fûren
Band III, Spalte 658
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fûrenAWB sw. v. I, nur in Gl. 2, 261, 38 (furen :
eunuchizare [lies eunuchizari]) aus dem 10./
11. Jh.: entmannen. Die Glosse ist frk. (vgl.
Schatz, Ahd. Gr. § 43; anders Wadstein, Kl.
as. Spr.denkm. 82. 242, der sie dem As. zuord-
net). Vom Kompositum irfûren (s. d.) sind bei
Tatian auch Formen mit -iu- als Bezeichnung
des durch i-Umlaut entstandenen /ǖ/ belegt
(vgl. Braune, Ahd. Gr.¹⁵ § 42). Im Mhd. und
Nhd. ist das Verb nicht mehr fortgesetzt.

Ahd. Wb. III, 1376; Splett, Ahd. Wb. I, 276; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 297 (fiuren!); Starck-Wells 185. 847;
Schützeichel, Glossenwortschatz III, 348; Graff III,
668; Schade 235; Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 52;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 565 (sulcare); Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 231 (eunuchizare). Schatz, Ahd. Gr.
37; Krüer, Bindevokal 84.

Es gibt im Germ. nur wenig Vergleichsmaterial:
mndl. vuren und ae. fran verschneiden, ka-
strieren
: < westgerm. *fūrje/a-. Es liegt hierbei
ein ursprünglich primäres Verbum vor, von dem
das Hinterglied in ur-fûr Entmannter, Kastrat
(s. d.) abgeleitet ist. Ohne das Suffix -ra- ist
ndd. fūen schlagen belegt.

Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 1019. 1038;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. V, 653 f.; Verdam, Mndl.
handwb. 756; Holthausen, Ae. et. Wb. 120; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 351.

Die Ableitungsbasis von urgerm. *fūrje/a- ist
vermutlich eine uridg. Wurzel *pā- [**peH₂-]
schlagen, die nur mit Erweiterungen vor-
kommt; vgl. mit u-Erweiterung gr. παίω ich
schlage
, lat. pauīre schlagen, lit. piáuti
schneiden, mähen, quälen, lett. pl’aût mähen,
schlagen
(< *p-u-/*pī-u- [**péH₂-u-/
**piH₂-u-] mit Dissimilation des * im Lat. und
Gr.), mit k-Erweiterung toch. B pyakar
(3.pl.prät.) sie schlugen nieder (< *p-k-
[**péH₂-k-]; abzulehnen ist dagegen Adams,
Dict. of Toch. B 407 f.: Verbindung mit ahd. feh-
tan fechten). Ableitungen von der Verbalwur-
zel sind in apreuß. piuclan Sichel, lit. pjúklas
Säge, piów Schneiden, Schnitt, lett. płâwa
Ernte, nruss. pljócha Ohrfeige belegt. Die
germ. Form mit langem *-ū- läßt sich von der
schwundstufigen Wurzelstufe mit Laryngalme-
tathese erklären, also [**piHu-] > [**puH₂-],
mit anschließender Dissimilation des *.

Der Ansatz der uridg. Wurzel von Schrijver, Reflexes
256 ohne * muß wegen der baltoslaw. Formen als ver-
fehlt gelten.

Walde-Pokorny II, 12; Pokorny 827; LIV² 481 f.;
Fick I (Idg.)⁴ 470; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 740; Frisk,
Gr. et. Wb. II, 464; Chantraine, Dict. ét. gr. 850;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 267 f.; Ernout-Meil-
let, Dict. ét. lat.⁴ 490; Trautmann, Balt.-Slav. Wb.
217; Vasmer, Russ. et. Wb. II, 378; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 584; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
366 f.; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 400; Winde-
kens, Le tokharien 75. S. Bugge, Zfvgl. Spr. 19
(1870), 413 ff.; E. Berneker, IF 10 (1899), 160; E. Zu-
pitza, Zfvgl. Spr. 40 (190506), 255; F. Holthausen,
IF 32 (1913), 336; P. Kretschmer, Glotta 10 (1920),
164 f.

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