diozanAWB st. v. II, Gl., Notker: ‚rauschen, to-
sen, heulen, brausen, säuseln, fließen, hervor-
gehen, strepere, stridere, fremere‘ 〈Var.: -eo-,
-ie-, -zz-, -en〉. — Mhd. diezen ‚laut schallen,
rauschen; sich erheben, aufschwellen‘ (mhd.
diez[e] st. sw. m. ‚Schall, Wirbel, Zucken‘),
nhd. nur noch in den Dialekten.
Bad. dießen, schwäb. diessen ‚rauschen‘; vorarlberg.
†diessen ‚ertönen, erschallen; schreien‘; bair. dießen
(part. gedossen) ‚ertönen, schallen, rauschen, hervor-
treten, schwellen‘.
Splett, Ahd. Wb. I, 142; Schützeichel⁴ 91; Starck-
Wells 102 f.; Graff V, 235 f.; Schade 104; Lexer I, 431;
Benecke I, 372; Kluge²¹ 784; Braune, Ahd. Gr.¹⁴
§ 334; Bach, Dt. Namenkunde II § 164. 298. 305; För-
stemann, Adt. Namenbuch2/3 II, 1, 707; Springer,
Flußnamen 102. — Ochs, Bad. Wb. I, 480; Fischer,
Schwäb. Wb. IV, 1748; Jutz, Vorarlberg. Wb. I, 567;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 547.
Ahd. diozan entsprechen ae. ðeotan st. v. (neben
ðūtan) ‚heulen, brüllen, widerhallen; murren‘,
me. þēoten ‚heulen‘; anord. þjóta st. v. ‚heulen,
tosen‘, nisl. þjóta, nnorw. (tūta) tjota ‚heulen,
schreien, tuten‘, aschwed. þiūta, nschwed. (tu-
ta) tjuta, ält. ndän. tjude, tude, ndän. tude ‚heu-
len, blasen, tuten‘ < urgerm. *þeutan- ‚schallen‘
neben got. þut-haurn (mit u oder ū) ‚Horn,
Trompete‘ zu aisl. þytr m. ‚Getöse, Lärm‘, nisl.
þot n., nnorw. dial. tot ‚Rauschen‘; mhd. duz
m. ‚Geräusch, Schall‘ < urgerm. *þuta-/ þuti-
(/* þūta-?).
Fick III (Germ.)⁴ 186; Seebold, Germ. st. Verben 516;
Holthausen, Ae. et. Wb. 363; Bosworth-Toller, AS
Dict. 1053; Suppl. II, 61; Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 632; Vries, Anord. et. Wb.² 615; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 430. 449; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 316; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1296;
Torp, Nynorsk et. ordb. 791; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 1195; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 506; Leh-
mann, Gothic Et. Dict. þ-62.
Für urgerm. *þeutan- (*þtan-) sind unter-
schiedliche Anschlußmöglichkeiten vorgeschla-
gen worden: d-Ableitung (ursprüngliches d-
Präsens?) von der Wz. *teu̯ǝ- [**teu̯H₂-]
‚schwellen‘ mit der „Bedeutungsfärbung“ von
ahd. dôsôn ‚brausen, tosen‘, also eigtl. ‚einen
starken Ton geben‘ (Persson, Stud. z. Wurzel-
erw. 90; ders., Beitr. z. idg. Wortf. 483;
F. A. Wood, MLN 16 [1919], 307); Anschluß an
urgerm. *stautan- ‚stoßen‘ (→ stôzan); aind. tu-
dáti ‚stößt‘; lat. tundō, tutudī ‚stoße, schlage,
zerstampfe‘, tussis, -is f. ‚Husten‘ (eigentlich
‚Stoßen‘) im Sinne von ‚einen Ton ausstoßen‘
(Graff, a. a. O.; A. Bezzenberger, Gött. Gel.
Anz. [1875], 281; F. Fröhde, BB 1 [1877], 208;
Osthoff-Brugmann, Morph. Unters. IV, 10. 335;
F. Bechtel, Über die Bezeichnungen der sinnlichen
Wahrnehmungen in den idg. Sprachen [Weimar,
1879], 81); Verbindung mit Wörtern wie lit. tū-
túoti ‚tuten, blasen; quaken (vom Frosch), ein
Lied singen; schreien (wie ein Schwein)‘, lett. tũ-
tuôt ‚tuten, blasen‘, lit. tutùtis ‚ein Vogel, etwa
Krähe, Wiedehopf‘, tūtliúoti ‚schreien wie ein
Wiedehopf‘, lett. tutens ‚Wiedehopf‘, lit. tūtà
‚Rohrpfeife, Schalmei, Trompete‘, wobei inlau-
tendes *t im Germ. auf „stockende Lautver-
schiebung“ im Schallwort zurückgeführt wird
(Walde-Pokorny I, 712. 745; Pokorny 1097)
und — wegen ae. ðēote f. ‚Strom, Quelle, Was-
serfall; Röhre‘ — Verknüpfung mit lat. tuba, -ae
f. ‚Tuba, gerade tieftönende Trompete‘, tubus,
-ī m. ‚Wasserleitungsröhre, Röhre‘ (W. Prell-
witz, BB 22 [1897], 106 und H. Petersson, PBB
43 [1917], 151: lat. tuba, tubus Schallwörter;
F. A. Wood, Class. Phil. 14 [1919], 256: zu ur-
idg. *teu̯ǝ- [**teu̯H₂-] ‚schwellen‘, s. o.; doch
gehört lat. tuba möglicherweise zu lat. tībia, -ae
f. ‚Schienbein, Pfeife, Flöte‘ < *tu̯ībhi̯ā).
Am ehesten dürfte es sich bei urgerm. *þeutan-
(*þtan-) um ein Schallwort handeln, da auch
sonst Schallwörter mit einem Dental im Wurzel-
an- und -auslaut und u-Vokalismus unabhängig
voneinander gebildet werden können; vgl.
mndd. tūten ‚tuten‘; aisl. tauta, tutla ‚murren‘;
aind. thuthukt ‚Bezeichnung eines Vogels‘, ei-
gentlich onomatopoetisches ‚thu-thu-Machen‘;
gr. Hesych τυτώ ⋅ ‚ἡ γλαῦξ‘; τοῦτις ⋅ ‚ὁ κόσσυ-
φος‘; lat. tutubāre ‚schreien‘ (von der Eule),
Plautus „vin adferri noctuam, quae ‚tū, tū‘ usque
dicat tibi?“; ferner lat. tumultus, -ūs m. ‚Lärm,
Aufregung, Aufstand‘; aind. tumula- ‚geräusch-
voll, lärmend‘ (W. Schulze, Zfvgl. Spr. 45 [1913],
96; dazu E. Schwentner, Zfvgl. Spr. 65 [1938],
125). Für das Vorurgerm. ist wohl zunächst eine
onomatopoetische Bildung *tt- anzunehmen,
die als Verbalwz. verwendet werden konnte. Die
urgerm. Fortsetzung von vorurgerm. *tūte/ o-,
*þūtan-, flektierte als st. Verb der II. Kl. (ae.
ðūtan usw.), wobei nach dem Nebeneinander
von anderen st. Verben mit *ū und *eu in der II.
st. Kl. dann zu *þūtan- eine Lautform *þeutan-
hinzugebildet worden sein müßte.
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 542; ders., Et. Wb.
d. Altindoar. I, 654 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 993 f.;
Frisk, Gr. et. Wb. II, 949; Chantraine, Dict. ét. gr.
1147; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 680. 712.
716 f. 721; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1146 f.; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett. dt. Wb. IV, 283 f.