brantestocAWB mhd. st.m., nur Gl. 3, 550, 25 (2
Hss., 14. Jh.) zum lat. Lemma boras. Die Be-
deutung ist unklar, obwohl das Wort selbst
eine Zss. aus brant und stoc ist (s. d. d.). Es
steht in einem Pflanzenglossar, wo aber noch
andere vereinzelte Wörter zu finden sind.
Es gibt einige dt. (mdartl.) Pflanzennamen auf
brand- (z. B. brandblatt, brandstruck = Rumex
obtusifolius L., Marzell, Wb. d. dt. Pflanzenna-
men III, 1523; brandblatte(n), brandlattich =
Tussilago farfara L., Marzell IV, 864), weil die
Blätter als Kühlmittel auf Brandwunden gelegt
werden, aber keine von diesen Pflanzen wurde
mit lat. boras bezeichnet. Dagegen waren boras,
borax und borit(h) (ein unverwandtes Wort, das
mit borax, boras verwechselt wurde, s. u.) lat.
Namen mehrerer Pflanzen (vgl. Mittellat. Wb.
I, 1538. 1542), die aber sonst keine dt. Namen
auf brand- tragen. Wenn mhd. brantestoc wirk-
lich ein Pflanzenname ist, so käme doch viel-
leicht eine Pflanze in Frage, u. zwar Salicornia
europaea L. (auch Salicornia fruticosa genannt)
‚Queller‘ (Marzell IV, 5 ff.). Nach Fischer, Mit-
telalt. Pflanzenkunde 282 und Mittellat. Wb. I,
1542 ist der lat. Name borit für diese Pflanze
belegt (oder weniger wahrscheinlich für eine in
mancher Hinsicht ähnliche Pflanze Salsola kali
L., auch Salsola fruticosa genannt, Marzell IV,
37 f.). Da borit(h) und borax, boras sonst gleich-
gesetzt wurden (vgl. Mittellat. Wb. I, 1541: bo-
rax vel borith), könnte auch hier boras für bo-
rit(h) stehen. Die Pflanze heißt auch glasse-
schmeltz u. ä., weil „die viel Kochsalz enthalten-
de Asche... zur Glasbereitung diente (der Zu-
satz des in der Pflanzenasche enthaltenen Natri-
umchlorids erleichterte das Schmelzen des Gla-
ses)“, Marzell IV, 7. Ja, Hermann Graßmann,
Dt. Pflanzennamen (Stettin, 1870), 189 hat so-
gar den Gattungsnamen Schmelz für diese
Pflanze erfunden. Ahd. brennan bedeutet auch
‚Metall u. a. durch Feuer reinigen, schmelzen‘
(Ahd. Wb. I, 1357). So könnte brantestoc
‚Schmelzstengel‘ bedeuten („Der [glasige] Sten-
gel trägt keine ausgebildeten Blätter“, Marzell
IV, 5; vgl. auch IV, 7). Noch weiter: der Borax
wird auch beim Glasschmelzen benutzt (er wür-
de aber deswegen kaum ‚Schmelzstengel oder
-stamm‘ bezeichnet werden). Eine andere Hs.
hat brantstein ‚Schmelzkristall (?)‘; diesmal hat
der Schreiber wohl boras als ‚Borax‘ gedeutet.
Alles höchst unsicher.
Ahd. Wb. I, 1321 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 106. 942;
Starck-Wells 73 f.