fâli
Band III, Spalte 30
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fâliAWB adj. ja-St., nur Gl. 3, 6, 36 fali: feil, ver-
käuflich, venalis
. Das Wort erscheint im Vo-
cabularius Sancti Galli (2. Hälfte des 8. Jh.s),
in dem neben ei noch altes ai (z. B. Lippus ain-
augi, < Cap > re gaizi) geschrieben wird. Da
in dieser Hs. einige Versehen auftreten (z. B.
unmittelbar dahinter fi < r > caufen, davor Co-
lumna sili, zu lesen sul) wird angenommen,
daß fali zu fa < i > li zu emendieren ist, wor-
aufhin ein fâli entfallen würde (Wagner, Germ.
Wortfeld um den Kaufmann 343; s. auch Hei-
dermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 187).
Doch ist ein langes ā mit aisl. falr (s. u.) verein-
bar.

Ahd. Wb. III, 539 (Oder sollte -a- aus -ai- verschrie-
ben sein? Der Voc. schreibt -ai- für -ei-
); Splett,
Ahd. Wb. I, 219; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 243;
Starck-Wells 138; Schützeichel, Glossenwortschatz III,
89 (s. v. feili); Seebold, ChWdW8 120; Graff III, 495;
Schade 175; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 698 (venalis);
Dt. Wb. III, 1446; Kluge²¹ 190; Kluge²⁴ 283; Pfeifer,
Et. Wb.² 333.

Ist fâli eine sprachwirkliche Lautform, so geht
ein *fēl-i/ija- < vorurgerm. *pēli/o- voraus;
zur Bildeweise vgl. aisl. ǣtr, aind. ādyá- ge-
nießbar
( âz). Auch westfäl. fæle zu verkau-
fen
wird auf diese Vorform zurückgeführt
(Woeste, Wb. d. westf. Mda. 285 Anm.). Eine
andere Ablautstufe zeigt aisl. falr feil, käuflich
(aisl. fala bieten, feilschen), nisl. falur, nnorw.,
nschwed., ndän. fal: < urgerm. *fala- < vorur-
germ. *polo-.

Fick III (Germ.)⁴ 237 (doch: Wz. *pēil[?]); Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 727; Vries, Ndls. et. wb. 796;
Holthausen, Afries. Wb.² 25; Vries, Anord. et. Wb.²
110 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 555; Fritzner, Ordb.
o. d. g. norske sprog I, 374; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 55; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 202;
Ordb. o. d. danske sprog IV, 647 f.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 92 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 196; Svenska
akad. ordb. F-100 ff. Blankenstein, Unters. z. d. lan-
gen Vokalen 81; K. Matzel, Hist. Spr.forschung 105
(1992), 110.

Verwandt sind: gr. ἐμπολή Handel, Handels-
ware, Kauf, Gewinn
(davon ἐμπολάω, -άομαι
handle, kaufe ein, nachhom. ἐμπωλέω ver-
kaufe
) die Basis bildet ein Verb *ἐμπέλω,
-ομαι, Iterativ πωλέω verkaufe (< *pōe-).

Weiterhin zugehörig sind: lit. penas Gewinn,
Nutzen, Ertrag, Erlös, Verdienst
, pelnti ver-
dienen, gewinnen
, lett. plns, pèa Verdienst,
Gewinn
, pèlnît verdienen, gewinnen, verschul-
den
, apreuß. part.perf.akt. peldīuns erworben;
aksl. plě Gefangenschaft, die Gefangenen,
Beute
, russ. polón Gefangenschaft, Beute (<
*pelno).

Fern bleibt air. adroilli verdient (zum Stamm *ad-ro-
slí- s. Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 630 f.; Dict. of
Irish A-70; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-130 f.);
anders Fick II (Kelt.)⁴ 42: zu ahd. fâli und seiner Sip-
pe).

Aind. ate handelt ein, feilscht (ya- n. Han-
delsware
) ist möglicherweise Thematisierung eines
mind. *pa-ā-ti < *p-ā-ti (zu gr. πέρνημι, air. re-
nim verkaufe). Wegen der Mehrdeutigkeit von *p-
ā-ti ist aber auch ein Anschluß an gr. ἐμπολή Han-
del, Kauf, Handelsware
möglich (Ph. Fortunatov, BB
6 [1881], 217; anders Th. Burrow, TPS (1945), 108:
zu tamil. puai, piai binden). Anders Wackernagel,
Kleine Schriften 392: zu aind. spavāma vjam wir
wollen Beute gewinnen
; dhanaspt- Beute gewin-
nend
. Zu einem möglichen Zusammenhang mit aind.
spóti macht los, befreit, bringt in Sicherheit s. je-
doch Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. III, 538.

Als zugrundeliegende Wz. wird entweder ein
*pel- verkaufen, verdienen angesetzt (z. B.
Walde-Pokorny II, 51; Pokorny 804), oder
man nimmt die Wz. uridg. *pel- sich drehen,
wenden
als Ausgangspunkt an; vgl. gr. πέλομαι,
drehe, wende, bewege mich. Daß die Rück-
führung auf eine Wz. der Bedeutung sich dre-
hen, wenden
durchaus möglich ist, zeigen an-
dere Fälle, in denen die Begriffe des Handels
und Wandels in enger Verbindung auftreten:
ahd. wantalôn (ver-)wandeln und handeln,
wantalunga Verwandlung und Verkehr, Han-
del
(s. d.); ahd. wehsal Tausch (s. d. und
J. Froehde, BB 16 [1890], 209); ae. hwearfung
Tauschhandel, ae. hwerfere, mhd. werbære
Händler, negotiator (s. d.), eventuell auch got.
bugjan, aisl. byggja, ae. bycgan, as. buggian
kaufen, wenn unter der Annahme eines Bedeu-
tungswandels von wenden (vgl. die Bedeutun-
gen wenden, drehen von ae. būgan) zu wan-
deln
ein Zusammenhang mit dem Verb biegen
besteht ( biogan u. Wagner, a. a. O. 338 f. mit
Literatur).

Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 194 ff.; ders., Et.
Wb. d. Altindoar. II, 69; Gotō, I. Präsensklasse im
Ved. 203 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 830; Frisk, Gr. et.
Wb. I, 507 f. 633; Schwyzer, Gr. Gram.² I, 720
Anm. 8; Chantraine, Dict. ét. gr. 344; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 213; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr.
236; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu den aksl. Tex-
ten 87. 285 (Nr. 668); Vasmer, Russ. et. Wb. II, 396;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 567 f.; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. III, 197 ff.; Trautmann, Apreuß.
Spr.denkm. 392. Joh. Schmidt, Idg. Vokalismus II,
78; Schrader, Reallex. d. idg. Alt.² I, 437 f.

Der unter einem westgerm. Ansatz *fajlija- vorgenom-
mene Anschluß an toch. B pīto m. Kaufpreis (Lidén,
Toch. Sprachgesch. 20 f.; zweifelnd Adams, Dict. of
Toch. B 385) entfällt.

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