drûh
Band II, Spalte 816
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drûh f. i-St. (vgl. z. B. Gl. 2, 402, 50 gen.sg.
druhi), Notker und in Gl. seit dem 9. Jh.: Ket-
te, Fessel, Fußfessel, Schlinge, Falle, compes,
pedica, decipula
Var.: truoh, druoh mit ū >
uo bei Notker vor spirantischem h (s. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 41 Anm. 2); drū. Die wenigen
späten Pl.-formen auf -a deuten möglicherwei-
se auf einen Übergang in die ō-Deklination.
Mhd. drûch, drûhe, drû st.f. (auch m.; seit dem
13. Jh. vereinzelt sw. f. oder mit Umlaut; vgl.
pl. dreucher) Falle, um wilde Tiere zu fangen,
Zwangslage
, frühnhd. drauche f. (Nebenform
drauch, drau) Fessel, Schlinge, Falle. Das
ahd. und mhd. als Ausdruck der Jägersprache
verbreitete Wort ist seit dem ausgehenden
16. Jh. bis auf vereinzelte dial. Bezeugung wie
etwa im Rhein. (drau, dräu f. Falle, Fangeisen
für Marder
) nicht mehr gebräuchlich.

Splett, Ahd. Wb. I, 154; Schützeichel⁴ 94; Starck-
Wells 109. 801; Graff V, 254 f.; Schade 113; Lexer I,
470; Benecke I, 401; Dt. Wb. II, 1342; Dt. Wb.² VI,
1330. Zu Gl. 1, 169, 20 druuh dustrum s. Splett, Sa-
manunga-Studien 90 f. Müller, Rhein. Wb. I, 1437.

Ahd. drûh entsprechen: as. thrūh f. Fessel
(halsthrūh f. Halsfessel), mndd. drū f. Falle
für Tiere aller Art
; ae. ðrūh (gen. ðrh) f.m. n.
Röhre, Trog; Kasten, Sarg; Grab, ne. dial.
through; aisl. þ (pl. þrœr) ausgehöhlter
Stock, hölzerne Wasserrinne
, nisl. þró, nnorw.,
ndän. tro Trog aus einem ausgehöhlten Baum-
stamm oder Stein
(> shetl. truen Holzkasten
für Fischaas
; > finn. ruuhi Trog, Kahn, To-
tensarg
, estn., weps. ruuh kleiner Kahn, Krip-
pe
). Die umgelauteten Formen im Ae. und A-
nord. weisen auf ein Wurzelnomen urgerm.
*þrūχ- f., das teils zum ō-St. (*þrūχō) umgebil-
det wurde.

Fick III (Germ.)⁴ 194; Holthausen, As. Wb. 79; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 232; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 487; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
587; Bosworth-Toller, AS Dict. 1073; Suppl. II, 61;
Holthausen, Ae. et. Wb. 370; Sievers-Brunner, Ae.
Gr.³ § 284 Anm. 1; Vries, Anord. et. Wb.² 623; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 441 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 320; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1285.
1289; Torp, Nynorsk et. ordb. 807; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 1227; Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 414. 3.

Für ahd. drûh existieren zwei etymologische
Deutungen: Anschluß an lat. truncus, -i m.
Baumstamm (T. E. Karsten, Ark. f. nord. fil. 22
[1906], 176 mit Verweis auf finn. runko kopf-
loser Körper, Stamm
) und Anschluß an lit.
trkti (-kstu, -kau) entzweireißen, bersten, ei-
nen Bruch bekommen
, trkis Riß, Bruch,
Spalt
, lett. trũkt (-kstu, -ku) entzweigehen,
brechen; mangeln, fehlen
, trũkums Bruch;
Mangel
, ablautend lett. traũks Geschirr, Ge-
fäß
, lit. traukai pl. Gefäße, ursprl. ausgebohr-
tes, ausgehöhltes Stammstück
(vgl. auch nkymr.
trwch abgeschnitten, trychu schneiden <
*truk-s-). Für den zweiten Anschluß sprechen
die nasallosen Bildungen nisl. þrúga, nnorw.
dial. trūga, tryge, trjug, nschwed. dial. truga
Art Schneeschuh (< *þrūōn-) wohl mit der
ursprl. Bedeutung gespaltenes Holzstück. Für
urgerm. *þrūχ-s/ ō ergeben sich so die Bedeu-
tung gespaltener Stock und mit Weiterentwick-
lung die Bedeutungen Falle und über Verbre-
cherblock
auch Halsfessel. Die zugrunde lie-
gende Wz. urgerm. *þrūχ/ - mit der Bedeutung
spalten, die über drücken, quetschen (
drucken) aus drehend reiben hervorgegangen
ist, ist wie die Wz. urgerm. *þraw- drohen
eine Erweiterung der Wz. uridg. *terǝ-
[**terH₁-] drehen ( drâen).

Walde-Pokorny I, 731 f.; Pokorny 1074; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 326; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1113.
1130 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. IV, 224;
Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 397; E. P. Hamp,
Zfcelt. Ph. 37 (1979), 158 ff.; ders., Lingua Posnanien-
sis 28 (1985), 77; Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 173;
J. Loewenthal, PBB 51 (1927), 138 (jedoch sowohl zu
lat. truncus als auch zu lit. tráukti [-kiu, -kiau] zie-
hen
, apreuß. 3. sg.prät. pertraũki verschloß, eigtl. er
umzog
, Verben, die mit lit. trkti ablauten; s. o.).

S. auch fuozdrûh.

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