fâliAWB adj. ja-St., nur Gl. 3, 6, 36 fali: ‚feil, ver-
käuflich, venalis‘. Das Wort erscheint im Vo-
cabularius Sancti Galli (2. Hälfte des 8. Jh.s),
in dem neben ei noch altes ai (z. B. Lippus ain-
augi, < Cap > re gaizi) geschrieben wird. Da
in dieser Hs. einige Versehen auftreten (z. B.
unmittelbar dahinter fi < r > caufen, davor Co-
lumna sili, zu lesen sul) wird angenommen,
daß fali zu fa < i > li zu emendieren ist, wor-
aufhin ein fâli entfallen würde (Wagner, Germ.
Wortfeld um den Kaufmann 343; s. auch Hei-
dermanns, Et. Wb. d. germ. Primäradj. 187).
Doch ist ein langes ā mit aisl. falr (s. u.) verein-
bar.
Ahd. Wb. III, 539 („Oder sollte -a- aus -ai- verschrie-
ben sein? Der Voc. schreibt -ai- für -ei-“); Splett,
Ahd. Wb. I, 219; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 243;
Starck-Wells 138; Schützeichel, Glossenwortschatz III,
89 (s. v. feili); Seebold, ChWdW8 120; Graff III, 495;
Schade 175; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 698 (venalis);
Dt. Wb. III, 1446; Kluge²¹ 190; Kluge²⁴ 283; Pfeifer,
Et. Wb.² 333.
Ist fâli eine sprachwirkliche Lautform, so geht
ein *fēl-i/ija- < vorurgerm. *pēli/i̯o- voraus;
zur Bildeweise vgl. aisl. ǣtr, aind. ādyá- ‚ge-
nießbar‘ (→ âz). Auch westfäl. fæle ‚zu verkau-
fen‘ wird auf diese Vorform zurückgeführt
(Woeste, Wb. d. westf. Mda. 285 Anm.). Eine
andere Ablautstufe zeigt aisl. falr ‚feil, käuflich‘
(aisl. fala ‚bieten, feilschen‘), nisl. falur, nnorw.,
nschwed., ndän. fal: < urgerm. *fala- < vorur-
germ. *polo-.
Fick III (Germ.)⁴ 237 (doch: Wz. *pēil[?]); Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 727; Vries, Ndls. et. wb. 796;
Holthausen, Afries. Wb.² 25; Vries, Anord. et. Wb.²
110 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 555; Fritzner, Ordb.
o. d. g. norske sprog I, 374; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 55; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 202;
Ordb. o. d. danske sprog IV, 647 f.; Torp, Nynorsk et.
ordb. 92 f.; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 196; Svenska
akad. ordb. F-100 ff. — Blankenstein, Unters. z. d. lan-
gen Vokalen 81; K. Matzel, Hist. Spr.forschung 105
(1992), 110.
Verwandt sind: gr. ἐμπολή ‚Handel, Handels-
ware, Kauf, Gewinn‘ (davon ἐμπολάω, -άομαι
‚handle, kaufe ein‘, nachhom. ἐμπωλέω ‚ver-
kaufe‘) — die Basis bildet ein Verb *ἐμπέλω,
-ομαι, Iterativ πωλέω ‚verkaufe‘ (< *pōléi̯e-).
Weiterhin zugehörig sind: lit. penas ‚Gewinn,
Nutzen, Ertrag, Erlös, Verdienst‘, pelnýti ‚ver-
dienen, gewinnen‘, lett. pȩlns, pèļņa ‚Verdienst,
Gewinn‘, pèlnît ‚verdienen, gewinnen, verschul-
den‘, apreuß. part.perf.akt. peldīuns ‚erworben‘;
aksl. plěnъ ‚Gefangenschaft, die Gefangenen,
Beute‘, russ. polón ‚Gefangenschaft, Beute‘ (<
*pelno).
Fern bleibt air. adroilli ‚verdient‘ (zum Stamm *ad-ro-
slí- s. Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. II, 630 f.; Dict. of
Irish A-70; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-130 f.);
anders Fick II (Kelt.)⁴ 42: zu ahd. fâli und seiner Sip-
pe).
Aind. páṇate ‚handelt ein, feilscht‘ (páṇya- n. ‚Han-
delsware‘) ist möglicherweise Thematisierung eines
mind. *pa-ṇā-ti < *p-ṇā-ti (zu gr. πέρνημι, air. re-
nim ‚verkaufe‘). Wegen der Mehrdeutigkeit von *p-
ṇā-ti ist aber auch ein Anschluß an gr. ἐμπολή ‚Han-
del, Kauf, Handelsware‘ möglich (Ph. Fortunatov, BB
6 [1881], 217; anders Th. Burrow, TPS (1945), 108:
zu tamil. puṇai, piṇai ‚binden‘). Anders Wackernagel,
Kleine Schriften 392: zu aind. spṇavāma vjam ‚wir
wollen Beute gewinnen‘; dhanaspt- ‚Beute gewin-
nend‘. Zu einem möglichen Zusammenhang mit aind.
spṇóti ‚macht los, befreit, bringt in Sicherheit‘ s. je-
doch Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. III, 538.
Als zugrundeliegende Wz. wird entweder ein
*pel- ‚verkaufen, verdienen‘ angesetzt (z. B.
Walde-Pokorny II, 51; Pokorny 804), oder
man nimmt die Wz. uridg. *pel- ‚sich drehen,
wenden‘ als Ausgangspunkt an; vgl. gr. πέλομαι,
-ω ‚drehe, wende, bewege mich‘. Daß die Rück-
führung auf eine Wz. der Bedeutung ‚sich dre-
hen, wenden‘ durchaus möglich ist, zeigen an-
dere Fälle, in denen die Begriffe des Handels
und Wandels in enger Verbindung auftreten:
ahd. wantalôn ‚(ver-)wandeln‘ und ‚handeln‘,
wantalunga ‚Verwandlung‘ und ‚Verkehr, Han-
del‘ (s. d.); ahd. wehsal ‚Tausch‘ (s. d. und
J. Froehde, BB 16 [1890], 209); ae. hwearfung
‚Tauschhandel‘, ae. hwerfere, mhd. werbære
‚Händler, negotiator‘ (s. d.), eventuell auch got.
bugjan, aisl. byggja, ae. bycgan, as. buggian
‚kaufen‘, wenn unter der Annahme eines Bedeu-
tungswandels von ‚wenden‘ (vgl. die Bedeutun-
gen ‚wenden, drehen‘ von ae. būgan) zu ‚wan-
deln‘ ein Zusammenhang mit dem Verb biegen
besteht (→ biogan u. Wagner, a. a. O. 338 f. mit
Literatur).
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 194 ff.; ders., Et.
Wb. d. Altindoar. II, 69; Gotō, „I. Präsensklasse“ im
Ved. 203 f.; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 830; Frisk, Gr. et.
Wb. I, 507 f. 633; Schwyzer, Gr. Gram.² I, 720
Anm. 8; Chantraine, Dict. ét. gr. 344; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 213; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr.
236; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu den aksl. Tex-
ten 87. 285 (Nr. 668); Vasmer, Russ. et. Wb. II, 396;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 567 f.; Mühlenbach-Endzelin,
Lett.-dt. Wb. III, 197 ff.; Trautmann, Apreuß.
Spr.denkm. 392. — Joh. Schmidt, Idg. Vokalismus II,
78; Schrader, Reallex. d. idg. Alt.² I, 437 f.
Der unter einem westgerm. Ansatz *fajlija- vorgenom-
mene Anschluß an toch. B pīto m. ‚Kaufpreis‘ (Lidén,
Toch. Sprachgesch. 20 f.; zweifelnd Adams, Dict. of
Toch. B 385) entfällt.