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Band II, Spalte 1158
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spanAWB m. n.? a-St., nur Gl. 3, 117, 42 (Prag
MS XXIII E 54 [früher Prag Lobkowitz 434]
alem. 13. Jh.): gemeinschaftliches Weideland,
compascuus ager
; vgl. Gl. 4, 114, 22 trata Vieh-
trift, compascuus ager
. Mhd. esban, espan,
aspan, anspan, enspen st. m. n. freier Platz in
einer Flur, der zur Viehweide benutzt wird
.
Zu der Bedeutung des Glossenbelegs stimmen
die im 16. Jh. bezeugten Wortverbindungen das
gmain eschpam, die gmain eschpämer. Heute ist
Espan n. als Flurname weit verbreitet im
Schweiz. (n. Teil der Flur, auf der als Esch
der Baum liegt
; daneben Schaffhausen espi
Garten, Haus), Elsäss. (im Espe[n]), Schwäb.
(Platz, der zur Viehweide dient), Bair. (frei-
er Platz in einer Flur, der zur Viehweide be-
nutzt wird
), Tirol. (êschpâm, earschpâm Name
für Weideplätze in der Nähe von Häusern),
Mfrk., Ofrk., auch in Hessen, Nassau und
Thüringen. Im Ndd. fehlt das Wort.

Ahd. Wb. III, 479 f.; Starck-Wells 135; Lexer I, 720;
Nachtr. 170; Dt. Wb. III, 1157; Bach, Dt. Namenkun-
de II § 368. Schweiz. Id. I, 569; IV, 1276; H. Bäch-
told, Die Flurnamen der schaffhausischen Enklave Stein
am Rhein. Separatdruck aus den Schriften des Vereins für
Geschichte des Bodensees 45 (Frauenfeld, 1916), 52;
G. Stoffel, Topographisches Wörterbuch des Ober-Elsas-
ses (1876 [Walluf bei Wiesbaden, 1974]) 149; Ochs,
Bad. Wb. I, 715; Fischer, Schwäb. Wb. II, 875 ff.;
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 161; Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. 151.

Die Deutung des Wortes ist umstritten. Man er-
klärt es als Zusammensetzung aus einer zu esch-
kontrahierten Form mhd. ezzisch Saatfeld
(bair. esch Ganzes von Äckern, die, aneinander-
liegend, zu ein- und derselben Zeit entweder be-
baut und abgeerntet oder als Brachfeld beweidet
werden, Zelge, Flur
; ezzisc) + ban freier
Platz
(B. Boesch, Zfschweizer. Gesch. 26 [Zü-
rich, 1946], 349; Ahd. Wb., a. a. O.). Lexer,
a. a. O. weist jedoch darauf hin, daß die Laut-
form ezzischban nirgends belegt ist (ezzisch-
auch nicht in mhd. estor, eschtürlîn, eschhei[e],
eschlêhen, escheheiambet).

Vgl. G. F. Stertzings (Die dt. Mdaa. 4 [1857], 460) Er-
läuterung der Gebrauchsweise von henneberg.-frk. ás-
pe, áβpe trockene Wiesen, die im Dreifelderverband
liegen und meist von Feldern ganz eingeschlossen sind,
daher zwei Jahre hintereinander nur einmal gemäht
und dann nach der Ernte des Winter- oder Sommer-
baus, sowie im dritten Jahre (nämlich in der Brache,
wo man sie gar nicht mäht), als Rasen, wo Vieh gehü-
tet wird, benutzt werden
. Ähnlich K. Rüdel, Die dt.
Mdaa. 2 (1855), 245 f.: Zusammensetzung aus esch,
ösch (vgl. im bayer. Oberschwaben sommerösch, win-
terösch, brachösch Teil der Flur, der nach der Ord-
nung der Dreifelderwirtschaft mit Sommerfrucht oder
mit Winterfrucht bestellt ist oder brach liegt
) + bann
gebannter Teil der Flur, den niemand für sich benut-
zen darf, sondern der zur Weide für die Herde, für
das Vieh aller Ortsbewohner zusammen bestimmt ist

(vgl. wildbann als Bezeichnung für gebanntes Wild,
das von Unbefugten nicht gejagt oder erlegt werden
darf). Vgl. auch Schweiz. Id. IV, 1276.

Dagegen tritt A. Mitterwieser, ZfOrtsnamenf. 8
(1932), 51 ff. wegen dialektaler Aussprachen wie Eβ-
baum, Eß-bamer für eine Segmentierung es-pan, und
zwar in der Bedeutung gebannte Etz, mit -bann
Bann, Dorfbann ein, da in Gegenden, wo Eßbaum
gebräuchlich sei, im 17. und. 18. Jh. auch der Ponzaun
oder Panzaun der gebannte Zaun, der die Weide von
der bebauten Ackerflur, auch die Dorfgärten von die-
ser Flur trennt
vorkomme; vgl. auch die in Oberbay-
ern gebräuchliche Bezeichnung Panschab für ein
Strohbüschel auf einer Stange, durch dessen Aufstek-
ken der Bauer jemanden verbietet, durch sein Grund-
stück zu ziehen, und den in Ingolstadt belegten Fami-
liennamen Ponschab. Der erste Bestandteil es- (vgl.
auch Familiennamen wie Esterer, Estermann) kann
aber von der Quantität des anlautenden e- abgese-
hen (s. u.) nicht für bair. etz Weiden des Viehes,
Weideplatz
(Schmeller, a. a. O. I, 181) stehen, da -tz-
in der Aussprache erhalten wäre; auch ist etz nicht,
wie Mitterwieser annimmt, mit schwäb. ösch identisch
schwäb. ösch entspricht bair. esch (s. o.).

Grundsätzlich stimmen auch die Lautverhält-
nisse nicht zu einem anlautenden kurzen e-: Der
Anlautvokal im Schweiz., Schaffhaus., Schwäb.
und südlichen Mittelfranken deutet auf ein
mhd. ē der Pustertaler Hofname Erschbaum
(bereits 1426 tirol. erspam) aus urkundlichem
espan erklärt sich als inverse Schreibung für die
mdartl. Aussprache des gebrochenen e (anders
Schatz, a. a. O.: durch Einfluß von kersch-bâm);
vgl. auch Ehespan im Ötztal (K. Finsterwalder,
ZfOrtsnamenf. 11 [1935], 200) ein ǣ kommt
wegen der überwiegenden e-Schreibung im
Schweiz. und in den ältesten schwäb. Urkunden
nicht in Frage (daher unrichtig M. R. Buck, Mit-
teilungen des Vereins für Geschichte und Alter-
tumskunde in Hohenzollern 6 [187273], 95:
*êʒban zu êzen speisen, denn äsen setzt ein ǣ
voraus; vgl. ahd. âzzen, mndd. asen; ezzan).

J. Miedel, Zfdt. Mdaa. 12 (1917), 187 sieht so
im Vorderglied von eschban ein *êwisce, wobei
sich êwisch ban > eschban > epan entwickelt
hat. Die Bedeutung sei das auf Grund besonde-
rer Rechte gebannte, d. h. der Nutzung durch
die gesamte Markgenossenschaft entzogene
Weideland
. Doch ist fraglich, ob ein *êwisc
hier angenommen werden darf. Eine genaue
Entsprechung begegnet nur in andfrk. ēwisc in
der Bedeutung ewig (Ahd. Wb. III, 468) und
eine Ableitung auf -lîh in dem Glossenwort ahd.
êwisclîh publicus, dem formal ae. ēawisclīce
öffentlich entspricht und das im Kontext eher
schändlich bedeutet (s. d.). Sollte die Basis der
Ableitung, *êwisc, aber tatsächlich im Dt. in der
Bedeutung öffentlich vorhanden gewesen sein,
so ist zum einen nicht klar, ob sich daraus eine
Kontraktionsform es- ergeben hätte. Zudem
paßt die Bedeutung Bann längst nicht für alle
Belege des Wortes Espan (vgl. M.R. Buck, Obd.
Flurnamenbuch² [Bayreuth, 1931] 61). Auch
fällt auf, daß das Genus gerade in den ältesten
Quellen Ntr. (dagegen mhd. ban m. Bann),
erst später Mask. ist.

Eine weitere und die wohl immer noch beste
Deutung des Wortes Espan ist die Herleitung
aus mhd. ê- Gemeinde (mit Bedeutungsent-
wicklung aus mhd. ê Recht, Gesetz in Zusam-
mensetzungen) + mhd. span, gen. spannes m.
Spannung; vgl. spannen oder fesseln heißt,
wenn man den auf die weide getriebenen
pferden die beyden vörderfüsse mit stricken zu-
sammenschleifft, daß sie nicht fortschreiten
oder von der ihnen bestimmten weide weg zu
schaden lauffen mögen
(Dt. Wb. X, 1, 1898).
J. Schnetz, ZfOrtsnamenf. 1 (192526), 133 be-
trachtet Espan daher als ein der Gemeinde ge-
höriger Weideplatz, wo, wenigstens ursprüng-
lich, infolge mangelnder Einzäunung das Groß-
vieh gespannt wurde, d. h. wo den Pferden die
Vorderfüße, den Rindern Kopf und ein Vorder-
fuß zusammengeseilt wurden, damit es, am Vor-
wärtsschreiten gehindert, anstoßendem Kultur-
land keinen Schaden zufügen konnte; er lag im
Unterschied von der großen Allmende meist in
der Nähe des Dorfes, mitunter sogar innerhalb
desselben.
Die in Bayern und Franken belegte
s-Aussprache (anstelle von ) erklärt er dabei
aus einer Verschiebung der Silbengrenze; vgl.
die Aussprache von bair. Gasteig mit -s- und
nicht mit -- wie in dt. Steig (Fischers, a. a. O.
877 Ablehnung des Anschlusses an spannen, den
er allein für volksetymologisch hält, ist demnach
nicht stichhaltig).

Sachlich unbefriedigend ist F. Veits (Ostdorfer Studien
[Tübingen, 1901. 1902], zitiert bei Fischer, a. a. O.)
Verbindung mit ahd. êht Eigentum. Ganz unwahr-
scheinlich bringt K. Bohnenberger, Württ. Vj.hefte NF
33 (1927), 306 ff. Espan und Eschbach zusammen und
sieht im Vorderglied eine Entlehnung aus mlat. esbaia,
esbia canalis ad educendas aquas restagnantes (Du
Cange III, 292).

Da lautgeschichtlich œs, œz, œsch (mit œ < *au)
möglich ist (Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 45), denkt Fischer,
a. a. O. 877 an ein zu mhd. œsen (neben ôsen) vastare
gehöriges Vorderglied, das aber weder zu passe noch
eine befriedigende Erklärung erlaube.

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