dwehilaAWB f. ō-, n-St., dwehilla f. jō-, jōn-St.,
nur Gl., Bened.regel: ‚kleines Tuch, Serviette,
mantele, mappula, linteum‘ 〈Var.: duuahilla,
t-; -lia, twæhella〉. — Mhd. dwehel(e), twe-
hel(e), zwehel, twêle, dwêle, zwêle st.sw. f.
‚leinenes Tuch, bes. zum Abtrocknen nach
dem Waschen, Tischtuch‘; das Wort wird zu-
meist schwach flektiert. Kontraktionsformen
wie Gl. 3, 174, 65 tuela ‚mapula‘ entstammen
dem Md. und Nd. (s. u.). Formen mit a sind,
anders als im Mndl., im Hd. selten; z. B.
zwahle (a. 1567). Der Anlaut tw- (md., mndd.
dw-) ist in mhd. Zeit in zw- übergegangen;
nhd. obd., westmd. zwehle f. ‚Hand-, Tisch-
tuch‘.
Splett, Ahd. Wb. I, 159; Schützeichel⁴ 95; Starck-
Wells 113. 801; Graff V, 268; Schade 120; Lexer III,
1596 f.; Benecke III, 157 f.; Diefenbach, Gl. lat.-germ.
348 (mantile); Dt. Wb. VII, 2338; XIV, 69; XVI,
970 f.; Kluge²¹ 894; Kluge²² 820.
zwehle tritt auch im westl. Nd. auf (Müller, Rhein.
Wb. IX, 887 f.). Dreisilbiges, auch mit spirantischem
h gesprochenes zwehele kommt noch heute im
Schwäb.-Alem. vor. Daneben erscheint im Alem. wie
auch im Md. für zw- der Anlaut qu-; vgl. mhd. qua-
hen ‚waschen‘, quingen ‚zwingen‘, querch ‚quer‘ (→
dwahan, dwingan, dwerah). Auch im Bair. begegnet
quehel m. ‚Handtuch, Tischtuch‘ (neben zwehel f.).
Die kärnt. und steir. Lautung wehel n.f. ‚Tischtuch,
Kopftuch, Linnentuch überhaupt‘ ist durch falsche
Zerlegung von handtwehel ‚Handtuch‘ entstanden.
Dialektale Formen mit a (s. o.) erscheinen z. B. im Els.
(tswal), Thür. (kwale).
Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. II, 925; Fischer,
Schwäb. Wb. VI, 1422; Schmeller, Bayer. Wb.² I,
1393; II, 1176; Lexer, Kärnt. Wb. 252; Unger-Khull,
Steir. Wortschatz 327; Hertel, Thür. Spr.schatz 189;
Frischbier, Preuß. Wb. II, 502.
ll neben l im Ahd. deutet auf eine Bildung mit j-
Suffix. Die Bildung dwehilla < *þwaχiljō(n-)
ist auf das Ahd. beschränkt. Entsprechungen zu
ahd. dwehila existieren jedoch in weiteren germ.
Sprachen: mndd. dwēle f. ‚Tuch aus Leinen,
Handtuch, Serviette, Tischtuch‘; mndl. dwāle,
dwēle m.f. ‚Handtuch‘; ae. ðwǣle f. ‚Binde,
Handtuch‘ < urgerm. *þwaχilō(n-). Demge-
genüber beruhen mndd. dweile ‚Tuch zum Wa-
schen‘, nndl. dweil m.f. ‚Scheuerlappen‘, nfläm.
dwegel (in Veurne-Ambacht), aisl., nisl. þvegill
m. ‚Waschlappen‘ auf einer Vorform *þwail-
a-/ ōn-. Entlehnungen aus mndd. dweile sind:
nhd. fachsprachl. Dweil, Dwaiel, Dwaidel ‚Art
Schrubber zum Reinigen der Decks oder der
Kajüten‘ seit dem 18. Jh. (s. Kluge, Seemanns-
sprache 203); ne. dial. dwile seit dem 16. Jh.;
nnorw. dial. dveila, ndän. dveil, dvælg ‚Art
Schrubber zum Reinigen des Bootsdecks‘ mit
æ-Schreibung durch Vermischung mit ndän.
dvælg ‚Zwillich‘. Aus dem Germ. (andfrk.
*thwahlja = ahd. dwahilla) stammt afrz. toaille
(seit dem 8. Jh.), nfrz. touaille, das als Kultur-
wort von Nordfrankreich nach Südfrankreich
und nach Italien (tuallae a. 1196, italien. tova-
glia ‚Handtuch‘) und Spanien (toalla) gewan-
dert ist. Aus dem Frz. sind me. towaille (um
1300), -aile, ne. towel ‚Handtuch‘ und mkymr.
twel, pl. tywelen, nkymr. tywel, bret. toual, toal
entlehnt. In mlat. Lautgestalt erscheint das Wort
als toacula, toaillia, toballia, touaillia, tuella
usw. ‚mappa, mappula, mantile, manutergium‘.
Die Vorformen *þwaχiljō(n-), *þwaχilō(n-)
und *þwail-a-/ ōn- sind auf der Basis von ur-
germ. *þwaχan- ‚waschen‘ (→ dwahan) nach
Art der Nomina agentis gebildete Instrumenten-
bezeichnungen; vgl. ahd. leffil ‚Löffel‘ (→ -il).
Im Falle von ahd. dwahilla ist anzunehmen, daß
der jōn-St. und nicht der jō-St. der ursprüngli-
che ist, denn abgesehen von der überwiegenden
Bezeugung als schwach flektierendes Subst.
(s. o.) findet sich das Suffix *-jōn- auch sonst
bei fem. Zugehörigkeitsbildungen, die die Be-
schaffenheit oder den Zweck des betreffenden
Gegenstandes anzeigen. Allerdings kann *þwa-
χiljōn- nicht unmittelbar auf urgerm. *þwaχla-
‚Bad‘ (→ dwahal) bezogen werden (‚zum Bad
Gehöriges‘: Kluge, Nom. Stammbildung³ § 81;
Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 92, 5); we-
gen des Bindevokals *-i- ist vielmehr urgerm.
*þwaχilō die Basis, die nach dem Typ *χērjōn-
‚härenes Gewand‘ (→ ahd. hâr) zu * aþwaχil-
jōn- erweitert wurde.
Fick III (Germ.)⁴ 196; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 504; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
610 f.; Verdam, Mndl. handwb. 156; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 145; Vries, Ndls. et. wb. 147; Holthausen,
Ae. et. Wb. 373; Bosworth-Toller, AS Dict. 1082;
Stratmann-Bradley, ME Dict.³ 616; OED² V, 3;
XVIII, 316; Vries, Anord. et. Wb.² 628; Jóhannesson,
Isl. et. Wb. 451; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
322; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 169. 1267; Torp,
Nynorsk et. ordb. 80. 825; Diez, Et. Wb. d. rom. Spr.⁵
323 f.; Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 8720; Wart-
burg, Frz. et. Wb. XVII, 408 ff.; Gamillscheg, Et. Wb.
d. frz. Spr.² 856; Du Cange VI, 598 f.; Pedersen, Vgl.
Gr. d. kelt. Spr. I, 209.