duruhAWBAWB (durah, durh) präp. mit akk.: ‚(hin)-
durch, vermittels, in, über, auf, von, wegen,
infolge, auf Grund, um ... willen, zwecks, aus,
für, zu (je), per, propter‘; Präfix ‚durch-‘, auch
Steigerungspräfix im Sinne von ‚durch und
durch‘, teils auch als Übersetzung von lat. per-
〈Var.: thur(c)h, thuru(c)h, thuruh(c), thuruht,
thurah, duruch, duru(h)c, d(h)urah, dur(ch),
turu(c)h, tur(i)h, spätahd. durih, dureh〉. —
Mhd. dur(ch), dureh, durih, schon im 12. Jh.
mit Umlaut dür, vom 15. Jh. an öfters dürch
(der Abfall des h begegnet sporadisch seit dem
8. Jh., häufiger spätahd. und mhd., vor allem
alem.), nhd. durch.
Splett, Ahd. Wb. I, 159; Schützeichel⁴ 95; Starck-
Wells 112. 801; Graff V, 221 ff.; Schade 119; Lexer I,
477 f.; Benecke I, 404; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 424
(per). 466 (propter). 592 (trans); Dt. Wb. II, 1568; Dt.
Wb.² VI, 1534 ff.; Kluge²¹ 148; Kluge²² 161; Pfeifer,
Et. Wb. 320; P. Scardigli-T. Gervasi, Avviamento al-
l’etimologia Inglese e Tedesca (Firenze, 1978), 301;
Wilmanns, Dt. Gr. II § 610; G. Müller, PBB 70 (Hal-
le, 1948), 332 ff.; G. Krömer, PBB 83 (Halle, 1961),
145 f.; Kjellman, Verb.zus.setzungen mit ‚durch‘, 161 ff.
Ahd. duruh entsprechen außerhalb des Hd.: as.
thuru(h) präp. ‚durch, aus, wegen, um ... wil-
len‘, adv. ‚(hin)durch‘, mndd. präp. dȫr(ch),
dor(ch), dur, dar, dör(e) präp. ‚(hin)durch,
während, wegen‘, adv. ‚(hin)durch‘, konj. ‚da-
mit‘; andfrk. thuro, mndl. dore, doer, dur(e),
duere, doorch, dorch ‚hindurch, trotz‘, nndl.
door, dial. deur; afries. thruch, truch ‚durch,
um, wegen‘, nostfries. dör, dȫr, nwestfries.
troch; ae. ðorh, ðurh (adv., präp.), spätae. ðu-
ruh (hauptsächlich adv.) ‚durch, während, mit-
telst, infolge von, wegen, in, mit‘, me. þurh,
þruh (mit Metathese; seit ca. 1300, herrschend
im 15. Jh.), ne. adj. thorough ‚gründlich, voll-
kommen‘, (veraltet) adv., präp. thorough, heute
gebräuchlich adv., präp. through: < urgerm.
*þurχ (möglicherweise auch < *þuri-χ; s. u.).
Vor allem in der Funktion als Adv., in der das
Wort ‚durch‘ betont wurde, haben sich im West-
germ. zweisilbige Formen mit unterschiedlichen
Sproßvokalen zwischen r und h entwickelt, und
zwar *þuruh (mit Anlehnung an den Vokal der
Stammsilbe), *þurih (oder bereits urgerm. *þu-
ri-χ?; s. u.) und *þurah. Die Form mit -i- ergab:
ahd. durih, dureh, tur(i)h, mndd. dȫr(ch), dȫ-
r(e); mndl. duere, nndl. dial. deur, nostfries.
dör, dȫr; die mit Sproßvokal -u-: ahd. thu-
ru(c)h, thuruh(c), thuruht, duru(c)h, duru(h)c,
turu(c)h, as. thuru(h), andfrk. thuro, mndl. do-
re, dur(e), spätae. ðuruh, ne. (veraltet) thorough
(vgl. die Lautentwicklung von ae. burg ‚Burg,
Stadt‘ > ne. borough, ae. furh ‚Furche, Graben‘
> ne. furrow, ae. sorg ‚Sorge, Schmerz‘ > ne.
sorrow); und die mit Sproßvokal -a-: ahd.
d(h)urah. Da der Sproßvokal normalerweise als
a erscheint oder die Form eines nebenstehenden
Vokals annimmt, in *þurχ aber keine Möglich-
keit für das Aufkommen eines Sproßvokals -i-
gegeben ist, beruht -i- in westgerm. *þurih
möglicherweise auf einem dem Suffixablaut
nachgebildeten Vokalwechsel; vgl. Tatian bivi-
luhu, bifilihit, bifuluhun (Braune, Ahd. Gr.¹⁴
§ 69). Denkbar wäre auch eine neben urgerm.
*þur-χ stehende Form *þuri-χ, in der das aus-
lautende -i etwas Altes fortsetzt (s. u.). Die ein-
silbigen und damit unbetonten Formen fungier-
ten ursprünglich als Präp.; doch konnten später
die einsilbigen Formen auch als Adv. und die
zweisilbigen als Präp. verwendet werden (vgl.
ne. through adv., präp. < unbetontem, einsilbi-
gem ae. ðurh).
Im Ablaut zu urgerm. *þurχ stehen: afries.
thriuch (wenn nicht aus *thruch mit i̯ als Über-
gangslaut); ae. ðerh, ðerih, þærch; got. þairh
adv., präp. mit akk. ‚durch‘ < urgerm. *þerχ.
Das Adj. ahd. derh setzt für das Ahd. ebenfalls
ein e-stufiges *derh, und zwar als Adv., voraus
(→ derh). Das Nordgerm. hat das Wort verlo-
ren; es wird z. T. durch of/ um mit Akk. ersetzt.
Fick III (Germ.)⁴ 181; Holthausen, As. Wb. 79; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 620 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 416 (*t-
k[u̯]e, *ter-k[u̯]e); Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I,
1, 448; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I, 545 f.; Lasch,
Mndd. Gr. § 156; Verdam, Mndl. handwb. 144;
Franck, Mndl. Gr. § 37. 85; ders., Et. wb. d. ndl. taal²
126; Vries, Ndls. et. wb. 127; Holthausen, Afries.
Wb.² 112; Richthofen, Afries. Wb. 1078 f.; Walter,
Wortschatz d. Afries. 70 f.; Doornkaat Koolman, Wb.
d. ostfries. Spr. I, 316; Dijkstra, Friesch Wb. III, 319;
Holthausen, Ae. et. Wb. 364; Sievers-Brunner, Ae.
Gr.³ § 164; Stratmann-Bradley, ME Dict.³ 640;
OED² XVII, 976 f.; XVIII, 9 ff.; Oxf. Dict. of Engl.
Et. 918. 920; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 488; Leh-
mann, Gothic Et. Dict. þ-5. — Wilmanns, Dt. Gr. II
§ 442 Anm. betrachtet die Vorform von got. þairh als
Akk. Sg.n. von *þerχa-, der Vorform von ahd. derh.
Das Adj. ist jedoch sekundär aus dem Adv. hervorge-
gangen (→ derh).
Urgerm. *þurχ (*þuri-χ?) und *þerχ beruhen
auf älterem *þurχe (*þuri-χe?) und *þerχe <
vorurgerm. *tr̥̄-ku̯e [**tH₂-ku̯e] (*ti-ku̯e
[*tH₂i-ku̯e]), *ter(ǝ)-ku̯e [**terH₂-ku̯e]. Ange-
schlossen wird das Wort an aind. tiraśc, jungav.
tarasca ‚durch-hin, über-hin‘, Bildungen, die als
Zusammenrückungen aus den Fortsetzungen
von uridg. *tes [**tH₂es] ‚durch‘ und verstär-
kendem *ku̯e ‚und‘ (mit sekundärer Dehnung
von -cá > -c im Aind.?) betrachtet werden;
vgl. got. inu-h ‚ohne‘ mit -h < *ku̯e; ferner
aind. ucc ‚von oben, nach oben‘ < *ud-c; ved.
parā-c ‚weit weg‘. Doch ist für aind. -c, jung-
av. -ca auch ein Instr. *-ku̯-ē [**-H₃ku̯-eH₁] (zu
*oku̯- [**H₃eku̯-] ‚sehen‘; s. Pokorny 775 f.) als
Vorform möglich (Mayrhofer, Et. Wb. d. Ain-
doar. I, 211 zu aind. ucc).
Nur der erste Bestandteil der Vorform von ahd.
duruh liegt vor in: aind. tirás ‚durch, über, ab-
seits‘ (dazu aind. tiryáṅ ‚waagrecht, quer lie-
gend, in die Quere gehend, horizontal‘), jungav.
tarō ‚über-hin, außer‘, apers. ta[ra] ‚durch‘,
mpers. tar ‚über, durch‘ < *tos- [**tH₂os-];
arm. tar- ‚außer, fern, fort‘ < *t- [**t(H₂)-];
air. tar, dar mit akk. ‚über-hinaus‘ < *tares <
*teres (tairse, tairsiu ‚trans eam, trans eos, eas,
ea‘; s. Thurneysen, Gr. of OIr. § 854); air. tré,
tria, akymr. trui, mkymr. trwy, drwy < *tr-ei̯,
air. tre, tri, abret. tre, nbret., korn. dre ‚durch‘
< *tri (dagegen lat. tr-āns, umbr. tr-af, tr-ahaf
< *trāns ‚jenseits‘ wohl < part. präs. *trānts ei-
nes Verbs *trāre, das von intrāre, extrāre, Ablei-
tungen von intrā, extrā, verschieden ist). Es
handelt sich um erstarrte Nominalformen der
Wz. uridg. *ter(ǝ)- [**ter(H₂)-] ‚hindurchdrin-
gen‘, die in aind. tárati, tiráti, trvati ‚setzt
über, fährt darüber, überwindet, übertrifft‘, av.
tar- ‚durchdringen‘, gr. τέρθρον ‚Ende, Spitze‘
vorliegt; vgl. das Verhältnis von adverbialem,
präpositionalem *per- und verbalem *per- ‚hin-
überführen‘.
Walde-Pokorny I, 734 f.; Pokorny 1075 f.; Mayrho-
fer, K. et. Wb. d. Aind. I, 480. 503 f.; ders., Et. Wb. d.
Altindoar. I, 629 ff. 646 f.; Bartholomae, Airan. Wb.
640 f.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 671. 700; Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 699 f.; Fick II (Kelt.)⁴ 129;
Holder, Acelt. Spr. II, 1906; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. T-28 f. 125 f.; Dict. of Irish T-276 ff.; New Welsh
Dict. 195; Brugmann, Grdr.² II, 2 § 710; A. Thumb,
Zfvgl.Spr. 36 (1900), 198 ff.; G. Schmidt, Germ. Adv.
344 f.
Von dem Wort ‚durch‘ zu trennen ist die Wz. *terǝ-
[**terH₁-] ‚durchbohren, reiben‘ (→ darm, drâen,
drum) und ferner die Sippe von lit. trúkstu, trúkau,
trúkti ‚reißen, brechen‘ (anders Persson, Beitr. z. idg.
Wortf. 858 und Anm. 1).