brahtAWB, prahtAWB m. a-St., nur in Gl.: ‚Lärm,
Geschrei, Getöse, tumultus, strepitus, fremitus,
fragor‘. — Mhd. braht m., auch f. ‚Lärm, Ge-
schrei‘. — Nhd. Pracht f. ‚Glanz, Aufwand,
-machung‘; anl. p- hat sich bei diesem Worte
eingebürgert, nicht nur, weil dies vor folgen-
dem l oder r besonders häufig der Fall ist, son-
dern auch, weil populäres Sprachgefühl der
Neuzeit das etym. isolierte Wort eher mit pran-
gen, Gepränge und prahlen als mit brechen as-
soziierte (s. Bahder, Grundlagen 225 ff.).
Ahd. Wb. I, 1311; Splett, Ahd. Wb. I, 99; Starck-
Wells 73; Graff III, 269; Schade 82; Lexer I, 339;
Nachtr. 100; Benecke I, 243; Dt. Wb. II, 283 ff.; VII,
2042 f.; Kluge²¹ 561 f.; Kluge²² 558; Pfeifer, Et. Wb.
1307.
Das auf den dt. Sprachraum beschränkte Wort
hat eine lautlich identische Entsprechung im
Ndd.: as. braht m. Hel. 4947 (variierend mit
galm ‚Lärm, Stimme‘), mndd. bracht ‚Krachen,
Lärm; Pracht, Herrlichkeit‘. Während diese
Formen mit der o-Stufe des Stammvokals und
mit Hilfe des dentalen (im geschichtlichen
Germ. nicht mehr lebendigen) Abstraktsuffixes
idg. *-to- gebildet wurden, das nach dem Reibe-
laut germ. -χ- unverschoben blieb (s. Brugmann,
Grdr.² II, 1 § 305; Kluge, Nom. Stammbildung³
§ 117; Wilmanns, Dt. Gr. II § 255, 2), sind die
westgerm. Gegenstücke sonst durch das Kon-
glutinat idg. *-tmo- gekennzeichnet: as. brah-
tum m. ‚Lärm, lärmende Menge‘, ae. breahtm,
bearhtm m. ‚Schrei, Geräusch‘ (s. Brugmann,
Grdr.² II, 1, 253; Kluge, a. a. O. § 153; Wil-
manns, Dt. Gr. II § 233, 1).
Im Nordgerm. haben sich Entsprechungen ohne
jede Suffigierung durchgesetzt, wie etwa aisl.
brak n., nnorw. dial. braak, nschwed. bråk,
ndän. brag; me. bracc wird als skand. Lehnwort
zu erklären sein (s. Björkman, Scand. Loan-
words 232). Dagegen bezeugt das Vorkommen
von mndd. brak, mhd. brach st.m. ‚Gekrach,
Lärm‘, daß dergleichen ohne Ableitungssuffix
gebildete Nomina auch auf hoch- und niederdt.
Sprachgebiet nicht für immer ausgeblieben sind;
dazu kommen noch Kollektivbildungen wie ae.
gebræc, as. gibrak, mhd. gebrach, ahd. gibreh,
mhd. gebrech (neben ahd. gibrechunga ‚Getöse‘)
sowie ahd. gibraht, mhd. gebraht, gebrehte
‚Krachen‘.
Fick III (Germ.)⁴ 277; Seebold, Germ. st. Verben
132 ff.; Holthausen, As. Wb. 9; Sehrt, Wb. z. Hel.²
60; Berr, Et. Gl. to Hel. 63 f.; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 338; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
411; Holthausen, Ae. et. Wb. 31; Bosworth-Toller,
AS Dict. 121; Suppl. 104; ME Dict. A—B, 1108;
OED² II, 473 (brack); Vries, Anord. et. Wb.² 53; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 634. 1122; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 23; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
97. 846; Torp, Nynorsk et. ordb. 36; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 96 (brak). 106 (bråk²); Feist, Vgl. Wb. d.
got. Spr. 104 (brakja); Lehmann, Gothic Et. Dict. B-
94 (brakja).
Noch immer umstritten ist die Frage, ob die
Wortformen mit der vorwiegenden Bed. ‚bre-
chen‘ und diejenigen mit der vorwiegenden
„Schallbed.“ ‚krachen‘ auf eine gemeinsame Wz.
zurückgehen (wozu Osthoff-Brugmann, Morph.
Unters. V, 100; Persson, Beitr. z. idg. Wortf.
330 Fn. 2. neigten, sowie Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. I, 113 f. 539, neuerdings auch Seebold,
der Mitglieder beider Wortsippen unter ein und
derselben Basis *bhreg- einreiht, allerdings ei-
nen Zusammenhang mit anklingenden Bildun-
gen aus dem Kelt. und Lit. bezweifelt [a. a. O.
134]). Was immer wieder zum Ansatz von zwei
getrennten Basen führt — *bhrg- ‚krachen‘ und
*bhreg- ‚brechen‘ —, sind vor allem lautliche Ar-
gumente wie etwa das lange -ā- in lat. suffrā-
gium ‚Abstimmung‘ (‚das Losbrechen des Lärms
der bestimmenden Menge‘), das nicht in die Ab-
lautreihe einer Basis *bhreg- paßt, — und doch
kann es sehr wohl sekundär sein (nach frāctus
u. ä.; so Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 113 f.;
→ bruoh¹). Andererseits spricht ein so nahelie-
gender und mehrfach bezeugter Bedeutungs-
wandel wie der zwischen ‚brechen‘ und ‚kra-
chen‘ gerade in lat. frangere und fragor gegen
eine Zweiteilung der zugrundeliegenden idg.
Vorform (s. Lühr, Expressivität 99).
Walde-Pokorny II, 193. 200; Pokorny 165; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 113 f. (suffrāginēs). 539 (fra-
gor). 541 (frangō); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 251 f.
Während das Wort Pracht in der dt. Hochspra-
che von heute ausschließlich fem. ist und mit
‚Krach‘ oder ‚Lärm‘ überhaupt nichts mehr zu
tun hat, bewahren die Mdaa. insbesondere
Oberdeutschlands fast ausnahmslos das ältere
Genus und die ältere Bed. ‚Krach, Lärm, Ge-
schrei‘, auch ‚lautes Treiben‘, vor allem ‚Ge-
plauder‘, und bezeichnen damit erst in zweiter
Linie ‚prunkhaftes Auftreten, großartigen Auf-
wand‘, häufig in tadelndem Sinne. Wenn Bedeu-
tungen wie ‚Krach‘ fehlen und Pracht, dann
meist fem., als stärkerer Ausdruck für ‚Glanz,
Herrlichkeit‘ dient, ist Einfluß der Schriftspra-
che im Spiel. (So ist ja auch dt. hell aus der Bed.-
sphäre von Stimme, Ton in diejenige des Lich-
ten, Sichtbaren übergegangen, s. Dt. Wb. IV, 2,
961 f.).
Vgl. Schweiz. Id. V, 388 ff.; Fischer, Schwäb. Wb. I,
1335 f.; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. III,
687; dagegen heißt es bei Müller, Rhein. Wb. VI,
1063: „aus dem Nhd. entnommen“; Maurer-Mulch,
Südhess. Wb. I, 1059 (Pracht f. „wie nhd.“); Wossidlo-
Teuchert, Meckl. Wb. V, 573 (Pracht f. ‚Pracht, Ge-
pränge‘); Ziesemer, Preuß. Wb. I, 748 (Brach m.). 749
(Bracht f.) ‚Lärm, Geschrei, Krach‘.