dah
Volume II, Column 490
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dah n. a-St., Gl., Notker: Dach, Decke,
tectum, tegumen
Var: thah, tah. Mhd. dach
Dach, Decke, Verdeck; Oberstes, Schirmen-
des
; nhd. Dach.

Ahd. Wb. II, 23; Splett, Ahd. Wb. I, 122; Schütz-
eichel⁴ 84; Starck-Wells 89; Graff V, 103 f.; Schade
94; Lexer I, 405; Benecke I, 293; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 574 (tectum); Dt. Wb. II, 660 ff.; Dt. Wb.² VI,
25 ff.; Kluge²¹ 119; Kluge²² 125; Pfeifer, Et. Wb. 250.

Mit ahd. dah identisch sind: mndd. dak, dāk n.
m. Dach, zum Decken gebrauchtes Schilfrohr,
Stroh, Decke des Armbrustlaufs
; mndl. dac,
dec n. (gen. dākes) Dach, Dachstuhl eines Hau-
ses; Schilfrohr
, nndl. dak; afries. thek n.; nost-
fries. dak Dach, Decke, Schutzdecke eines
Hauses usw.; Schilfrohr
, nwestfries. teek
Dach, Bedeckung, Material, woraus das Bett-
zeug gemacht wird
; ae. ðæc n. (ðaca m., ðæce
f.) Dach, me. þak, ne. thatch Dachstroh,
Strohdach, Strohhütte
; aisl. þak n. Dach,
Decke, Dachmaterial; Gebüsch
, nisl. þak,
nnorw. tak Dach, Deckmaterial, Birkenrinde,
ält. ndän. tag Dach, Rohr, Langstroh (ndän.
klittag Sandhalm), ndän. tag, nschwed. tak
Dach, nschwed. dial. tak Dach, phragmites
communis
, so genannt, weil es seit alter Zeit
(Plinius, Nat. Hist. 16, 36) zum Dachdecken
benutzt wird; vgl. nschwed. taklauk, nnorw. tak-
lauk, nhd. Hauslauch (aus dem Nordgerm.
lapp. [norw.] dakke, takke). Die gemeinsame
Vorform ist urgerm. *þaka-. Gegenüber den
Lautungen mit anlautendem t- im Nordgerm.
(im Ostnord. und Norw. geht þ seit 1400 in t
über; s. Noreen, Gesch. d. nord. Spr. § 174c;
Seip, Norw. Sprachgesch. 394) sind ndän. dæk
(Ver-)Deck, nschwed. däck Deck aus nndd.
deck, das auf nndl. dek Verdeck (aus mndl.
vordecke nach frz. couvert, italien. coperta zu
dekken; Vries, Ndls. et. wb. 110) beruht, ent-
lehnt (aus nndl. dek stammt ne. 1513 deck
[Ver-]Deck, daraus oder aus nndl. dek ist hd.
17. Jh. Deck, Verdeck hervorgegangen; s. Dt.
Wb.² VI, 475). Die gleiche Ablautstufe wie das
Wort Dach weist die Vorform des zugehörigen
Subst. nnorw. dial. taka Schweinshaut < *þa-
kōn- auf. Mit s-mobile gehört ferner awestnord.
staka Fell < *stakōn- hierher (ein von Pokorny
1014 u. a. angeführtes awestnord. stakka f. Fell
mit -kk- existiert nicht).

Entgegen der Auffassung von Falk-Torp, Norw.-dän.
et. Wb. 1146 und Fick III (Germ.)⁴ 479 ist anord.
stakkr m. Wams, kurzes Kleidungsstück, dem afries.
stak(k) m. Mäntelchen, Überwurf, Umhang, Pelerine
entspricht, nicht mit der Wz. uridg. *(s)teg- zu verbin-
den. Diese Wörter stellen sich vielmehr zu aschwed.
stakker kurz, anord. stkkóttr kurz (s. Lühr, Expres-
sivität 230).

Fick III (Germ.)⁴ 176; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 390; Verdam, Mndl. handwb. 127;
Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 104; Vries, Ndls. et. wb.
104; Holthausen, Afries. Wb.² 110; Dornkaat Kool-
man, Wb. d. ostfries. Spr. I, 213; Dijkstra, Friesch Wb.
III, 213; Holthausen, Ae. et. Wb. 359; Bosworth-Tol-
ler, AS Dict. 1030; Stratmann-Bradley, ME Dict.³
621; Oxf. Dict. of Engl. Et. 914; OED² XVII, 873;
Vries, Anord. et. Wb.² 605; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
399; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 312; Falk-
Torp, a. a. O. 241. 174; Torp, Nynorsk et. ordb. 768;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1159 f.; Thomsen, Saml.
afhandlinger II, 220; Quigstad, Nord. Lehnw. im
Lapp. 125.

Die dem urgerm. *þaka- zugrundeliegende
Vorform *togo- entspricht in der Ablautstufe
nkymr. to Dach (nkymr. toi bedachen),
nbret. to Dach (< *togo-) und lat. toga f. To-
ga, männliches und weibliches Kleidungsstück
,
auch Dach (nur in einer bei dem Grammatiker
Nonius Marcellus bewahrten Glosse) und setzt
den ererbten Typ eines o-stufigen deverbalen
Substantivs fort (E. Hamp, Leuv. bijdr. 79
[1990], 130). Das von Fick a. a. O. zum Ver-
gleich herangezogene, ebenfalls auf einer o-Stufe
beruhende air. tugae, tuige f. Bedecken, Bedek-
kung, Dach
ist nicht unmittelbar vergleichbar,
weil es sich um ein Verbalnomen zu dem Verb
air. tuigithir deckt, bedeckt, deckt ein Dach
handelt. Eine andere Ablautstufe zeigen die
Wörter gr. τέγος Dach, Haus, air. tech, teg n.,
später m. Haus, Wohnung, akymr. tig, nkymr.
ty (pl. akymr. te, mkymr. tei, tai mit -i aus dem
Pl.-Ausgang der s-Stämme), akorn. ti, mkorn.,
nkorn. chy (mit t > vor vorderen Vokalen),
abret. -tig (bou-tig Kuhstall), mbret. ti, ty,
nbret. ti (pl. tiez, tier; s. Jackson, Hist. Phon. of
Breton § 1007. 1168.) Haus, deren i-Laut sich
wie in nkymr. hy kühn < *sego- erklärt (Jack-
son, Lang. and Hist. in Early Britain 398; s. auch
E. P. Hamp, Bull. of Board of Celt. Stud. 16
[1956], 277 ff.; anders Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt.
Spr. I, 98 f.: mit unklarem brit. i); die Vorform
ist ein neutraler s-Stamm *tegos, gen. *teges-os,
dem gr. τέγος entspricht; vgl. ferner air. teglach
Hausgenossenschaft, Familie, akymr. telu,
mkymr. teilu, nkymr. teulu, akorn. teilu Fami-
lie
(< *tego-slogo-). Problematisch ist die
lautliche Erklärung der sicher zugehörigen
Wörter air. tigern (Haus-)Herr, nkymr. teyrn
rex, tyrannus, abrit. Cato-tigerni, gall. Thiger-
num castrum < *tegerno-/ tegirno- anstelle von
*tegis-no- (mit Wandel von *-is- < *-es-; s.
E. P. Hamp, t. celt. 23 [1986], 47) < *teges-
no-(?); vgl. lat. dominus Herr als no-Ableitung
von domus Haus (E. P. Hamp, English Studies
58 [1977], 97 f.; anders J. Vendryes, Rev. des ét.
anc. 42 [1940], 682 ff.; Pokorny 1016 air. tigern
usw. < *tiger-no- zu apers. tigra- scharf, iran.
Tιγάρνης usw.).

Nicht hierher gehört die 1.sg.ind.präs. air. cunutgim
für architector, die Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II,
654 auf eine Vorform *con-ud-tegim zurückführen,
da zugehörige Formen wie air. conutuinc er baut
deutlich machen, daß eine nasalhaltige Wz. zugrunde
liegt; s. Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 505; Po-
korny 245.

Weitere verwandte Formen sind lat. tugurium n.
(statt *tegurium) Hütte, Schuppen, dessen
Dach von Stroh, Rasen oder Rohr bis auf die
Erde reichte, wie sie die Bauern, bes. die Schäfer
und Hirten auf dem Feld hatten
, lat. tēctum seit
Ennius Dach, Haus, Obdach (der Stammvokal
ist in der Folge -gt- > -kt- gemäß dem Lach-
mannschen Gesetz gedehnt; s. Leumann, Lat.
Laut- u. Formenlehre § 129), umbr. tehteim te-
gimentum, tectorium
< *tektili-(?), tettom-e
Name eines Gebäudes in Iguvium (Planta, Gr.
d. osk.-umbr. Dialekte II, 25 A. 2; I, 354 f.; Mei-
ser, Lautgesch. d. umbr. Spr. 140. 207: tehteim
< *tektelio-?; 274: anstelle von tettom-e eigtl.
*te[h]to-); und mit s-mobile gr. στέγος n.
Dach, Haus, στέγη, dor. äol. στέγᾱ f. Dach,
bedeckter Ort, Haus; Zimmer
(woraus lat. stega
f. Verdeck des Schiffes Plautus). Es handelt
sich um Ableitungen der uridg. Wz. *teg- be-
decken
(z. B. in lat. tegere decken, bedecken),
neben der eine s-mobile-haltige Wz. *steg- (gr.
nachhomer. στέγω decke, schütze) existiert (zu
aind. sthagayati verhüllt, verbirgt, macht ver-
schwinden
, das von der älteren Forschung zu
Unrecht durchwegs mit der Wz. uridg. *[s]teg-
[be]decken verbunden wurde, s. decken). Die
Kontinuante eines (wohl sekundären) langen ā
bzw. ē erscheint in lit. stógas, lett. stâgs, apreuß.
stogis Dach bzw. lat. tēgula Dachziegel, Zie-
geldach
seit Cicero, apreuß. steege Scheuer.
Was lit. stíegti (-giu, -giau) ein Strohdach auf-
setzen, das Dach mit Stroh bedecken, das Stroh
(beim Dachdecken) ausbreiten
, (stíegtojas
Dachdecker), das früher fälschlich als stgti
angesetzt wurde, angeht, so ist -íe- anstelle von
-- nach Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 288 auf
eine Umbildung nach dem Verb strigti (-giù,
-giaũ) mit Stroh decken (z. B. Dach), das Stroh
(beim Dachdecken) ausbreiten, hinlegen
zu-
rückzuführen; vgl. auch lit. strig Dachdecken
mit losem Stroh
.

Dagegen geht E. Fraenkel, WuS 12 (1929), 191; Lit.
et. Wb. II, 904 in Anschluß an R. Meringer, IF 17
(190405), 156; IF 18 (190506), 265 ff., der für ur-
idg. *(s)tegō eine Bedeutung ich flechte (vom Herstel-
len eines Strohdachs usw.)
voraussetzt, von einer
Grundbedeutung (auf)schichten, ordnen aus und ver-
bindet dieses Verb mit lit. steĩgti gründen, einrichten,
Auffassungen, die wenig überzeugen. Ob russ.-ksl.
stogъ Heuschober mit einer Grundbedeutung etwa
von einem Wetterschutz überdachter Schober zu der
Wz. *(s)teg- (be)decken zu stellen ist, ist fraglich.
Die Grundbedeutung war eher um eine Stange als
Mittelstütze gehäuft
, wodurch dieses Wort der Sippe
von mndd. stāke m. Staken, awestnord. stakkr m.
Heuschober, Haufen angeschlossen werden kann
(E. Fraenkel, WuS 12 [1929], 186; Lühr, Expressivität
229 f.). Auch die Verbindung mit ksl. ostegъ vestis er-
scheint zweifelhaft, denn dieses Wort kann kaum von
russ. stegát’, stegnút’ steppen, nähen, peitschen ge-
trennt werden (Vasmer, Russ. et. Wb. III, 8; anders
Kluge²² 125).

Walde-Pokorny II, 620 f.; Pokorny 1013 f.; Boisacq,
Dict. ét. gr.⁴ 905; Frisk, Gr. et. Wb. II, 780; Chan-
traine, Dict. ét. gr. 1046; Curtius, Grundzüge d. gr.
Et.⁵ 155; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 654 f.; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 678 f.; Vaniek, Et. Wb. d.
lat. Spr.² 324; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr. 320;
Vasmer, a. a. O. II, 286; Trautmann, Apreuß. Sprach-
denkm. 438 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. II, 904; Fick II
(Kelt.)⁴ 127; Holder, Acelt. Spr. II, 1789; Dict. of Irish
C-468. T-95 ff.; Dottin, Langue gaul. 289; Vendryes,
Lex. ét. de l’irl. anc. T-39. 62 f. (air. tigern mit Suffix
*-erno- oder Rhotazismus *tegerno- < *tegesno-;
s. o.); mit veralteten Anschlüssen: Fick I (Idg.)⁴ 147;
F. A. Wood, Mod. Phil. 5 (190708), 284 f.

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