droscAWB, nur Gl. 4, 311, 9 Clm 14747 bair.
10. Jh.: ‚Fäulnis, glis‘(?). Unmittelbar voraus
geht: Clis cliris crioz, dann folgt die Belegstelle
für drosc: Clis clidis throsc. Da lat. glis im Sinne
von ‚humus tenax, Lehm‘ verwendet werden
kann und ahd. crioz zu dieser Bedeutung
stimmt, glis aber nicht eine für drosc aus den
germ. Sprachen erschließbare Bedeutung wie
‚Fäulnis‘ (s. u.) hat, ist anzunehmen, daß der
Abschreiber Clis clidis versehentlich dem dt.
Wort drosc zugeordnet hat.
Splett, Ahd. Wb. I, 1213; Starck-Wells 108 (‚Schim-
mel‘); Graff IV, 558; V, 265; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 265 (glis); Köbler, Lat.-germ. Lex. 183; Thes.
ling. lat. VI, 2, 2046; Du Cange III, 532.
drosc stellt sich zu ne. (seit dem 17. Jh.) thrush
‚Mundfäulnis‘; ält. ndän. trøsk, ndän. trøske
‚faules Holz‘ (tørstetræ ‚rhamnus frangula, Faul-
baum‘, ält. ndän. auch trystetræ, trusketræ,
nschwed. tröske, dial. auch tröste, tråsketræd,
torske, törske; vgl. ae. fūletrēow, nhd. Faulbaum
‚rhamnus frangula‘), ‚Mundfäule bei kleinen
Kindern‘ (trøskt ‚morsch, verfault‘), nnorw.
dial. frosk ‚Mundfäule‘ (wohl mit Wandel von
*þr > fr) < *þrusk-ija-/ ō, ält. ndän. torsk,
nschwed. torsk ‚Schwämmchen‘ < urgerm.
*þruska- (bei Seip, Norw. Sprachgesch. 324 ist
nur der Wandel von *fr > þr > tr angegeben;
s. u.).
OED² XVIII, 26 (thrush²); Falk-Torp, Norw.-dän. et.
Wb. 1295. 1319; Ordb. o. d. danske sprog XXIV, 954 f.
Im Falle von nnorw. dial. trausk (neben frausk)
‚Frosch‘, nschwed. dial. tråsk, torsk ‚dss.‘, nnorw. dial.
trauska, trøyska ‚ranunculus repens‘ kann die gleiche
Wz. (*þrusk-[ij]a-, *þrausk-[ij]a-) gegeben sein, so-
fern nicht Wandel von *fr > *þr > tr eingetreten ist
und eigtl. das Wort ‚Frosch‘ (*þrusk-[ij]a-, *þrausk-
[ij]a- < *frusk-[ij]a-, *frausk-[ij]a-) zugrunde liegt
(→ frosc); vgl. gr. βάτραχος ‚Frosch‘ und ‚Schwellung
unter der Zunge‘, lat. rāna ‚Frosch‘ und ‚Geschwulst
am unteren Teil der Zunge des Rindes‘.
Eine Anschlußmöglichkeit ist die Verbindung
mit den Wörtern lett. trûds, pl. trûdi ‚Moder‘,
trûdêt ‚modern, verwittern, faulen‘ (< *trund-)
und den ablautenden Bildungen lit. trandti
(-ju, -jau) ‚von Motten und Holzwürmern
zerfressen werden; faulen, modern‘, (trandìs,
-iẽs ‚Holzwurm, Borkenkäfer‘), aksl. trǫdъ
‚eine Krankeit, Dysenterie‘, aruss. trudъ
‚Baumschwamm‘ (< *trand-), lit. trendti
(trendù, -djau) ‚faulen, von Motten oder Wür-
mern zerfressen werden‘ (< *trend-); vgl. zu
ndän. tørstetræ die lit. Fügung sutréndėjęs médis
‚ein fauler Baum‘. Da sich diese Sippe wohl von
der Wz. uridg. *terd- ‚durchbohren‘ herleitet
und im Aind. ein zugehöriges n-Infix-Präsens
besteht (aind. tṇátti ‚spaltet, durchbohrt,
durchdringt, öffnet‘), ist im Vorurbaltoslav. auf
der Basis der 3.pl. *t-n-d-ónti (mit Ersatz von
*-énti durch *-onti der thematischen Verben)
wohl eine Verbalwurzel *trend-, ablautend
*trond-, gewonnen worden; in schwundstufiger
Form ist diese Wz. in lett. trûdi, trûdêt (<
*tnd- mit „expressiver Entwicklung“ von * >
metathesiertem *ru in Wörtern für ‚Schlamm‘;
s. Stang, Vgl. Gr. d. balt. Spr. 79 f.) fortgesetzt.
Im Germ. liegt noch die nasallose Wz. *terd-
zugrunde, wobei für *þrusk-(ij)a- eine Vorform
*td-so- mit Antritt des Suffixes *-so- an eine
auf Dental auslautende Wz. wie im Falle von lat.
ēsca ‚Fraß‘ (zu lat. edō ‚esse‘) anzunehmen ist
(Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 147). Die
Bedeutung ‚modern‘ im Germ. und Baltoslav.
zeigt dabei, daß schon in der Vorstufe dieser
beiden Sprachzweige bei der Wz. *tre(n)d- eine
Bedeutungsentwicklung von ‚von Maden, Holz-
würmern durchbohrt werden‘ zu ‚faulen‘ statt-
gefunden haben muß.
Walde-Pokorny I, 735; Pokorny 1076; Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. I, 521 f.; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
I, 633 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 328; Sadnik-
Aitzetmüller, Handwb. z. d. aksl. Texten 139; Vasmer,
Russ. et. Wb. III, 144 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1111.
1117; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. IV, 250 f.;
F. Specht, Zfvgl.Spr. 62 (1935), 74. — F. B. J. Kuipers’
(Die idg. Nasalpräsentia [Amsterdam, 1937], 183 f.)
Ansatz eines Konjunktivs *tr-én-dō als Quelle für die
nasalhaltige Wz. *trend- wird durch keine idg. Spra-
che erwiesen (Lühr, Expressivität 93 f.).