of Engl. Et. 116; Vries, A-
nord. et. Wb.² 52; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 613; Holt-
hausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 23; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 96; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog I, 175; Torp, Nynorsk et. ordb. 38; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 105; Ordb. o. d. danske sprog II,
1078 f.; Svenska akad. ordb. B-4425 ff.
Auch außergerm. bieten sich Anschlüsse an al-
lerlei Wortbildungen im Aind., Airan., Lat. und
Mir., die sich letzten Endes von der Wz.
*bher(ǝ)- [**bher(H₁)-] ‚(heiß) aufwallen,
-brausen‘ (von siedendem Wasser oder vom Feu-
er) herleiten. So aind. bhuráti ‚bewegt sich
rasch, zuckt, zappelt, bebt‘, intens. járbhurīti
‚dss.‘, auch ‚züngelt‘ (vom Feuer) (s. u.), dazu
das Adj. bhuraṇa- ‚eilig, beweglich, rührig‘ oder
bhrṇi- ‚aufgeregt, wild, zornig, eifrig‘ (<
*bhr̥̄-ni- [**bhH-ni-]). — Im Airan. begegnet
jungav. barǝṇti ‚wenn es stürmt‘. — Aus dem Lat.
melden sich fermentum (< *bher-) ‚Gärung‘,
übertr. ‚Aufwallung‘, sowie fretum, auch fretus,
-ūs (= *fr-et-um? vgl. Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 546 f.) ‚Wallung, Brandung (des Mee-
res), Meerenge‘, lat. fer-v-ō ‚siede, walle‘ und
aus dem Mir. berbaim ‚koche, siede‘.
Die Verben gr. πορφρω (< *πορφυρi̯ω) ‚woge‘ und
aind. járbhurīti, die seit alters miteinander verglichen
werden (wegen der semantischen Diskrepanz jedoch
Zweifel bei Frisk und Mayrhofer), setzen kein grund-
sprachliches Primärverb mit Intensivreduplikation und
tiefstufigem Verbalstamm *bhur- fort, da das aind.
Verb wegen seines irregulären Anlauts höchstwahr-
scheinlich eine einzelsprachliche Neubildung nach
dem Muster des (seinerseits von dem Perf. jabhra ‚er
trug‘ beeinflußten) Intensivs jábh- ‚wogend oder wir-
belnd tragen‘ darstellt und griech. πορφρω wohl auf
eine onomatopoetische Basis *phŭr-phŭr- weist
(K. Hoffmann, IF 60 [1952], 264; E. Tichy, Onomato-
poetische Verbalbildungen des Griechischen, Sitz.ber. d.
Akad. d. Wiss. in Wien 409, 14 [1983], 284 f.).
Walde-Pokorny II, 157 ff.; Pokorny 132; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 508 f. 515 (bhri-); ders., Et.
Wb. d. Altindoar. II, 250 f. (BHARI); Frisk, Gr. et.
Wb. II, 582. 1054 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 806, 1042;
Chantraine, Dict. ét. gr. 930 (πορφρω). 1235 (φρω);
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 482 f.
Auch werden aus dem Kelt., wenngleich nicht ohne
Bedenken, Formen wie air. topur, nir. tobar ‚Quelle‘
(< *to-od- oder *to-oss-bero- oder -boro-; vgl. Peder-
sen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 478; Thurneysen, Gr. of
OIr. 526) herangezogen, s. Walde-Pokorny II, 158;
K. F. Johansson, BB 18 (1892), 37; Vendryes, Lex. ét.
de l’irl. anc. T-110. Noch zweifelhafter sind Hinweise
auf armen. Wörter wie pՙr-pՙowr-kՙ ‚écume‘, Zusam-
menhänge, die zuerst von A. Meillet, BSLP 36 (1935),
122 angedeutet und von V. Pisani, Sprache 12 (1966),
227 mit weittragenden Folgerungen entwickelt worden
sind.
Der Versuch, germ. *rǣþm- auf die idg. Wz. *gu̯hrē-
‚riechen, wittern‘ zurückzuführen (E. Seebold in Laut-
geschichte und Etymologie 482; Kluge²² 106 f.), ist aus
lautlichen Gründen wohl abzulehnen. Vgl. Walde-
Hofmann, a. a. O. I, 540 (fragrō). Auch die einst be-
sonders von Osthoff erwogene Möglichkeit einer Her-
leitung von anlaut. gr. βρ-, lat. fr- aus idg. mr-
(Morph. Unters. V, 197 ff.) ist heute meist aufgegeben,
vgl. Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 547.
S. auch brâtan.