dtigAWB adj., nur in Gegen Fallsucht nom. sg. m. M
(Clm 14763 bair., 11. Jh.) Doner dutiger, P (Pa-
ris Nouv. acquis. lat. 229, 12. Jh.) Donerdutigo.
Steinmeyer, Spr.denkm. 380; Heffner, Word-Index
37; zur Deutung des gesamten Gedichtes s. R. Hilde-
brand, Zfd.dt. Unterricht 3 (1889), 397.
Für dtig bestehen mehrere Erklärungsversuche:
Müllenhoff, MSD⁴ II, 301 identifiziert dtig
mit got. þiuþeigs ‚gut, gepriesen‘ im Sinne von
‚gesegnet‘; Th. v. Grienberger, ZfdA. 42 (1898),
186 f. setzt das Wort mit frühnhd. duttig ‚mam-
mosus‘ (goszduttig, schlappduttig) gleich und ver-
bindet es mit ahd. tutto, tut(t)a ‚mamma, ma-
milla‘, pl. ‚ubera‘, Diminutiv duttelin, tuttili
(s. d.); Koegel, Lit.gesch. 266 faßt es als ‚volks-
tümlich, eingesessen, heimatlich‘ auf; auch
Steinmeyer, a. a. O. 383 bringt dutig mit diota in
Verbindung, und zwar deutet er dutiger als diu-
tiger (vgl. ahd. elidiutig) ‚Angehöriger (eines
Donnervolkes)‘. Mit einer ndd. Vorlage rechnet
C. v. Kraus, Zfösterr. Gymn. (1896), 338 f. In
dutiger und diet (M diet mahtiger; P dietewigo)
seien die ndd. t stehen geblieben, weil man die
Worte nicht mehr verstanden habe; hd. hätten
sie duzziger, diez lauten müssen. Da von allen
Erklärungen im Zusammenhang mit Donner Be-
deutungen wie ‚tosend‘ am besten für dutig pas-
sen würden (vgl. die im Text später folgende Be-
zeichnung P tiufeles sun) — semantisch ganz und
gar unplausibel ist die Grienbergersche Deutung
—, hat S. Singer, ZfdA. 42 (1898), 365 f. doner-
duzziger (diezmahtiger) konjiziert. Verzichtet
man auf eine Konjektur und rechnet man nicht
mit einer nd. Vorlage, so bleibt für dtig keine
andere Vorform als *þđia-. Es könnte sich
um eine adjektivische Ableitung auf *-ia- von
einem Subst. *þ-đi/ đa- ‚Kraft, Stärke‘ (zu
aind. tavīti ‚ist stark, hat Macht‘ usw.; → dû-
sunt) oder ‚Lärm‘ (zu got. þuthaurn ‚Trompete‘,
anord. þytr ‚Lärm, Geheul‘ < *þu-ti-, mhd.
duz (-zz-) st.m. ‚Schall, Geräusch‘; → duzzil)
handeln, eine Bildung, für die es jedoch keine
Entsprechung gibt (vorurgerm. *t-tí/ tó- zu ur-
idg. *teu̯ǝ- [**teu̯H₂-] ‚schwellen‘, wenn *-ŭ-,
dann mit sekundärer Schwundstufe). Demge-
genüber könnte die Schreibung diet in M diet
mahtiger und P dietewigo eine volksetymologi-
sche Angleichung an diet (diot) ‚Volk‘ darstel-
len. Theoretisch denkbar wäre allerdings auch
die Fortsetzung eines *teu̯ǝtó- ‚stark‘.