drûhAWB f. i-St. (vgl. z. B. Gl. 2, 402, 50 gen.sg.
druhi), Notker und in Gl. seit dem 9. Jh.: ‚Ket-
te, Fessel, Fußfessel, Schlinge, Falle, compes,
pedica, decipula‘ 〈Var.: truoh, druoh mit ū >
uo bei Notker vor spirantischem h (s. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 41 Anm. 2); drū〉. Die wenigen
späten Pl.-formen auf -a deuten möglicherwei-
se auf einen Übergang in die ō-Deklination. —
Mhd. drûch, drûhe, drû st.f. (auch m.; seit dem
13. Jh. vereinzelt sw. f. oder mit Umlaut; vgl.
pl. dreucher) ‚Falle, um wilde Tiere zu fangen,
Zwangslage‘, frühnhd. drauche f. (Nebenform
drauch, drau) ‚Fessel, Schlinge, Falle‘. Das
ahd. und mhd. als Ausdruck der Jägersprache
verbreitete Wort ist seit dem ausgehenden
16. Jh. bis auf vereinzelte dial. Bezeugung wie
etwa im Rhein. (drau, dräu f. ‚Falle, Fangeisen
für Marder‘) nicht mehr gebräuchlich.
Splett, Ahd. Wb. I, 154; Schützeichel⁴ 94; Starck-
Wells 109. 801; Graff V, 254 f.; Schade 113; Lexer I,
470; Benecke I, 401; Dt. Wb. II, 1342; Dt. Wb.² VI,
1330. — Zu Gl. 1, 169, 20 druuh ‚dustrum‘ s. Splett, Sa-
manunga-Studien 90 f. — Müller, Rhein. Wb. I, 1437.
Ahd. drûh entsprechen: as. thrūh f. ‚Fessel‘
(halsthrūh f. ‚Halsfessel‘), mndd. drū f. ‚Falle
für Tiere aller Art‘; ae. ðrūh (gen. ðrȳh) f.m. n.
‚Röhre, Trog; Kasten, Sarg; Grab‘, ne. dial.
through; aisl. þró (pl. þrœr) ‚ausgehöhlter
Stock, hölzerne Wasserrinne‘, nisl. þró, nnorw.,
ndän. tro ‚Trog aus einem ausgehöhlten Baum-
stamm oder Stein‘ (> shetl. truen ‚Holzkasten
für Fischaas‘; > finn. ruuhi ‚Trog, Kahn, To-
tensarg‘, estn., weps. ruuh ‚kleiner Kahn, Krip-
pe‘). Die umgelauteten Formen im Ae. und A-
nord. weisen auf ein Wurzelnomen urgerm.
*þrūχ- f., das teils zum ō-St. (*þrūχō) umgebil-
det wurde.
Fick III (Germ.)⁴ 194; Holthausen, As. Wb. 79; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 232; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 487; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
587; Bosworth-Toller, AS Dict. 1073; Suppl. II, 61;
Holthausen, Ae. et. Wb. 370; Sievers-Brunner, Ae.
Gr.³ § 284 Anm. 1; Vries, Anord. et. Wb.² 623; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 441 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 320; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1285.
1289; Torp, Nynorsk et. ordb. 807; Hellquist, Svensk
et. ordb.³ 1227; Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 414. 3.
Für ahd. drûh existieren zwei etymologische
Deutungen: Anschluß an lat. truncus, -i m.
‚Baumstamm‘ (T. E. Karsten, Ark. f. nord. fil. 22
[1906], 176 mit Verweis auf finn. runko ‚kopf-
loser Körper, Stamm‘) und Anschluß an lit.
trkti (-kstu, -kau) ‚entzweireißen, bersten, ei-
nen Bruch bekommen‘, trkis ‚Riß, Bruch,
Spalt‘, lett. trũkt (-kstu, -ku) ‚entzweigehen,
brechen; mangeln, fehlen‘, trũkums ‚Bruch;
Mangel‘, ablautend lett. traũks ‚Geschirr, Ge-
fäß‘, lit. traukai pl. ‚Gefäße‘, ursprl. ‚ausgebohr-
tes, ausgehöhltes Stammstück‘ (vgl. auch nkymr.
trwch ‚abgeschnitten‘, trychu ‚schneiden‘ <
*truk-s-). Für den zweiten Anschluß sprechen
die nasallosen Bildungen nisl. þrúga, nnorw.
dial. trūga, tryge, trjug, nschwed. dial. truga
‚Art Schneeschuh‘ (< *þrūōn-) wohl mit der
ursprl. Bedeutung ‚gespaltenes Holzstück‘. Für
urgerm. *þrūχ-s/ ō ergeben sich so die Bedeu-
tung ‚gespaltener Stock‘ und mit Weiterentwick-
lung die Bedeutungen ‚Falle‘ und über ‚Verbre-
cherblock‘ auch ‚Halsfessel‘. Die zugrunde lie-
gende Wz. urgerm. *þrūχ/ - mit der Bedeutung
‚spalten‘, die über ‚drücken, quetschen‘ (→
drucken) aus ‚drehend reiben‘ hervorgegangen
ist, ist wie die Wz. urgerm. *þraw- ‚drohen‘
eine Erweiterung der Wz. uridg. *terǝ-
[**terH₁-] ‚drehen‘ (→ drâen).
Walde-Pokorny I, 731 f.; Pokorny 1074; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 326; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1113.
1130 f.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. IV, 224;
Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 397; E. P. Hamp,
Zfcelt. Ph. 37 (1979), 158 ff.; ders., Lingua Posnanien-
sis 28 (1985), 77; Persson, Beitr. z. idg. Wortf. 173;
J. Loewenthal, PBB 51 (1927), 138 (jedoch sowohl zu
lat. truncus als auch zu lit. tráukti [-kiu, -kiau] ‚zie-
hen‘, apreuß. 3. sg.prät. pertraũki ‚verschloß‘, eigtl. ‚er
umzog‘, Verben, die mit lit. trkti ablauten; s. o.).
S. auch fuozdrûh.