driskufli, driskubli n. ja-St., nur in Gl. vom
Abrogans an: ‚Schwelle, Türschwelle, limen‘
〈Var.: th-; -sc-; -sg-; -bile, -pili. Gegenüber
häufigem -fl- im Obd. findet sich Gl. 1, 375, 9
alem. thriscubile, 4, 75, 20 bair. driscupili,
2, 254, 38 driscubili〉. — Mhd. drischûvel, -schû-
fel, -schübel st. n. m. ‚Türschwelle‘, nhd. Dri-
schaufel, dial. schweiz. trüschhübel, schwäb.
drischäufel, bair. drischäufel, kärnt. drischüw’l,
tirol. dríschîbl, drischifl, tritschîbl, drischübl.
Im Mhd. wie teilweise im Nhd. ist das Wort
volksetymologisch nach ‚Schaufel‘ umgebildet;
vgl. auch die Umbildung nach ‚Tritt‘ in tirol.
tritschîbl (zu weiteren volksetymologischen
Umgestaltungen s. u.).
Splett, Ahd. Wb. I, 150; Starck-Wells 108. 801; Graff
V, 266; Schade 111; Splett, Abrogans-Studien 100; Le-
xer I, 465; Benecke I, 396; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
330 (limen); Dt. Wb. II, 1420 f.; Dt. Wb.2 VI, 1403;
Schatz, Ahd. Gr. § 171; Braune, Ahd. Gr.14 § 146
Anm. 3. 166 Anm. 2; Grimm, Dt. Gr.a II, 315; III, 430.
— Stalder, Versuch eines Schweiz. Id. I, 315; Fischer,
Schwäb. Wb. II, 389 f.; Schmeller, Bayer. Wb.2 I, 570;
Lexer, Kärnt. Wb. 71; Schöpf, Tirol. Id. 91; Schatz,
Wb. d. tirol. Mdaa. 135; G. K. Fromanns, Die dt.
Mdaa. 1 (1854), 252; J. E. Waldfreund, Die dt. Mdaa.
3 (1856), 344.
Zu ahd. driskufli gehören: mndd. dreskelef,
nndd. drüssel; ae. ðersc(w)old, ðerx-, ðrex- m.
‚Schwelle, Grenze‘, me. þreschwold, ne. thresh-
old; aisl. þreskǫldr, þrøskoldr, þreskjóldr, þrø-
skǫldr, þrepskjǫldr m. ‚Türschwelle‘, nisl. þrösk-
uldur, nnorw. treskald, aschwed. þriskuldi,
þræskulli, thryskule, nschwed. tröskel, dial.
träskvald, ält. ndän. thærskilde, ndän. tærskel.
Fick III (Germ.)4 192; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 476; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
574; Mensing, Schleswig-holst. Wb. I, 886 f.; Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 364; Bosworth-Toller, AS Dict. 1056;
Suppl. 729; O. B. Schlutter, Engl. Stud. 44 (1912), 465
(zu þercan ‚ferire, tundere‘); Stratmann-Bradley, ME
Dict.3 636; OED2 XVII, 1008; Oxf. Dict. of Engl. Et.
919; Vries, Anord. et. Wb.2 621; Jóhannesson, Isl. et.
Wb. 442; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog III,
1038; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 319; No-
reen, Aisl. Gr.4 § 77, 3. 79. 395; ders., Aschwed. Gr.
§ 164; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1255; Ordb. o.
d. danske sprog XXIV, 1464 ff.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 804; Hellquist, Svensk et. ordb.3 1237 f.; Heyne,
Dt. Hausaltertümer I, 77 (jedoch ohne Etymologie).
Von den vorgeschlagenen etymologischen Deu-
tungen von ahd. driskufli ist diejenige am über-
zeugendsten, nach der das Wort ein Ableitung
von der in ‚dreschen‘ vorliegenden Wurzel ist
(so bereits Grimm, a. a. O. III, 430). Denn ein-
mal ist die Grundbedeutung dieses Verbs ‚mit
den Füßen stampfen‘ (→ dreskan), zum anderen
zeigen afries. drempel, drompel, drumpel, nost-
fries. drempel, ndän. dial. drympel, dræmpel
‚Türschwelle‘, Ableitungen von der mndd.
drampen ‚trampeln‘ zugrunde liegenden Wurzel,
daß ein Wort der Bedeutung ‚Türschwelle‘
durchaus als ‚das, worauf man stampft‘, ‚Tritt‘
bezeichnet werden kann (s. Lühr, Expressivität
101).
Weniger wahrscheinlich Grimm, a. a. O. III, 430;
Schade 111: ‚Ort, wo am Eingange des Hauses gedro-
schen wird‘; R. Meringer, IF 19 (1906), 426: ‚Dresch-
holz‘. Dieser Bedeutungsansatz ergäbe einen Sinn,
„wenn die Schwelle einstmals schlittenkufenartig ge-
bogen war, denn Schlitten waren wirklich ‚Dreschhöl-
zer‘.“
Was die Wortbildung von ahd. driskufli und den
zugehörigen Wörtern in den germ. Sprachen
betrifft, so dürfte es sich um Bildungen mit
dem Instrumentalsuffix urgerm. *-þla- (uridg.
*-tlo-) handeln. Im Falle von ahd. driskufli und
driskubli ist als Vorform *þreskuþl(i)ja-/ þresk-
uđl(i)ja-, also eine Erweiterung mit ja-Suffix,
anzunehmen, wobei — wegen des anlautenden
*þ — Dissimilation von *-þl/ đl- zu *-fl/ l-
eintrat; vgl. die Lautverhältnisse bei den Varian-
ten des Wortes ‚Eingeweide‘, alem. innodli (Gl.
3, 19, 13), Rb inniuoli, bair. inobli < urgerm.
*inōþl(i)ja-; und zur Entwicklung eines Sproß-
vokals zwischen *fl und *l vgl. ahd. Tatian
4, 18 innuovili (→ innôdili) und Notker wîtuo-
bele (neben Gl. 2, 439, 15 f. uuitovuli) ‚Weite‘
< *wīđ-ōþl(i)ja-/ -ōđl(i)ja- (Braune, a. a. O.
§ 166 Anm. 2).
Kluge, Nom. Stammbildung3 § 97 Anm.; Krahe-Meid,
Germ. Sprachwiss. III § 141 f. Zum Wandel von *þl
zu ahd. fl s. E. Sievers, PBB 5 (1878), 528 ff.; F. Kluge,
in Grdr. d. germ. Phil. I2 422.
Mit Metathese von l und f und Sproßvokalent-
wicklung entspricht mndd. dreskeleff wohl dem
ahd. driskufli. Dagegen beruhen aschwed. þræsk-
ulli (mit æ nach *þreskaþla-; s. u.) und þriskuldi
unmittelbar auf urgerm. *þreskuþl(i)ja-/ þresk-
uđl(i)ja-. Die unerweiterte Suffixform *-uđla-
wird von aisl. þrøskoldr (mit Wandel von *e zu ø
durch u-Umlaut) fortgesetzt. Eine andere Suffix-
form, nämlich *-aþla- (urgerm. *þreskaþla-),
zeigen ae. ðerscold und die (westsächs. Metathese
von sc aufweisenden) Lautungen ðerx-, ðrex- (vgl.
ae. ðerxan ‚dreschen‘) und weiterhin aisl. þres-
kǫldr — im Ae. und wahrscheinlich auch im Anord.
ist bei konsonantisch schließender Wurzel das
Suffix *-aþla- bzw. *-ađla- (im Anord. ergibt *þl
ein ll) zu -alda- umgestellt (zum Wandel von *þl
über *dl zu ld hinter betontem Vokal im Ae. s. Sie-
vers-Brunner, a. a. O. § 183, 2. 201, 3), wodurch
sich eine Annäherung an das mit l-erweiterte þrō-
Suffix ergab; vgl. ahd. speichaltra, as. spēkaldra
‚Speichel‘ < urgerm. *spaikalđrō (vgl. Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. III § 143). Die Flexion
des Wortes als u-Stamm im Nordgerm. (*þreskal-
đu-) hat Anlaß zu einer volksetymologischen Um-
bildung nach skjǫldr ‚Schild‘ gegeben (bei nnorw.
treskald fehlt wie auch sonst häufig im Norw. der
u-Umlaut; s. Noreen, Gesch. d. nord. Spr. § 87b);
und im Falle von þrepskjǫldr liegt volksetymologi-
sche Umbildung nach þrep n. ‚Unterlage von Er-
de, auf der ein Zaun errichtet wird, Absatz‘ vor. Da
das Suffix -old im Ae. und Anord. als Variante des
Kompositionshintergliedes *walđ- aufgefaßt
werden konnte (→ waltan), hat man schließlich im
Ae. und Nschwed. dial. -wold bzw. -vald restitu-
iert.
Nach einer anderen Auffassung ist wegen ae. ðersc-
wold, nschwed. dial. träskvald ein urgerm. *þreskwal-
þu- mit *walþu- (anord. vǫllr ‚Ebene, Feld, Wiese‘;
→ wald) anzusetzen (z. B. W. Meyer-Lübke, WuS 1
[1909], 228). Doch findet sich bei diesem Ansatz
keine Erklärung für das ahd. driskufli zugrunde lie-
gende Suffix *-uþl(i)ja-. Ein ablautendes *ulþra-
‚Holz‘, wie es Grienberger, Unters. z. got. Wortkunde
196 (Hellquist, a. a. O.: *-uđla-) annimmt, ist jeden-
falls ohne jede Grundlage.
Auch H. Peterssons (IF 24 [1909], 261) Anschluß an
russ. treská ‚Latte, Span, Splitter‘ (nach Petersson
heute ‚Stockfisch‘) und damit ein Bedeutungsansatz
‚Stück Holz‘ für *þresk-waldu- (*waþlu-) überzeugt
nicht; denn abgesehen von der problematischen Form
*waldu- (*waþlu-), die Petersson nicht zu deuten
weiß, stellt sich das russ. Wort aller Wahrscheinlich-
keit nach zu russ. trésk, -a ‚Krachen, Knistern‘ (an-
ders C. C. Uhlenbeck, Zfvgl.Spr. 40 [1905—06], 560:
möglicherweise zu *ters- ‚trocknen‘). Zu diesem Wort
gehört zwar auch das Wort ‚dreschen‘, doch sind die
im Russ. vorliegenden Bedeutungen von treská abgelei-
tete Bedeutungen (Vasmer, Russ. et. Wb. III, 126 f.).
Für den Ansatz *þreskwaþlu- traten auch Jóhannes-
son, a. a. O. und Torp, a. a. O. ein.