druoenAWB sw. v. I, nur Tatian: ‚(er)dulden,
(er)leiden, pati‘, (nur 3.pl.prät. thruotun);
druoênAWB sw. v. III, nur Tatian, Gl.: ‚dss.‘ (Tatian
inf. thruoen, truen, troen, part. präs. druoanti,
thruenti, 3. sg. ind. präs. druoet, 1. sg. präs.
konj. thrue; Gl. 1, 203, 8 R dro &; 260, 23 K
troed). In der Form t(h)rūen ist nach dem Ein-
tritt der Diphthongierung von ō zu ua, uo der
zweite Teil des Diphthongs unter Verlänge-
rung des u vor dem Flexionsvokal aufgegeben
worden. Nach Matzel, Gesammelte Schriften
31 und Anm. 56 spricht die 3.pl.prät. thruotun
ohne Bindevokal für den Ansatz eines verbum
purum, neben dem das ēn-Verb druoên steht.
Doch ist im Ahd. im Prät. druota das w wie
auch sonst nach Langvokal vor Konsonant ge-
schwunden (vgl. prät. -lāta von -lāwen ‚verra-
ten‘, zu got. lewjan), und der w-Schwund von
den Präteritalformen aus dann verallgemeinert
worden (Weiteres s. u.).
Splett, Ahd. Wb. I, 155; Schützeichel⁴ 94; Starck-
Wells 109; Graff V, 244 f.; Schade 113; Schatz, Ahd.
Gr. § 192. 469. 500; Tatian (Sievers) 473; Raven,
Schw. Verben d. Ahd. I, 31; II, 210; R. Koegel, PBB 9
(1884), 352; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 110 Anm. 1. 167
Anm. 9. 359 Anm. 4.
Ahd. druoên < *þrōwē(ja)n- stellt sich zu ae.
ðrōwian, ðrōwigean ‚dulden, erleiden, ertragen,
büßen‘ < *þrōwō(ja)n-, wobei diese Verben
Ausdrücke der Kirchensprache, insbesondere
für Leiden und Tod Christi, sind und ahd. druo-
ên über die angelsächsische Mission vermittelt
sein dürfte (G. de Smet, PBB 75 [1953], 274 ff.).
Eine andere Ablautstufe zeigen aisl. líkþrá f.
‚Aussatz‘, aschwed. līkthrāsōtt < *þrawō, in
der Bedeutung ‚Leid‘ (→ drawa) gegenüber ae.
līcðrōwere ‚Aussätziger‘, ne. throe ‚heftiger
Schmerz‘.
Fick III (Germ.)⁴ 193; Holthausen, Ae. et. Wb. 370;
Sievers-Brunner, Ae. Gr. § 411 Anm. 7. 413 Anm. 1;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1277. — Dagegen ist
nach J. Reichborn-Kjennerud, Maal og Minne (1933),
65 aisl. líkþrá f. ‚Aussatz‘ aus dem Ae. entlehnt und
dann unter dem Einfluß von þrár ‚hartnäckig, ausdau-
ernd‘ umgebildet worden; Vries, Anord. et. Wb.² 619
zieht Verbindung mit nisl. þrár ‚ranzig, verdorben‘,
ae. ðrōh ‚ranzig, Ranzigkeit‘ < urgerm. *þranχa- vor
(dazu Holthausen, Ae. et. Wb. 370).
Wie Matzel, a. a. O. ausführt, könne es sich bei
der Vorform von ahd. druoen um ein redupli-
ziertes Präsens mit intensiver oder iterativer Be-
deutung (vom Typ *dhe-dhō- > tuon; s. d.) han-
deln (anders H. Wagner, Zur Herkunft der ē-
Verben in den idg. Sprachen [Zürich, 1950], 35:
*þrō- mit „perfektischer o-Stufe“). Die zugrun-
de liegende Wz. *þrō- betrachtet Matzel wie
W. Meid, Das germ. Praeteritum (Innsbruck,
1971), 88 als eine ablautende Variante zu *þrē-
‚drehen‘ (→ drâen), die gegenüber der ē-stufi-
gen Form eine Bedeutungsentwicklung zu ‚ich
drehe durch, bin durchgedreht, reibe mich auf‘
mitgemacht hat. Zu vergleichen seien gr. τί-τρη-
μι ‚zerreibe‘: τι-τρώ-σκω ‚verwunde‘, τρη-τός
‚durchbohrt‘ : τρω-τός ‚verwundbar‘ (ebenso
Trautmann, Germ. Lautgesetze 28). Von der Be-
deutung liegt aber sowohl für druoen, druoên
als auch für das sicher zugehörige Verb ae. ðrō-
wian sw. v. II ‚dulden, erleiden, ertragen‘, ðrō-
wigean ‚leiden, dulden‘ (ne. throw, throe) An-
schluß an die Sippe von ahd. drewen, drouwen
näher, weil unter den zugehörigen Bildungen
Substantive mit der Bedeutung ‚Leid‘ auftreten:
as. thrāwerk, ae. ðrēaweorc ‚Leid, Pein‘. Die
Vorform *þrōw-(i)jan- dürfte so eine ō-stufige
Variante zu dem denominalen Verb *þrawjan-
(→ drewen) in intensiver Bedeutung sein; zur ō-
Stufe vgl. ahd. fuoren sw. v. I ‚führen‘ (s. d.)
(Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 185). Da
*þrōw-(i)jan- ‚leiden‘ Zustandsbedeutung hat,
wurde dazu eine Variante *þrōw-ē(ja)n- gebil-
det, die im Ahd. als druoên (mit einem nach
druoen analogischen w-Schwund) und im Ae.
wie auch sonst häufig bei ursprl. Verben der 3.
sw. Klasse als ō-Verb flektiert.
Pokorny 1073 (ahd. druon zu dehnstufigem *trōu̯-
von der u-haltigen Basis *treu̯-). — Kluges, Urgerm.³
158 Verbindung mit ksl. trajǫ, trajati ‚dauern‘ ist ab-
zulehnen; s. Brückner, Słownik et. polsk. 578 zu poln.
trajati ‚durare‘.