driskufli, driskubli
Band II, Spalte 787
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driskufli, driskubli n. ja-St., nur in Gl. vom
Abrogans an: Schwelle, Türschwelle, limen
Var.: th-; -sc-; -sg-; -bile, -pili. Gegenüber
häufigem -fl- im Obd. findet sich Gl. 1, 375, 9
alem. thriscubile, 4, 75, 20 bair. driscupili,
2, 254, 38 driscubili. Mhd. drischûvel, -schû-
fel, -schübel st. n. m. Türschwelle, nhd. Dri-
schaufel, dial. schweiz. trüschhübel, schwäb.
drischäufel, bair. drischäufel, kärnt. drischüw’l,
tirol. dríschîbl, drischifl, tritschîbl, drischübl.
Im Mhd. wie teilweise im Nhd. ist das Wort
volksetymologisch nach Schaufel umgebildet;
vgl. auch die Umbildung nach Tritt in tirol.
tritschîbl (zu weiteren volksetymologischen
Umgestaltungen s. u.).

Splett, Ahd. Wb. I, 150; Starck-Wells 108. 801; Graff
V, 266; Schade 111; Splett, Abrogans-Studien 100; Le-
xer I, 465; Benecke I, 396; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
330 (limen); Dt. Wb. II, 1420 f.; Dt. Wb.² VI, 1403;
Schatz, Ahd. Gr. § 171; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 146
Anm. 3. 166 Anm. 2; Grimm, Dt. Gr.a II, 315; III, 430.
Stalder, Versuch eines Schweiz. Id. I, 315; Fischer,
Schwäb. Wb. II, 389 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 570;
Lexer, Kärnt. Wb. 71; Schöpf, Tirol. Id. 91; Schatz,
Wb. d. tirol. Mdaa. 135; G. K. Fromanns, Die dt.
Mdaa. 1 (1854), 252; J. E. Waldfreund, Die dt. Mdaa.
3 (1856), 344.

Zu ahd. driskufli gehören: mndd. dreskelef,
nndd. drüssel; ae. ðersc(w)old, ðerx-, ðrex- m.
Schwelle, Grenze, me. þreschwold, ne. thresh-
old; aisl. þreskldr, þrøskoldr, þreskjóldr, þrø-
skldr, þrepskjldr m. Türschwelle, nisl. þrösk-
uldur, nnorw. treskald, aschwed. þriskuldi,
þræskulli, thryskule, nschwed. tröskel, dial.
träskvald, ält. ndän. thærskilde, ndän. tærskel.

Fick III (Germ.)⁴ 192; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 476; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
574; Mensing, Schleswig-holst. Wb. I, 886 f.; Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 364; Bosworth-Toller, AS Dict. 1056;
Suppl. 729; O. B. Schlutter, Engl. Stud. 44 (1912), 465
(zu þercan ferire, tundere); Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 636; OED² XVII, 1008; Oxf. Dict. of Engl. Et.
919; Vries, Anord. et. Wb.² 621; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 442; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog III,
1038; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 319; No-
reen, Aisl. Gr.⁴ § 77, 3. 79. 395; ders., Aschwed. Gr.
§ 164; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1255; Ordb. o.
d. danske sprog XXIV, 1464 ff.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 804; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1237 f.; Heyne,
Dt. Hausaltertümer I, 77 (jedoch ohne Etymologie).

Von den vorgeschlagenen etymologischen Deu-
tungen von ahd. driskufli ist diejenige am über-
zeugendsten, nach der das Wort ein Ableitung
von der in dreschen vorliegenden Wurzel ist
(so bereits Grimm, a. a. O. III, 430). Denn ein-
mal ist die Grundbedeutung dieses Verbs mit
den Füßen stampfen
( dreskan), zum anderen
zeigen afries. drempel, drompel, drumpel, nost-
fries. drempel, ndän. dial. drympel, dræmpel
Türschwelle, Ableitungen von der mndd.
drampen trampeln zugrunde liegenden Wurzel,
daß ein Wort der Bedeutung Türschwelle
durchaus als das, worauf man stampft, Tritt
bezeichnet werden kann (s. Lühr, Expressivität
101).

Weniger wahrscheinlich Grimm, a. a. O. III, 430;
Schade 111: Ort, wo am Eingange des Hauses gedro-
schen wird
; R. Meringer, IF 19 (1906), 426: Dresch-
holz
. Dieser Bedeutungsansatz ergäbe einen Sinn,
wenn die Schwelle einstmals schlittenkufenartig ge-
bogen war, denn Schlitten waren wirklich Dreschhöl-
zer
.

Was die Wortbildung von ahd. driskufli und den
zugehörigen Wörtern in den germ. Sprachen
betrifft, so dürfte es sich um Bildungen mit
dem Instrumentalsuffix urgerm. *-þla- (uridg.
*-tlo-) handeln. Im Falle von ahd. driskufli und
driskubli ist als Vorform *þreskuþl(i)ja-/ þresk-
uđl(i)ja-, also eine Erweiterung mit ja-Suffix,
anzunehmen, wobei wegen des anlautenden
*þ Dissimilation von *-þl/ đl- zu *-fl/ l-
eintrat; vgl. die Lautverhältnisse bei den Varian-
ten des Wortes Eingeweide, alem. innodli (Gl.
3, 19, 13), Rb inniuoli, bair. inobli < urgerm.
*inōþl(i)ja-; und zur Entwicklung eines Sproß-
vokals zwischen *fl und *l vgl. ahd. Tatian
4, 18 innuovili ( innôdili) und Notker wîtuo-
bele (neben Gl. 2, 439, 15 f. uuitovuli) Weite
< *wīđ-ōþl(i)ja-/ -ōđl(i)ja- (Braune, a. a. O.
§ 166 Anm. 2).

Kluge, Nom. Stammbildung³ § 97 Anm.; Krahe-Meid,
Germ. Sprachwiss. III § 141 f. Zum Wandel von *þl
zu ahd. fl s. E. Sievers, PBB 5 (1878), 528 ff.; F. Kluge,
in Grdr. d. germ. Phil. I² 422.

Mit Metathese von l und f und Sproßvokalent-
wicklung entspricht mndd. dreskeleff wohl dem
ahd. driskufli. Dagegen beruhen aschwed. þræsk-
ulli (mit æ nach *þreskaþla-; s. u.) und þriskuldi
unmittelbar auf urgerm. *þreskuþl(i)ja-/ þresk-
uđl(i)ja-. Die unerweiterte Suffixform *-uđla-
wird von aisl. þrøskoldr (mit Wandel von *e zu ø
durch u-Umlaut) fortgesetzt. Eine andere Suffix-
form, nämlich *-aþla- (urgerm. *þreskaþla-),
zeigen ae. ðerscold und die (westsächs. Metathese
von sc aufweisenden) Lautungen ðerx-, ðrex- (vgl.
ae. ðerxan dreschen) und weiterhin aisl. þres-
kldr im Ae. und wahrscheinlich auch im Anord.
ist bei konsonantisch schließender Wurzel das
Suffix *-aþla- bzw. *-ađla- (im Anord. ergibt *þl
ein ll) zu -alda- umgestellt (zum Wandel von *þl
über *dl zu ld hinter betontem Vokal im Ae. s. Sie-
vers-Brunner, a. a. O. § 183, 2. 201, 3), wodurch
sich eine Annäherung an das mit l-erweiterte þrō-
Suffix ergab; vgl. ahd. speichaltra, as. spēkaldra
Speichel < urgerm. *spaikalđrō (vgl. Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. III § 143). Die Flexion
des Wortes als u-Stamm im Nordgerm. (*þreskal-
đu-) hat Anlaß zu einer volksetymologischen Um-
bildung nach skjldr Schild gegeben (bei nnorw.
treskald fehlt wie auch sonst häufig im Norw. der
u-Umlaut; s. Noreen, Gesch. d. nord. Spr. § 87b);
und im Falle von þrepskjldr liegt volksetymologi-
sche Umbildung nach þrep n. Unterlage von Er-
de, auf der ein Zaun errichtet wird, Absatz
vor. Da
das Suffix -old im Ae. und Anord. als Variante des
Kompositionshintergliedes *walđ- aufgefaßt
werden konnte ( waltan), hat man schließlich im
Ae. und Nschwed. dial. -wold bzw. -vald restitu-
iert.

Nach einer anderen Auffassung ist wegen ae. ðersc-
wold, nschwed. dial. träskvald ein urgerm. *þreskwal-
þu- mit *walþu- (anord. vllr Ebene, Feld, Wiese;
wald) anzusetzen (z. B. W. Meyer-Lübke, WuS 1
[1909], 228). Doch findet sich bei diesem Ansatz
keine Erklärung für das ahd. driskufli zugrunde lie-
gende Suffix *-uþl(i)ja-. Ein ablautendes *ulþra-
Holz, wie es Grienberger, Unters. z. got. Wortkunde
196 (Hellquist, a. a. O.: *-uđla-) annimmt, ist jeden-
falls ohne jede Grundlage.

Auch H. Peterssons (IF 24 [1909], 261) Anschluß an
russ. treská Latte, Span, Splitter (nach Petersson
heute Stockfisch) und damit ein Bedeutungsansatz
Stück Holz für *þresk-waldu- (*waþlu-) überzeugt
nicht; denn abgesehen von der problematischen Form
*waldu- (*waþlu-), die Petersson nicht zu deuten
weiß, stellt sich das russ. Wort aller Wahrscheinlich-
keit nach zu russ. trésk, -a Krachen, Knistern (an-
ders C. C. Uhlenbeck, Zfvgl.Spr. 40 [190506], 560:
möglicherweise zu *ters- trocknen). Zu diesem Wort
gehört zwar auch das Wort dreschen, doch sind die
im Russ. vorliegenden Bedeutungen von treská abgelei-
tete Bedeutungen (Vasmer, Russ. et. Wb. III, 126 f.).
Für den Ansatz *þreskwaþlu- traten auch Jóhannes-
son, a. a. O. und Torp, a. a. O. ein.

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