brûtlouftAWB, -hlouftAWB m.f. i-St.: ‚Hochzeit,
Vermählungsfeierlichkeiten, nuptiae‘. Mhd.
brûtlouf, -louft m.f.n.; nhd. Brautlauf m.
Ahd. Wb. I, 1469 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 113. 567;
Schützeichel⁴ 82; Starck-Wells 82. 796; Graff IV,
1120; Schade 88; Lexer I, 374; Benecke I, 1047; Die-
fenbach, Gl. lat.-germ. 385; P.Abel, Veraltende Be-
standteile des mittelhochdeutschen Wortschatzes, Diss.
(Erlangen, 1902), 33 f.; Dt. Wb. II, 336; Kluge²¹ 98;
Kluge²² 104.
Das Wort kommt in den meisten altgerm. Spra-
chen vor, in den westgerm. mit -t und in den
nordgerm. ohne -t: as. brūdlōft, mndd. brūtlacht
f.; mndl. brulocht, bruloft f.; fries. brulloft, ost-
fries. brüloft, brueloft (aus dem Nhd.); ae.
brȳdhlop n. (aus dem Aisl.); aisl. brúðlaup n.,
dän. bryllup; nnorw. brudlaup; schwed. bröllop.
Fick III (Germ.)⁴ 282; Holthausen, As. Wb. 10; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 64, 3. 175; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 361; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 440 f.; Verdam, Mndl. handwb. 120; Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 96; Vries, Ndls. et. wb. 92;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 239;
Holthausen, Ae. et. Wb. 37; Vries, Anord. et. Wb.²
59; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 684; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 27; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
109; Torp, Nynorsk et. ordb. 44 (s. v. Brud); Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 108.
Obwohl das Wort offensichtlich eine Zss. aus
brût und einem Verbalnomen zu loufan (s. d.)
ist, bleibt die Erklärung der ursprünglichen Be-
deutung unsicher. W. Krogmann (WuS 16
[1954], 81) teilt die Versuche, die Herkunft die-
ser Zss. mit den verschiedenen Hochzeitssitten
zu verbinden, in drei Gruppen. Die erste Grup-
pe verbindet das Wort ‚Brautlauf‘ mit der feier-
lichen Einholung der Braut von dem Bräutigam
und seinen Freunden. Vgl. Weigand, Dt. Wb.⁵
I, 282; Koegel, Lit.gesch. I, 45 u. a. Krogmann
(a. a. O.), R. Hennig (Die dt. Runendenkmäler
100) u. a. meinen aber, daß dieser festliche Zug
zu langsam sei, als daß er mit dem Wort ‚Lauf‘
in Verbindung gebracht werden könne. K. Mül-
lenhoff (ZfdA 30 [1885], 219) schlägt daher
vor, den Brautlauf nur auf den ersten Teil der
Heimholung zu beziehen, da dieser „noch oft
als wildes Wettreiten ausgeführt wurde“.
Die zweite Gruppe verbindet das Wort mit der
Heimholung nach der Trauung, wo die Braut
versucht, dem Hochzeitsgefolge zu entfliehen.
Vgl. F. Kaufmann, Zfdt. Phil. 42 (1910), 142;
K. Weinhold, Die dt. Frauen in dem Mittelalter
I² (Wien, 1882), 184 u. a.
Die dritte Gruppe führt den ‚Brautlauf‘ auf ei-
nen Scheinraub der Braut zurück. L. Dargun
(Mutterrecht, Raubehe und ihre Reste im germani-
schen Recht und Leben [Breslau, 1883], 129 ff.)
zählt Beispiele aus der Literatur und den Volks-
sitten vieler Gegenden auf, wo ein Raub oder
Scheinraub der Braut eine wichtige Rolle in der
Hochzeitstradition spielt. W. Krogmann, a. a. O.
82 f. hält diese ursprüngliche Verbindung für die
wahrscheinlichste.
Abzulehnen ist sowohl E. Schröders (ZfdA 61 [1924],
17 ff.) Versuch, das Wort als ‚Brauttanz‘ zu erklären
als auch eine Beziehung des Wortes zum Geschlechts-
akt (vgl. W. Krogmann, a. a. O. 82).