fûlboumAWB m. a-St., nur in Gl. (10.-11. Jh.):
‚Faulbaum(?), myrica‘ 〈Var.: -poum, -bom〉. —
Nhd. Faulbaum.
Ahd. Wb. III, 1317; Splett, Ahd. Wb. I, 90. 272; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 337; Starck-Wells 182. 812;
Schützeichel, Glossenwortschatz III, 323 f.; Graff III,
122; Dt. Wb. III, 1372.
Das Wort ist eine Zss. aus fûl ‚faul (= putridus),
voll Fäulnis‘ und boum ‚Baum‘ (s. d. d.). Es ist
aber unklar, welche Pflanze das ahd. Wort be-
zeichnet. Nhd. Faulbaum ist gewöhnlich die Be-
nennung für Frangula alnus Mill., seltener für
andere Pflanzen wie die ‚Traubenkirsche‘ (Pru-
nus padus L.), den ‚Schwarzen Holunder‘ (Sam-
bucus nigra L.) usw. (vgl. Dt. Wb. a. a. O.), in al-
len Fällen wegen des faulen Geruchs der Rinde
oder der Blüten. Vgl. auch mndd. vūlbōm ‚len-
tiscus, alnus nigra‘ (Frangula alnus); mndl. vuul-
boom, nndl. vuilboom ‚dss.‘; ae. fūlbēam, fūla
bēam, fūletrēow ‚dss.‘. Für keine dieser Pflanzen
ist aber die lat. Benennung myrica, mirice be-
legt, die gewöhnlich das ‚Heidekraut‘ (Calluna
vulgaris Hull) oder heidekrautähnliche Pflan-
zen, gelegentlich auch die ‚Deutsche Tamariske‘
(Myricaria germanica Desv.) bezeichnet; diese
Pflanzen haben aber keinen faulen Geruch und
heißen sonst nie Faulbaum.
Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen I, 729 ff.; II,
471 ff.; III, 258 f. 1137 ff.; IV, 63 ff.; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 1022; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. V, 549; Verdam, Mndl. handwb. 756; Vries,
Ndls. et. wb. 807; Bosworth-Toller, AS Dict. 344;
Suppl. 270 f.; Bierbaumer, Bot. Wortsch. d. Ae. I, 64;
III, 100.
In drei Glossen (3, 630, 4. 5. 812, 63 f. und Anm.)
steht neben fûlboum auch niuwiholz(?), in der
letzten auch übergeschrieben: quam latini trama-
ritiam [mazzoltra] vocant. Da sowohl lat. tra-
maritia (auch tramalritia) als auch ahd. mazzol-
tra Benennungen für den ‚Feldahorn‘, den
‚Maßholder‘ (Acer campestre L.) sind (vgl. Die-
fenbach, Gl. lat.-germ. 592), wofür auch lat. mi-
rica einmal belegt ist (Marzell, a. a. O. I, 66), ist
es klar, daß der Schreiber diesen Baum im Sinne
hatte — aber der Baum heißt auch sonst nie Faul-
baum und riecht nicht übel. Zwar heißt der ver-
wandte ‚Bergahorn‘ (Acer Pseudoplatanus L.) in
Siebenbürgen faulbôm (vgl. Marzell, a. a. O. I,
77; Siebenbürg.-sächs. Wb. II, 323), viell. wegen
der grauen, platanenartig abblätternden Rinde,
die dazu oft mit Moosen und Flechten dicht be-
wachsen ist und deshalb ‚faul‘ (= ‚morsch, mür-
be‘) aussieht (vgl. Hegi, Illustr. Flora V, 275.
278 f.; anders Marzell, a. a. O.) — aber diese Be-
zeichnung paßt nicht für den Feldahorn. Wahr-
scheinlich haben die Glossatoren, die keine Bo-
taniker waren, die genaue Bed. der lat. Pflan-
zennamen nicht gewußt.