dahAWB n. a-St., Gl., Notker: ‚Dach, Decke,
tectum, tegumen‘ 〈Var: thah, tah〉. — Mhd. dach
‚Dach, Decke, Verdeck; Oberstes, Schirmen-
des‘; nhd. Dach.
Ahd. Wb. II, 23; Splett, Ahd. Wb. I, 122; Schütz-
eichel⁴ 84; Starck-Wells 89; Graff V, 103 f.; Schade
94; Lexer I, 405; Benecke I, 293; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 574 (tectum); Dt. Wb. II, 660 ff.; Dt. Wb.² VI,
25 ff.; Kluge²¹ 119; Kluge²² 125; Pfeifer, Et. Wb. 250.
Mit ahd. dah identisch sind: mndd. dak, dāk n.
m. ‚Dach, zum Decken gebrauchtes Schilfrohr,
Stroh, Decke des Armbrustlaufs‘; mndl. dac,
dec n. (gen. dākes) ‚Dach, Dachstuhl eines Hau-
ses; Schilfrohr‘, nndl. dak; afries. thek n.; nost-
fries. dak ‚Dach, Decke, Schutzdecke eines
Hauses usw.; Schilfrohr‘, nwestfries. teek
‚Dach, Bedeckung, Material, woraus das Bett-
zeug gemacht wird‘; ae. ðæc n. (ðaca m., ðæce
f.) ‚Dach‘, me. þak, ne. thatch ‚Dachstroh,
Strohdach, Strohhütte‘; aisl. þak n. ‚Dach,
Decke, Dachmaterial; Gebüsch‘, nisl. þak,
nnorw. tak ‚Dach, Deckmaterial, Birkenrinde‘,
ält. ndän. tag ‚Dach, Rohr, Langstroh‘ (ndän.
klittag ‚Sandhalm‘), ndän. tag, nschwed. tak
‚Dach‘, nschwed. dial. tak ‚Dach, phragmites
communis‘, so genannt, weil es seit alter Zeit
(Plinius, Nat. Hist. 16, 36) zum Dachdecken
benutzt wird; vgl. nschwed. taklauk, nnorw. tak-
lauk, nhd. Hauslauch (aus dem Nordgerm.
lapp. [norw.] dakke, takke). Die gemeinsame
Vorform ist urgerm. *þaka-. Gegenüber den
Lautungen mit anlautendem t- im Nordgerm.
(im Ostnord. und Norw. geht þ seit 1400 in t
über; s. Noreen, Gesch. d. nord. Spr. § 174c;
Seip, Norw. Sprachgesch. 394) sind ndän. dæk
‚(Ver-)Deck‘, nschwed. däck ‚Deck‘ aus nndd.
deck, das auf nndl. dek ‚Verdeck‘ (aus mndl.
vordecke nach frz. couvert, italien. coperta zu
dekken; Vries, Ndls. et. wb. 110) beruht, ent-
lehnt (aus nndl. dek stammt ne. 1513 deck
‚[Ver-]Deck‘, daraus oder aus nndl. dek ist hd.
17. Jh. Deck, Verdeck hervorgegangen; s. Dt.
Wb.² VI, 475). Die gleiche Ablautstufe wie das
Wort Dach weist die Vorform des zugehörigen
Subst. nnorw. dial. taka ‚Schweinshaut‘ < *þa-
kōn- auf. Mit s-mobile gehört ferner awestnord.
staka ‚Fell‘ < *stakōn- hierher (ein von Pokorny
1014 u. a. angeführtes awestnord. stakka f. ‚Fell‘
mit -kk- existiert nicht).
Entgegen der Auffassung von Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 1146 und Fick III (Germ.)⁴ 479 ist anord.
stakkr m. ‚Wams, kurzes Kleidungsstück‘, dem afries.
stak(k) m. ‚Mäntelchen, Überwurf, Umhang, Pelerine‘
entspricht, nicht mit der Wz. uridg. *(s)teg- zu verbin-
den. Diese Wörter stellen sich vielmehr zu aschwed.
stakker ‚kurz‘, anord. stǫkkóttr ‚kurz‘ (s. Lühr, Expres-
sivität 230).
Fick III (Germ.)⁴ 176; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 390; Verdam, Mndl. handwb. 127;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 104; Vries, Ndls. et. wb.
104; Holthausen, Afries. Wb.² 110; Dornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. I, 213; Dijkstra, Friesch Wb.
III, 213; Holthausen, Ae. et. Wb. 359; Bosworth-Tol-
ler, AS Dict. 1030; Stratmann-Bradley, ME Dict.³
621; Oxf. Dict. of Engl. Et. 914; OED² XVII, 873;
Vries, Anord. et. Wb.² 605; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
399; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 312; Falk-
Torp, a. a. O. 241. 174; Torp, Nynorsk et. ordb. 768;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1159 f.; Thomsen, Saml.
afhandlinger II, 220; Quigstad, Nord. Lehnw. im
Lapp. 125.
Die dem urgerm. *þaka- zugrundeliegende
Vorform *togo- entspricht in der Ablautstufe
nkymr. to ‚Dach‘ (nkymr. toi ‚bedachen‘),
nbret. to ‚Dach‘ (< *togo-) und lat. toga f. ‚To-
ga, männliches und weibliches Kleidungsstück‘,
auch ‚Dach‘ (nur in einer bei dem Grammatiker
Nonius Marcellus bewahrten Glosse) und setzt
den ererbten Typ eines o-stufigen deverbalen
Substantivs fort (E. Hamp, Leuv. bijdr. 79
[1990], 130). Das von Fick a. a. O. zum Ver-
gleich herangezogene, ebenfalls auf einer o-Stufe
beruhende air. tugae, tuige f. ‚Bedecken, Bedek-
kung, Dach‘ ist nicht unmittelbar vergleichbar,
weil es sich um ein Verbalnomen zu dem Verb
air. tuigithir ‚deckt, bedeckt, deckt ein Dach‘
handelt. Eine andere Ablautstufe zeigen die
Wörter gr. τέγος ‚Dach, Haus‘, air. tech, teg n.,
später m. ‚Haus, Wohnung‘, akymr. tig, nkymr.
ty (pl. akymr. te, mkymr. tei, tai mit -i aus dem
Pl.-Ausgang der s-Stämme), akorn. ti, mkorn.,
nkorn. chy (mit t > tʃ vor vorderen Vokalen),
abret. -tig (bou-tig ‚Kuhstall‘), mbret. ti, ty,
nbret. ti (pl. tiez, tier; s. Jackson, Hist. Phon. of
Breton § 1007. 1168.) ‚Haus‘, deren i-Laut sich
wie in nkymr. hy ‚kühn‘ < *sego- erklärt (Jack-
son, Lang. and Hist. in Early Britain 398; s. auch
E. P. Hamp, Bull. of Board of Celt. Stud. 16
[1956], 277 ff.; anders Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt.
Spr. I, 98 f.: mit unklarem brit. i); die Vorform
ist ein neutraler s-Stamm *tegos, gen. *teges-os,
dem gr. τέγος entspricht; vgl. ferner air. teglach
‚Hausgenossenschaft, Familie‘, akymr. telu,
mkymr. teilu, nkymr. teulu, akorn. teilu ‚Fami-
lie‘ (< *tego-slou̯go-). Problematisch ist die
lautliche Erklärung der sicher zugehörigen
Wörter air. tigern ‚(Haus-)Herr‘, nkymr. teyrn
‚rex, tyrannus‘, abrit. Cato-tigerni, gall. Thiger-
num castrum < *tegerno-/ tegirno- anstelle von
*tegis-no- (mit Wandel von *-is- < *-es-; s.
E. P. Hamp, Ét. celt. 23 [1986], 47) < *teges-
no-(?); vgl. lat. dominus ‚Herr‘ als no-Ableitung
von domus ‚Haus‘ (E. P. Hamp, English Studies
58 [1977], 97 f.; anders J. Vendryes, Rev. des ét.
anc. 42 [1940], 682 ff.; Pokorny 1016 air. tigern
usw. < *tiger-no- zu apers. tigra- ‚scharf‘, iran.
Tιγάρνης usw.).
Nicht hierher gehört die 1.sg.ind.präs. air. cunutgim
für ‚architector‘, die Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II,
654 auf eine Vorform *con-ud-tegim zurückführen,
da zugehörige Formen wie air. conutuinc ‚er baut‘
deutlich machen, daß eine nasalhaltige Wz. zugrunde
liegt; s. Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 505; Po-
korny 245.
Weitere verwandte Formen sind lat. tugurium n.
(statt *tegurium) ‚Hütte, Schuppen, dessen
Dach von Stroh, Rasen oder Rohr bis auf die
Erde reichte, wie sie die Bauern, bes. die Schäfer
und Hirten auf dem Feld hatten‘, lat. tēctum seit
Ennius ‚Dach, Haus, Obdach‘ (der Stammvokal
ist in der Folge -gt- > -kt- gemäß dem Lach-
mannschen Gesetz gedehnt; s. Leumann, Lat.
Laut- u. Formenlehre § 129), umbr. tehteřim ‚te-
gimentum, tectorium‘ < *tektili-(?), tettom-e
‚Name eines Gebäudes in Iguvium‘ (Planta, Gr.
d. osk.-umbr. Dialekte II, 25 A. 2; I, 354 f.; Mei-
ser, Lautgesch. d. umbr. Spr. 140. 207: tehteřim
< *tektelii̯o-?; 274: anstelle von tettom-e eigtl.
*te[h]to-); und mit s-mobile gr. στέγος n.
‚Dach, Haus‘, στέγη, dor. äol. στέγᾱ f. ‚Dach,
bedeckter Ort, Haus; Zimmer‘ (woraus lat. stega
f. ‚Verdeck des Schiffes‘ Plautus). Es handelt
sich um Ableitungen der uridg. Wz. *teg- ‚be-
decken‘ (z. B. in lat. tegere ‚decken, bedecken‘),
neben der eine s-mobile-haltige Wz. *steg- (gr.
nachhomer. στέγω ‚decke, schütze‘) existiert (zu
aind. sthagayati ‚verhüllt, verbirgt, macht ver-
schwinden‘, das von der älteren Forschung zu
Unrecht durchwegs mit der Wz. uridg. *[s]teg-
‚[be]decken‘ verbunden wurde, s. decken). Die
Kontinuante eines (wohl sekundären) langen ā
bzw. ē erscheint in lit. stógas, lett. stâgs, apreuß.
stogis ‚Dach‘ bzw. lat. tēgula ‚Dachziegel, Zie-
geldach‘ seit Cicero, apreuß. steege ‚Scheuer‘.
Was lit. stíegti (-giu, -giau) ‚ein Strohdach auf-
setzen, das Dach mit Stroh bedecken, das Stroh
(beim Dachdecken) ausbreiten‘, (stíegtojas
‚Dachdecker‘), das früher fälschlich als stgti
angesetzt wurde, angeht, so ist -íe- anstelle von
-- nach Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 288 auf
eine Umbildung nach dem Verb striẽgti (-giù,
-giaũ) ‚mit Stroh decken (z. B. Dach), das Stroh
(beim Dachdecken) ausbreiten, hinlegen‘ zu-
rückzuführen; vgl. auch lit. striẽgė ‚Dachdecken
mit losem Stroh‘.
Dagegen geht E. Fraenkel, WuS 12 (1929), 191; Lit.
et. Wb. II, 904 in Anschluß an R. Meringer, IF 17
(1904—05), 156; IF 18 (1905—06), 265 ff., der für ur-
idg. *(s)tegō eine Bedeutung ‚ich flechte (vom Herstel-
len eines Strohdachs usw.)‘ voraussetzt, von einer
Grundbedeutung ‚(auf)schichten, ordnen‘ aus und ver-
bindet dieses Verb mit lit. steĩgti ‚gründen, einrichten‘,
Auffassungen, die wenig überzeugen. Ob russ.-ksl.
stogъ ‚Heuschober‘ mit einer Grundbedeutung etwa
‚von einem Wetterschutz überdachter Schober‘ zu der
Wz. *(s)teg- ‚(be)decken‘ zu stellen ist, ist fraglich.
Die Grundbedeutung war eher ‚um eine Stange als
Mittelstütze gehäuft‘, wodurch dieses Wort der Sippe
von mndd. stāke m. ‚Staken‘, awestnord. stakkr m.
‚Heuschober, Haufen‘ angeschlossen werden kann
(E. Fraenkel, WuS 12 [1929], 186; Lühr, Expressivität
229 f.). Auch die Verbindung mit ksl. ostegъ ‚vestis‘ er-
scheint zweifelhaft, denn dieses Wort kann kaum von
russ. stegát’, stegnút’ ‚steppen, nähen, peitschen‘ ge-
trennt werden (Vasmer, Russ. et. Wb. III, 8; anders
Kluge²² 125).
Walde-Pokorny II, 620 f.; Pokorny 1013 f.; Boisacq,
Dict. ét. gr.⁴ 905; Frisk, Gr. et. Wb. II, 780; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 1046; Curtius, Grundzüge d. gr.
Et.⁵ 155; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 654 f.; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 678 f.; Vaniček, Et. Wb. d.
lat. Spr.² 324; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 320;
Vasmer, a. a. O. II, 286; Trautmann, Apreuß. Sprach-
denkm. 438 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. II, 904; Fick II
(Kelt.)⁴ 127; Holder, Acelt. Spr. II, 1789; Dict. of Irish
C-468. T-95 ff.; Dottin, Langue gaul. 289; Vendryes,
Lex. ét. de l’irl. anc. T-39. 62 f. (air. tigern mit Suffix
*-erno- oder Rhotazismus *tegerno- < *tegesno-;
s. o.); mit veralteten Anschlüssen: Fick I (Idg.)⁴ 147;
F. A. Wood, Mod. Phil. 5 (1907—08), 284 f.