drapp m. a-St.(?) (der einzige sichere Beleg
stammt aus dem 15. Jh.); drappoAWB m. n-St., nur
Gl. vom 12. Jh. an (3, 90, 58ff. 194, 21 SH; Hil-
debrandt, Summarium Heinrici I, 171, 7):
‚Traube, Traubenkamm, racemus‘ 〈Var.: -e〉. —
Mhd. trappe, nhd. Trappe, Trapp. Das Wort
ist in den Wörterbüchern von frühnhd. Zeit bis
ins 18. Jh. häufig angeführt, in den Mdaa. ist
es nur für das Obd. nachweisbar (elsäss. trap-
pen, schwäb. trappe, bair. trapp). Literarisch
erscheint es selten neben üblichem Kamm oder
dem Pl. von Stiel.
Splett, Ahd. Wb. I, 1237; Starck-Wells 106. 800;
Graff V, 251; Lexer II, 1497; Benecke III, 84; Diefen-
bach, Gl. lat.-germ. 482 (racemus); Dt. Wb. VIII,
55 ff. 114; XI, 1256; Alanne, Dt. Weinbauterminologie
23 f. 102. — Schweiz. Id. II, 787; VI, 1182 f.; Stalder,
Versuch eines schweiz. Id. II, 262; Martin-Lienhart,
Wb. d. els. Mdaa. II, 762; Fischer, Schwäb. Wb. II,
319; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 672; II, 128; Müller,
Rhein. Wb. IV, 1353. 1388 f.; Woeste, Wb. d. westf.
Mdaa. 55.
Die rein lautlich mögliche Verbindung mit nndl.
drabbe, drab ‚(Boden-)Satz, Hefe‘ (drabbig
‚dickflüssig, hefig‘), nostfries. drabbe ‚dicke,
trübe, schmutzige Flüssigkeit, Spülicht,
Schlamm, Schmutz, Bodensatz‘, westfäl. drabbe
‚Treber‘ (< *đrabbōn-) ist nicht überzeugend,
weil mit Trapp(e) das hölzerne Gerüst der Trau-
be, der Traubenstiel, bezeichnet wird und nicht
die Rückstände der Trauben beim Keltern, wie
im Falle von westfäl. drabbe, ahd. trebir ‚Treber‘
(s. d.). Auffallend ist, daß im Westgerm. in der
Bedeutung von ahd. drappo Formen mit g-, k-
Anlaut begegnen: schweiz. grappe f. ‚Trauben-
kamm‘ (neben trappen, drappen); rhein. grappe,
krappe ‚Stielgerüst der Traube‘ neben nndl.
krap, älter krappe ‚uva, racemus‘ (Kiliaan),
Wörter, die unmittelbare Entsprechungen im
Roman. haben, wie frz. grappe ‚Weintraube‘,
toskan. grappa ‚Stiel von Früchten‘, italien. grap-
po, friaul. grap ‚Weintraube‘, und die man auf
frk. *krappo ‚Haken‘ (mndl. crappe < *krap-
pan-, ahd. krâppo < *krēbban- neben krâpfo <
*krēppan-; s. d. d.) zurückführt; vgl. trient. gra-
pino ‚Feuerzange‘. Daß aber schon im Ahd.
krâppo die Bedeutung ‚racemus‘ hatte, zeigt der
Glossenbeleg 3, 90, 58 ff., wo sowohl drapp(o)
neben drâppe als auch krâppo (Darmstadt 6
crahpo, Trier 1124/2058 [früher] 31 chāp, beide
Hss. mfrk. 13. Jh.) das lat. Wort glossieren.
Ähnliche Benennungsmotive wie ‚Hakenartiges‘
zeigen sich bei den Wörtern Kamm (Trauben-
kamm) und Rapp(e) (→ rappo; mdartl. z. B.
schweiz., bair. rapp[en] neben graubündn.
ratte), wobei Rapp(e) wegen der Form des Trau-
benkamms zu Raffel ‚Werkzeug zum Raffen‘
(vgl. rappen ‚raffen‘, raffeln) gestellt oder —
wahrscheinlicher noch — als Entlehnung aus
dem Roman. betrachtet wird; vgl. frz. râpe
‚Traubenkamm‘, italien. dial. rappo, -a ‚Trau-
benkamm‘, eigtl. ‚Reibeisen, Raffel‘ (italien. ra-
spa, span., prov. raspa ‚Traubenkamm‘ zu ita-
lien. raspare, span. raspar ‚kratzen, schaben‘ <
ahd. *raspôn).
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. VIII, 648 f. Anm. 1; Wb.
d. ndl. taal VIII, 110 f.; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³
Nr. 4760. 7058; Gamillscheg, Et. Wb. d. frz. Spr.² 493.
749; Wartburg, Frz. et. Wb. XVI, 359. 671; Diez, Et.
Wb. d. rom. Spr.⁵ 343. — Lühr, Expressivität 288. 294 f.
(ein ae. drabbe f. ‚Berme, Bodensatz‘, wie es vielfach
in den Handbüchern, z. B. von Fick (Germ.)⁴ 203,
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 324 f.,
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 153 f., angesetzt wird,
existiert nicht).
Da für ahd. drappo gegenüber ahd. rappo und
krâppo ein überzeugender Anschluß fehlt, ist
drappo am ehesten auf der Basis dieser Wörter
erklärbar. Denkbar erscheint eine Umbildung
nach dem Anlaut von drûba ‚Traube‘ (s. d.), das
in der Glossenhs. unmittelbar den Belegen von
drappo, krâpfo vorausgeht (3, 90, 55 ff.), oder
Elision von -e- in der Verbindung der rappo >
drappo.