buosumAWB, puosum m. a-St.: ‚Busen, Schoß,
Brustteil des Gewandes, etwas Bauschiges, si-
nus, gremium‘, seit dem 8. Jh. 〈Var.: -ua-, -o-,
-u-; -am, -em, -im, -en〉. — Mhd. buosem, -en
st.m.; nhd. Busen.
Ahd. Wb. I, 1507 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 117; Schütz-
eichel⁴ 83; Starck-Wells 85; Graff III, 218; Schade 91;
Lexer I, 388 f.; Benecke I, 280 f.; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 269 (gremium). 537 (sinus); Dt. Wb. II, 563 ff.;
Weigand, Dt. Wb.⁵ I, 313; Trübners Dt. Wb. I, 478 f.;
Kluge²¹ 113; Kluge²² 116; Pfeifer, Et. Wb. 236. —
Zum Sproßvokal im Ahd. vgl. Schatz, Ahd. Gr. § 91—
94; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 65, bes. Anm. 1.
Das Wort ist aufs Westgerm. beschränkt: as.
bōsom ‚Mutterleib‘, mndd. bosem(e), busem,
busme ‚Busen; Gewand, das die Brust bedeckt;
Sippe‘; mndl. boesem, bōsem ‚dss.‘, nndl. boezem
‚Busen‘; afries. bōs(e)m ‚dss.‘; ae. bōsm, bōsum
‚Busen, Brust, Schoß, Mutterleib‘, me. bosom
‚dss.‘, ne. bosom ‚Busen; Gewand, das die Brust
bedeckt‘.
Fick III (Germ.)⁴ 272; Holthausen, As. Wb. 9; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 59 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 63; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 331; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 459; Verdam, Mndl. handwb. 107;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 78; Suppl. 23; Vries, Ndls.
et. wb. 72 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 31; Bosworth-
Toller, AS Dict. 117; Suppl. 102; ME Dict. A—B,
1060 f.; OED² II, 422; Oxf. Dict. of Engl. Et. 108.
Die aufgrund dieser Wörter anzusetzende west-
germ. (urgerm.?) Form *ōsma- hat keine au-
ßergerm. Entsprechungen und keine sichere
Etymologie. Die in vielen etym. Wbb. (ein-
schließlich Kluge²¹ und Pokorny) zu findende
Herleitung von der idg. Wz. (*bhu̯-) : *bhou̯- :
*bh- ‚aufblasen, schwellen‘ ist nur dann mög-
lich, wenn man Monophthongierung eines idg.
Langdiphthongs *ōu annimmt (s. z. B. Traut-
mann, Germ. Lautgesetze 17 ff.), was keineswegs
sicher ist. Weder idg. *ou̯ noch *u ergibt germ.
*ō (vgl. C. Peeters, IF 84 [1979], 205; die germ.
Rekonstruktionen *ūs-mo(n)- [Pokorny 101]
und *usma- [Trübners Dt. Wb. 478] sind na-
türlich falsch). Eine zweite, ziemlich weit ver-
breitete Erklärung: aus germ. *ō-sma-, zu
ahd. buog ‚Bug, Schulter‘ (s. d.), ist aus semanti-
schen Gründen abzulehnen.
Sofern es sich bei dem Wort ‚Busen‘ nicht um
eine westgerm. Neuschöpfung, sondern um die
Fortsetzung eines vorurgerm. *bhōs-mo- mit
dem Suffix *-mo- wie in anderen Körperteilbe-
zeichnungen (→ arm, barm, folma) und mit
Dehnstufe anstelle der üblichen o- oder
Schwundstufe handelt, kommt eventuell An-
schluß an die idg. Wz. *bhes- ‚blasen‘ in Frage;
vgl. bes. aind. bhástrā ‚Lederschlauch, Lederfla-
sche, Schlauch, Sack, Balg‘, dazu auch ved. (RV
5, 19, 5) bhásman- als Epitheton des Windes?
(Mayrhofer, Et. Wb. d. Altindoar. II, 259; an-
ders Graßmann, Wb. z. Rig-Veda 930), viell.
auch aind. bhasád- f. ‚Hinterteil‘, bhsada- m.
‚Hinterteil, Hintern(?)‘, gr. ψῡχή f. ‚Hauch,
Atem, Seele‘, ψύχω ‚blase‘; Weiteres bei Mayr-
hofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 388 f. 489 f.; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. II, 257 ff.; P. Thieme,
Schubring-Festschrift (Hamburg, 1951), 1 ff.;
Frisk, Gr. et. Wb. II, 1141 f.; Chantraine, Dict.
ét. gr. 1294 f.; Pokorny 146. Bei manchen idg.
Wörtern für ‚Brust‘ scheint der Urbegriff ‚Ge-
schwollenes (Aufgeblasenes), Gewölbtes‘ zu sein
(→ brust); so erklärt sich auch die Nebenbed.
‚Mutterleib‘.