edowânAWB adv., nur Tatian; odowânAWB adv.,
Tatian, Otfrid, Gl.; odewânoAWB adv., Notker:
‚vielleicht, etwa, zufällig, forte, forsan, fort-
asse, forsitan, fors‘. Die mit o-anlautenden
Wörter werden i. allg. mit ō- angesetzt, weil in
dem ersten Bestandteil eine zu dem ahd. Adv.
ôdo ‚vielleicht, vermutlich, etwa‘ (s. d. und
Lühr, Stud. z. Hildebrandlied 669 f.) gehörige
Bildung gesehen wird. Die Variante edowân
weist aber eindeutig auf einen Zusammenhang
mit dem Wort ‚oder‘ (→ edo), das dann freilich
auf ôdo bezogen werden konnte. In Kontexten
wie: „Hans kommt heute; oder es besteht die
Ansicht, morgen“ könnte sich aus der Zusam-
menrückung edo (odo) wân (→ wân) die Be-
deutung ‚vielleicht‘ entwickelt haben; zur Be-
deutungsentwicklung von ‚oder‘ in derartigen
Syntagmen vgl. odowâr ‚vielleicht irgendwo‘,
eigtl. ‚oder irgendwo‘ und zur Bed. von wân
mhd. bi wâne ‚vermutlich‘ (Lexer III, 668);
ferner odowîla ‚vielleicht, zufällig, etwa‘ mit
wîla ‚Zeit‘ als zweitem Bestandteil (s. d.). Zur
Bildung substantivischer Adverbien s. Wil-
manns, Dt. Gr. II § 448 ff.
Trotz der ahd. Belege wâniu (Gl. 1, 148, 17), wânti
(Gl. 1, 152, 23) ‚forte‘ ist edo-, odowân kaum ein Ver-
baladv., das ein „verkürztes wâniu“ enthält (Grimm,
Dt. Gr.a III, 231). — Ahd. Wb. III, 74; Splett, Ahd.
Wb. I, 682. 1060; Schützeichel⁴ 203 (dowān[o]; vgl.
auch dowār, d[o]wīla); Starck-Wells 449 (ōdowān,
ōdowīla); Sehrt, Notker-Gl. 150 ódeuuâno [ôdeuuâ-
no]; Graff I, 862; R. Lühr, Hist. Spr.forschung 109
(1996), 144 ff.