ellanAWB n.m. a-St.: ‚Mut, Tapferkeit, Kraft,
Stärke, Tüchtigkeit, Eifer, robur, virtus, zelus,
agon‘ 〈Var.: ellian, ellen, ellin; vgl. Braune,
Ahd. Gr.¹⁴ § 58 Anm. 1. 118 Anm. 1. 2〉. — Mhd.
ellen, ellent st. n. ‚Mut, Kampfeifer‘; nhd. aus-
gestorben.
Ahd. Wb. III, 266 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 180; Schütz-
eichel⁴ 101; Starck-Wells 125; Graff I, 202; Schade
132; Lexer I, 539; Nachtr. 140; Benecke I, 429. —
Lühr, Stud. z. Hildebrandlied II, 670 f. Anm. 6.
Germ. Entsprechungen sind: as. ellian, ellien n.
‚Mut‘, mndd. ellen(t) ‚Tapferkeit, Kraft‘ (mndl.,
nndl. nicht belegt); afries. nur ellinge f. ‚Eifer‘;
ae. ellen (gen. elnes) m. n. ‚Eifer, Kraft, Mut‘,
me. elne ‚Kraft, Mut‘ (ne. ausgestorben); aisl.
nisl. eljan ‚Mut, Kraft, Energie‘ (aus dem
Skand. entlehnt lapp. [norw.] al’še, al’šo ‚Eifer,
Energie‘); got. aljan ‚Eifer, ζῆλος‘.
Fick III (Germ.)⁴ 20; Holthausen, As. Wb. 15; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 95; Berr, Et. Gl. to Hel. 93; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 529; Schiller-Lüb-
ben, Mndd. Wb. I, 655; Holthausen, Afries. Wb.² 19;
ders., Ae. et. Wb. 89; Bosworth-Toller, AS Dict. 246;
Suppl. 186; Suppl. II, 22; ME Dict. E-F, 69; OED²
V, 146; Vries, Anord. et. Wb.² 100; Jóhannesson, Isl.
et. Wb. 75; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 49;
Quigstad, Nord. Lehnw. im Lapp. 89; Feist, Vgl. Wb.
d. got. Spr. 38; Lehmann, Gothic Et. Dict. A-126.
Germ. *alja-na- hat keine sichere Etymologie.
Von den verschiedenen etym. Versuchen sind
zwei besonders erwägenswert:
1) Das Wort ist viell. zu lat. alacer ‚munter, auf-
geregt, eifrig‘ zu stellen, aber die Etymologie
dieses Wortes ist auch umstritten; viell. gehört
es zur idg. Wz. *al- ‚brennen‘ (in lat. adoleō
‚verbrenne‘, altāre ‚Brandalter‘; aind. alāta- n.
‚Feuerbrand, Kohle‘; wohl nschwed. dial. ala
‚lodern, flammen‘; vgl. Pokorny 28; F. Johans-
son, ZfdPh. 31 [1899], 298. Kaum zu lat. ambu-
lāre ‚hin und her gehen, spazieren, reisen‘, Er-
nout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 19). Die ursprl. Bed.
wäre dann etwa ‚Feuer, Hitze‘. Zur Wortbil-
dung mit dem Suffix *-(a)na- s. Wilmanns, Dt.
Gr. II § 234 ff. (bes. 236) und vgl. ahd. skern
‚Scherz‘ zu ahd. skerôn ‚lascivire‘, ahd. lougan
‚Verleugnung, Verneinung‘ zu ahd. liogan ‚lü-
gen, täuschen‘; jedoch fehlen außergerm. Ent-
sprechungen von germ. *aljana-, und die Wz.
*al- ‚brennen‘ ist im Germ. sonst nur in dem
schwed. Dialektwort ala belegt (s. o.; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 9 stellt dieses Wort zur Wz.
*al- ‚nähren, wachsen machen‘ [→ alt], was
aber aus semantischen Gründen weniger glaub-
haft ist).
2) Nach H. Eichner, Sprache 24 (1978), 69, zu
heth. ḫalluu̯ai ‚Streit‘, ḫalu̯amnaz ‚eifrig‘; dann
weiter zu gr. ἀλύω ‚außer sich sein, vor
Schmerz, vor Angst, gelegentlich vor Freude; ir-
ren‘ (vgl. E. Benveniste, Athenaeum NS. 47
[1969], 30 f.; Tischler, Heth. et. Gl. 137 f.); viell.
lett. aluôt ‚umherirren, sich verirren‘. Die weite-
re Etym. dieser Sippe ist aber ebenso unklar
(könnte lat. alacer auch hierher gehören?).
3) Nach R. Lühr, bei K. Matzel, in Stud. z. Lit. d. Mit-
telalters (hrsg. v. R. Schützeichel, Bonn, 1979) 44
Anm. 51 (= Gesammelte Schriften 206 Anm. 51); Stud.
z. Hildebrandlied II, 670 f. Anm. 6, zu idg. *ali̯o- ‚der
andere‘ (→ alles²), Grundbed. ‚das Streben, der ande-
re zu sein‘. Die versch. Bed. der germ. Wörter hätten
sich so aus einer ursprl. Bed. ‚nacheifernd, wettei-
fernd‘ entwickeln müssen (wie bei lat. aemulus). Se-
mantisch ist diese Erklärung nicht überzeugend, denn
der Hauptbegriff des ‚Strebens‘, ‚Eiferns‘, der im
Germ. überall vorkommt, setzt eine Verbalwz. voraus
und läßt sich nicht auf den Pronominalstamm *ali̯o-
zurückführen. Ob aisl. elja ‚Kebsweib‘, ahd. ello ‚Ne-
benbuhler‘, ella ‚Nebenbuhlerin, Kebsweib‘ zu idg.
*ali̯o- oder zu ahd. ellan gehört, ist ebenfalls umstrit-
ten (→ ella).
4) Nach H. Collitz, Scand. Stud. 8 (1924), 12 f., zu
aisl. elska ‚lieben‘, von einer idg. Wz. *al- ‚to be zea-
lous or impetuous‘, wozu auch gr. ἀλύω gehören soll
(s. o.). Sehr unwahrscheinlich (vgl. auch Seebold,
Germ. st. Verben 76).
Walde-Pokorny I, 156; Pokorny 28; Fick I (Idg.)⁴
365; Frisk, Gr. et. Wb. III, 27; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 25 f.; Osthoff, Idg. nom. Stammbildung I, 66.